Philologische Schriften | Zur Geschichte der Theognideischen Spruchsammlung 1867 | © The Nietzsche Channel |
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I. Jeder Leser des Theognis muß es bemerken, daß ihm mehrere Gnomen oder, richtiger gesagt, Fragmente zweimal in der Sammlung begegnen. Sieht er genauer zu, so findet er, daß der bei weitem größte Theil derartiger Wiederholungen von den neueren Herausgebern aus dem Texte gestrichen ist. Vielleicht mit Recht: denn wir lernen in Wiederholungen nichts Neues kennen. Vielleicht auch mit Unrecht: denn mitunter lernen wir durch sie. Es wäre ja möglich, daß wir aus ihnen Aufschlüsse gewönnen über die Tradition des Theognis. Jedenfalls indessen waren sie zu erklären, ehe sie beseitigt wurden. Dies aber ist nicht geschehen. Wäre zum Beispiel nachgewiesen, daß diese Wiederholungen um so zahlreicher werden, je jünger die Handschriften sind: dann hätten wir ein vollkommenes Recht, sie aus dem Texte zu entfernen, und es brauchte kaum gezeigt zu werden, welcher Absicht oder welcher Fahrlässigkeit der Abschreiber ihre Entstehung zuzumessen wäre. Wie aber, wenn es umgelehrt stände, wenn in der jüngsten Handschrift sich gerade die kleinste, in der ältesten die größte Anzahl von Wiederholungen vorfände? Wenn also die Abschreiber nicht die Wiederholungen, sondern die Auslassung von Wiederholungen verschuldet hätten? Genau so steht es; wir werden die Wiederholungen leichten Kaufes nicht los. Denn abgesehen davon, daß sie durch die beste und älteste Handschrift, den Cod. Mutinensis, sicher gestellt sind, zeigt sich auch die überraschende Thatsache, daß sie vielfach nicht Wiederholungen aufs Wort sind, sondern einzelne Worte, Strukturen, ja ganze Verse variiren. Unsere Herausgeber entscheiden sich für eine dieser Varianten und nehmen sie in den Textil auf: die andere sammt der Wiederholung streichen sie und vermerken sie höchstens in den kritischen Noten. Aber zunächst kommt es nicht darauf an, welche Variante des Dichters am würdigsten ist, sondern wie ein Fragment in doppelter Fassung in den Text kommen konnte. Bevor diese Frage nicht befriedigend gelöst ist, war kein Recht vorhanden, die Wiederholungen aus dem Texte zu entfernen. Man muß sich ja überhaupt bescheiden, in der Theogniskritik die echten Lesarten oder die echten Gedankenfolgen wieder herzustellen; was aber erreicht werden kann, ein deutliches Bild der letzten Redaction, ihrer Zwecke, ihres Textverfahrens, das verbietet diese Wiederholungen gering zu achten; vielmehr dürften die nachfolgenden Ausführungen zeigen, wie man sogar von besagten Wiederholungen ausgehen muß, wenn man über jene Redaction und ihre Ziele sich belehren will. Unsere Theognishandschriften1 schwanken, wie gesagt, bedeutend in der Zahl dieser Wiederholungen. Bevor ich aber letztere aufzähle, wird es nöthig sein, ein übersichtliches Bild der Codd. und ihrer Verwandtschaftsgrade zu entwerfen. Wir unterscheiden in ihnen zwei große, stall verschiedene Familien, deren eine durch den einzigen Cod. A repräsentirt wird. Diese höchst wichtige Pariser Pergamenthandschrift Suppl. Gr. n. 388, die gewöhnlich Cod. Mutinensis2 genannt wird, stammt aus dem zehnten Jahrh. Sie enthält den Theognis von Seite 45 rechts bis Seite 74 links in zwei Theilen, den ersten mit der Aufschrift 1g`(<4*@l ¦8g(g\T<"r, den zweiten auf S. 71 rechts mit + ¦8g(g\T< %. Diesen zweiten Theil, eine Sammlung von päderastischen Distichen, enthält sie allein von allen Codd. Die einzelnen Sentenzen werden in ihr nicht unterschieden, wohl aber die einzelnen Disticha und Verse. Es findet sich auch eine lateinische Interlinearübersetzung in der Handschrift, ungefähr aus dem Ende des 13. Jahrh., und zwar über folgenden Versen:
Als Probe dieser Uebersetzung diene V. 251:
Diese Handschrift scheint aus einer Uncialenhdsch. abgeschrieben zu sein. Fast ihre sämmtlichen Irrthümer und Verderbnisse sind aus dem Mißverständnisse von Majuskelschrift zu erklären. Ihr Prototyp bot, wie ich vermuthe, einen durchaus lesbaren Text, den irgend ein Grammatiker festgestellt hatte. Deshalb hat O. Schneider in Zimmermanns Z. f. Alterthw. 1838 p. 933 und nach ihm Bergk im rhein. Mus. N. F. 3 p. 207 mit Recht auf einige Interpolationen aufmerksam gemacht. Diese Sachlage hat Rintelen de Theogn. Megarensi, Münster 1863 p. 19 verkannt. Sämmtliche andern Handschriften gehen direkt oder indirekt auf einen gemeinsamen Archetypos3 zurück, der der Zeit nach dem Mutinensis nahe stehen mag. In ihm waren starke Verschreibungen, eine ziemliche Anzahl von Lücken, aber auch keine Spur einer Interpolation. Ihn giebt am treusten O, sodann K wieder. Alle anderen sehen einen stark interpolirten Cod. voraus, in dem die Lücken des Archetypos durch Conjektur ausgefüllt, jene Verderbnisse vertuscht sind. In einigen Verbesserungen hat der byzantinische Gelehrte das Richtige getroffen, in den meisten Fällen aber weit am Ziele vorbei geschossen. Nirgends aber scheint er Hülfsmittel benutzt zu haben, die besser gewesen wären als Cod. O und K.4 Von letzteren beiden ist O der wichtigere. Dieser Cod. Vaticanus 915 ist eine Bombycinhs. des 13. Jahrhunderts. Auf jeder Seite zwei Columnen von 34-40 Zeilen; die Schrift ist eine Schnellschrift mit vielen Abkürzungen, und viele Hände haben an der Handschr. geschrieben, die eine ganze Reihe griech. Dichter enthält. Theognis beginnt in der Mitte von f. 25r und ist so geschrieben, daß in der ersten Columne die Hexameter, in der zweiten die Pentameter stehen. Die obere äußere Ecke der Handschrift ist durch Feuchtigkeit stark angegriffen, so daß die davon betroffenen Stellen selten lesbar sind, oder nur zum Theil und schwierig. Auf der Seite stehen 34 Doppelzeilen, auf der ersten, fol. 25r deren achtzehn. Eine Anzahl von Versen ist vor oder im ersten Buchstaben roth punktirt; dies beginnt mit V. 815. Außerdem steht vor folgenden Versen (also (<f:0): 694. 697. 843. 855. 871. 1072. 1131. 1169 (ed. Steph. poet. gnom.). K dagegen, Cod. Ven. Marcianus Nr. 522 ist eine Pergamenthandschrift in Quart, dem Catalog nach aus dem 15. Jahrh. Er ist, wie Imm. Bekker in der Vorrede zu seiner zweiten Ausgabe des Theognis sagt, "a v. 109 ad 1106 circa sexagesimum quemque lacunosus." Er stammt, wie gesagt, mit O zusammen aus gemeinsamer Quelle, ist aber hier und da von grober Hand grob nachcorrigirt. Dahin rechne ich z. B. V. 102, wo der gemeinsame Archetypos eine Lücke hatte, die O treulich wiedergiebt, die K dagegen durch ein unsinniges (z ÓJJ"< verdeckt. V. 104 macht jene grobe Hand aus J@Ø :g(V8@L *@Ø<"4 2X8g4, was O hat, *@Ø<"4 2X8g4 JÎ :X(V; die richtige Lesart ist J@Ø :gJ"*@Ø< ¦2X8@4. V. 632 steht in O gegen das Metrum ibk<g i"Â. Also auch im 13 Archetypos. Der librarius von K will den Fehler corrigieren und conjiciert aus 5!3 ein 3)!K, Æ*z "Û, was natürlich Unsinn ist. Ebenso machte er V. 664 aus der ihm vorliegenden Lesart ¦>"B\<0l BV<J", um dem Metrum zu genügen, BV<J" (g ¦>"B\<0l. Aus den angeführten Stellen kann man reichend abschätzen. Ob I, Nr. 520 derselben Bibliothek, eine Papierhandschrift desselben 15. Jh., nur eine Abschrift von K ist, läßt sich nicht bestimmen, da sie von Im. Bekker nicht vollständig verglichen ist. Alle übrigen Handschriften, so weit sie nach der Collation von Bekker bekannt sind,5 müssen als direkte oder indirekte Abkömmlinge jener schon erwähnten stark interpolirten Handschrift betrachtet werden. Doch lassen sich auch unter ihnen drei Gruppen unterscheiden. Die erste, relativ beste wird durch die Codd. M N B D H gebildet. M Barberinus Nr. 206. N Vaticanus 63. B, Pariser6 Papierhandschrift Nr. 2008, einst in Fontainebleau, hat 1g`(<4*@l (<ä:"4 von fol. 15 rechts bis fol. 40 rechts. Sie scheint am Ende des 15. Jahrh. geschrieben. In ihr werden die einzelnen Gnomen durch rothe und außer der Reihe stehende Initialen von einander getrennt. Das Gesagte gilt auch von D Cod. Parisin. Nr. (2833) 2739, der auch sonst, seinem Material, seinem früheren Aufenthaltsort, seiner Zeit nach mit dem eben erwähnten übereinstimmt. Er enthält 1g`(<4*@l (<ä:"4 von fol. 178 rechts bis fol. 197 rechts. H endlich Cod. Parisin. Nr. 2891 hat den Theognis von fol. 206 rechts bis fol. 224 links mit dem Titel 1+?'=3)?G ';S9?7?'3! also 1g`(>4*@l (<T:@8@(\". Dies Versehen scheint, wie Hr. Wescher schreibt, aus dem Prototyp geflossen zu sein, in dem der Titel in Majuskeln, wie sie bei den Byzantinern um das 10te Jh. geschrieben wurden, ausgedrückt war. Denn damals wirde ; also geschrieben N. Daher die Verwechslung von = und ;. Die Handschrift stammt, wie ihre Vorgängerinnen, aus dem Ende des 15. Jh., scheidet in gleicher Weise, wie jene, die einzelnen Sentenzen and scheint einst, wie Hr. Wescher vermuthet, im Besitz der 25 Medici gewesen zu sein. Zu dieser Gruppe gehört auch F Cod. Paris. Nr. 2866 chartac. olim Colbertinus aus dem 16 Jh., mit dem es aber eine eigene Bewandtniß hat. Er ist von zwei Händen geschrieben and zwar V. 1-576 von der ersten, die andere Hälfte von der zweiten. Es scheint mir ganz deutlich, daß die erste M abgeschrieben hat, vgl. z. B. V. 66. 142. 248. 319. 369. 513. Die zweite dagegen nicht mehr, vgl. 591. 670. 708. 730. 729. 812. 869. 875. 877. 942. 952. Vielmehr benutzte sie eine Handschrift, die nicht mehr erhalten ist und die ihrem Werthe nach nahe an Cod. L steht. Vgl. 936. 1066. 889. 1090. 1212. Cod. L nämlich und E bilden eine zweite und geringer Gruppe. Sie zeigen die Gemeinsamkeit ihres Ursprungs in der Auslassung von Pk`<@l V. 967. @@Æ< 898. Sie stellen V. 816 i"Â vor iTJ\88g4<, V. 605 <*k"l vor ³*0. Sie haben beide V. 157 (¥< (k für (Vk J@4 u.s.w. L ist Cod. Laurentian. plut. 31 cod. 20 chartac. nach J. Bekker. E. Cod. Paris. Nr. 2833 ist eine Pergamenthandschr. aus dem Ende des 15. Jahrh. einst Eigenthum der Medici, deren Abzeichen sie trägt. Sie enthält den Theognis von fol. 182 rechte bis fol. 208 links und scheidet die einzelnen Sentenzen nicht, ebenso wenig wie L.7 Eine dritte Gruppe wird von G und C gebildet. Das zeigen die gemeinsamen Verderbnisse in V. 242 ¦< i`F:å für ¦Li`F:Tl. V. 284 FL<0:@Fb<0 für n480:@Fb<0. 311 nXkg4< J für nXk@4 J. 453 <\0l für <@\0l. 465 n\8" pro n48q, omisso ÇFJT. 477 *g\>T für »>T. 551 J"<LBJgkb(gF F4 für J"PLBJXk<@4F4etc. C Cod. Paris. Nr. 2551 einst in Fontainebleau, eine Papierhandschrift aus dem Ende d. 15 Jh., die den Theognis unter dem Titel 1g`(<4*@l 9g("kXTl G4ig84fJ@L (<ä:"4 X8g(g4"i"Â von fol. 157 rechts bis fol. 167 links enthält. In ihr werden die Sentenzen ebenso wenig wie in G geschieden. G Cod. Par. Nr. 2883, Papierhandschrift des 16. Jh. in kleinstem Format. Auf Cod. C scheint die Vulgata zurückzugehen. Wenigstens ist die Aldina von 1495, die princ. edit nach C abgedruckt, vgl. V. 122 Rg*<Îl. V. 143 i"l nXJgk@<. 193 @ÛF"<. 198 (k :`<4:@<. 204 (\<@<J"4. 236 8bg4< ñl B`8gTl Jg\P@4 8TF":X<0l. 285 ¦JX8g4. 308 ªJ@4:" etc. Die Aldina ist wieder den verschiedenen Iuntinis zu Grunde gelegt. V. 12 ªB8g4. 66 ªFJz. 74. 152 hX:g<@l. 285 ¦JX8g4. Elias Vinetus benutzte zu seiner Ausgabe 1543 ebenfalls nur C G. Wenn er z. B. V. 465 ªFJT aus Conjektur schreibt, da es in den ihm vorliegenden Handschriften fehlte, so kann er keine anderen gehabt haben als CG oder deren Abschriften; denn alle anderen Handschriften außer CG haben eben dieses ªFJT. Vgl. noch V. 1001. Turnebus hat 1553 in den (<T:@8@(\"4 B"8"4@JVJT< B@40Jä< auch den Theognis herausgegeben und dazu, wie es scheint, den Cod. G eingesehn. Aus diesem nämlich ist manches, was zunächst als seine eigene Vermuthung erscheinen möchte. V. 516 edirt er -gØ n\8@l ë<, nicht, wie Brunck meint "e Typothetae errore" sondern genau nach G. V. 506 schreibt er Bg4kZFT nicht nach Stobäus, wie an dieser Stelle Brunck vermerkt, sondern nach einem Marginalglossem von G. So hat er ((V88gJ"4 V. 531, *4"BkZFF@LF4 553, beides mit G gemeinsam. Alle diese Verwandtschaftsgrade vergegenwärtigt leicht folgende Zeichnung: In den angeführten Handschriften finden sich, wie zu Anfang bemerkt wurde, zahlreiche Wiederholungen, doch in bedeutender Zahlverschiedenheit. Unsere Ausgaben enthalten nur noch folgende: V. 39-40 wird V. 1081-2 wiederholt: jedoch differieren die Pentameter 40 gÛhL<Jk" i"il à$k4@l º:gJXk0l. V. 1081-2 om. CG. V. 41-2 werden nach V. 1082 von AOK bdfhmn wiederholt V. 41 §hr @Ì*g — V. 1082 §"F4 V. 57-60 im Wesentlichen gleich 1109-14. Ein neues Distichon 1111-12 ist eingeschoben. Die andern Verse find umgearbeitet.
V. 213-18 wird V. 1071-74 wiederholt. Aenderungen: V. 215-16 ist in der Wiederholung ausgelassen. V. 209-10 wird 509-10 wiederholt. V. 409-10 wird V. 1161-62 wiederholt V. 115-16 wird V. 643-4 wiederholt V. 301 = 1353 V. 597 = 1243 V. 1086 = 1238. Hierzu kommen die Wiederholungen, die sich in unseren Texten nicht mehr finden. V. 209-10 wiederholt A nach V. 332. Irrthümlich steht bei I. Bekker p. 16 zu V. 332 "A iterum ponit vv. 211-12" statt 209-10; ebenso Bergk in allen drei Ausgaben der Po. lyr. V. 877-8 werden nach 1070 wiederholt. V. 853-4 nach 1038 ohne jegliche Veränderung. V. 87-90 von AOKbdfghlmn nach v. 1082 Nach diesen Versen wiederholen AO noch 93-4. V. 571-2 von AObdefhlmn nach 1104. V. 619-20 von AOKlmn nach 1114 V. 1095-6 von AOKbdefghlmn nach 1160. V. 441-6 setzen alle Codd. nach 1162 Kleinere Varianten s. bei Bekker zu V. 441-6. V. 97-100 ADKbdefhmn nach 1164. Darauf folgen bei AOK 415-16, bei AO 417-18. V. 555-6 AOK nach 1178 V. 367-8 AO nach 1182, K nach 1186 V. 1151-2 nach 1238, V. 1101-2 nach 1278, beide unverändert. Aus diese Aufzählung ergiebt sich, daß A sämmtliche Wiederholungen der anderen Codd. und noch einige mehr besitzt, daß der Zahl nach O folgt, dann K, dann MNBDHF, dann EL, endlich GC. A hat 44 Verse mehr als unsere Ausgaben, O 38, K 30, MN 26, DBFH 24, L 20, E 18, G 12, C 10. 8 Es lassen sich also genaue Parallelen ziehen zwischen der Güte der Hdschr. und der Zahl ihrer Wiederholungen. Die Vermuthung ist wohl gerechtfertigt, daß auch A nicht alle Wiederholungen wiedergegeben hat, daß vielmehr der Auslassungsprozeß9 eben so alt ist, wie die erste Abschrift aus dem Urcodex. Dieser Cod. also enthielt eine große Menge von Wiederholungen: es fragt sich, was den Grammatiker, der unsre Theognissammlung redigirte, zu solchen Wiederholungen bestimmte. Wir können drei Arten von ihnen unterscheiden 1) unveränderte Wiederholungen, 2) leicht veränderte, d. h. solche, in denen der Hauptgedanke selbst nicht angetastet ist, sondern nur die Folge der Worte umgedreht und einzelne neue Wendungen eingereiht sind. 3) gedanklich veränderte. Die beiden Hauptfragen sind nun: 1. sind die Wiederholungen einer bestimmten Absicht des Redactors zuzuschreiben? 2. sind diese Veränderungen in den Wiederholungen ebenfalls ein Werk des Redactors? Man kann sich eine Menge von Fällen vorstellig machen, die diese Wiederholungen erklären. Weiß man doch gar nicht, was dem Redactor unserer Sammlung vorlag, welches Princip er beim Ordnen der Sammlung anwandte und dergl. Nur ein Fall ist im Voraus abzuweisen: von Ueberarbeitern der Redaction können die Wiederholungen nicht herrühren, denn wenn es solche gab, so war es sicherlich ihr Bemühen etwas Neues in den Text einzutragen, nicht aber etwas schon Dagewesenes. Etwas Neues waren aber diese Verse trotz der Veränderungen nicht. Dem Redactor müssen wir die Wiederholungen jedenfalls zuschieben. Daß er nur aus Vergeßlichkeit wiederholte, das ist bei der geringen Größe der Sammlung unwahrscheinlich. Sodann aber würde dies die oft starken Veränderungen nicht erklären, denn wenn er aus Vergeßlichkeit noch einmal in seine Sammlung einschrieb, was schon darin stand, so müßte die Wiederholung bis aufs Wort der ersten Stelle gleichen. Nimmt man an, der Redactor habe mehrere Gnomologien vor sich gehabt und diese hinter einander abgeschrieben, unbesorgt, ob dasselbe Fragment zweimal in seine Sammlung kam, so wäre hiermit sowohl Wiederholung wie Veränderung hinreichend erklärt. Unsere Sammlung wäre dann ein Aggregat von Gnomologien und müßte wieder in ihre ursprünglichen Theile zerlegbar sein. Da V. 210 nach V. 332 wiederholt wird, müßte zwischen 210 und 332 eine neue Gnomologie begonnen haben. Ebenso zwischen 1096 und 1160, da 1195-6 nach 1160 wiederholt wird u. s. w. u. s. w. So vermuthet z. B. Rintelen p. 45: Sic propter copiam versuum, qui paene nihil mutati repetuntur, totus mihi locus inde a versu millesimo fere ex altera collectione assutus videtur. Auch Bergk p. 405 denkt an einen zweiten Bearbeiter, der am Schlüsse der Sammlung einiges anfügt, was der erste Diastkeuast schon im Anfange der Sammlung, aber nur im Auszuge mitgetheilt hat. Diese Ansicht von aneinander gereihten Gnomologien würde ihre Widerlegung finden, wenn ein durchgehendes Ordnungsprincip ausgedeckt würde. Denn es ist undenkbar, daß jene angenommenen einzelnen Gnomologien schon nach einem Princip geordnet waren, bevor sie zusammengeschrieben wurden. Warum aber sollte der Redactor nicht die Fragmente doppelt niedergeschrieben haben, in dem Glauben, daß er in den variirten Versen etwas Neues gäbe? Aber warum gab er andere Fragmente unverändert wieder? Es muß ein Grund gesucht weiden, weshalb er gezwungen oder wenigstens verleitet wurde, ein Fragment zweimal seiner Sammlung einzuverleiben. Wäre z. B. erwiesen, daß er nach Argumenten, etwa wie Welcker, die Sentenzen geordnet hätte, so wäre es erklärlich, wenn eine Sentenz, die von Ïk(Z und nkÏ<0F4l handelt, zuerst im Capitel Bgk Ïk(l, dann im Capitel Bgk nk@<ZFgTl vorkäme. Hat vielleicht, so müssen wir fragen, das Ordnungsprincip des Redactors die Wiederholungen veranlaßt? Diese Frage zwingt uns umzusehen, ob der Redactor nach einem bestimmten Plane seine Sammlung anlegte, sodann ob das vielleicht erkannte Princip die Wiederholungen sammt ihren Veränderungen erklärt. Nach der herkömmlichen Ansicht giebt es ein solches Princip gar nicht. Wie oft ist nicht unsere Sammlung eine rudis indigestaque moles genannt worden. Niemand hat gewagt einen durchgehenden Gedankenverlauf in ihr aufzuzeigen. Selbst nach bestimmten Titeln z. B. Bgk n48T<, Bgk @Ç<@L u. s. w. kann sie nicht geordnet sein. Das beweist am deutlichsten Welckers Ausgabe, der nach diesem Plane die Fragmente zusammenstellte und sich genöthigt sah, alles durch einander zu werfen. Nicht einmal das Gleichartige ist zusammen gerückt; vielmehr stehen FL:B@J4i, B"k"4<gJ4i, ¦kTJ4i, B@84J4i ohne jegliche Scheidung bei einander. Schon hiermit ist der Gedanke zurückgewiesen, daß unsere Sammlung ein Auszug der echten Theognidea sei und die ursprüngliche Folge gewahrt habe. Zudem haben wir bestimmte Zeugnisse, nach denen Verse im ursprünglichen Theognis nahe bei einander standen, die in unsrer Sammlung durch große Zwischenräume getrennt sind. Nach Xenophon oder, wie Bergk vermuthet, Antisthenes bei Stob. 88, 14 begann der echte Theognis mit Versen, die in der Sylloge V. 183-88 stehen (Poet. lyr. ed. Bergk III p. 437). Nach Plat. Meno p. 95 folgten V. 429-38 kurz auf V. 33 ff. Auf ein tiefer gehendes Princip, das die sämmllichen Fragmente als geistiges Band zusammenhält, müssen wir verzichten. Vielmehl wollen wir zufrieden sein, wenn sich wenigstens eine äußerliche Verbindung zeigen ließe. Nach der Folge des Alphabets ist unsere Sammlung nicht geordnet: wenngleich der Gedanke nicht ausgeschlossen ist, daß eine der dem Redactor vorliegenden Gnomologien also geordnet war. Wenigstens beginnen zahlreiche Paare von Fragmenten mit demselben Anfangsbuchstaben: auch kommen fast alle Buchstaben des Alphabets in den Anfängen vor. Beide Wahrnehmungen berechtigen aber zu keinem sicheren Schlüsse: es wäre im Gegentheil seltsam, wenn nicht der Zufall Aehnliches hervorgerufen haben sollte. Unsere Sammlung ist also weder nach Gedanken noch nach Buchstaben geordnet. Wohl aber nach Worten. Nach Stichworten sind die Fragmente an einander gereiht, so daß je zwei Fragmente ein gleiches oder ähnliches Wort gemein haben. Daß sich derartige Verknüpfungen finden, hat schon Welcker anerkannt p. CXI, nur daß er sie nur gelegentlich und zerstreut gelten läßt. Er fügt ein kurzes Verzeichniß solcher Stellen bei, bei denen eine Stichwortverbindung in die Augen fällt. Aber der bei weitem größte Theil fehlt. Seltsamer Weise führt er unter den Beispielen auch an V. 1224 @Û*¥<, 5bk<z, Ïk(l *4ifJgk@<. V. 1225 @Û*¥<, 5bk<z ("hl (8LigkfJgk@<. 1226 :VkJLl ¦(ã, Fb *z ¦:@ (\(<@< 80h@Fb<0l. 1227 z!80hg\0 *¥ B"kXFJT E@ i" ¦:@Â. Aber alle diese Disticha sind unfrei Sammlung erst von Elias Vinetus 1543 angefügt worden; ihre Stellung kann doch unmöglich etwas für die Ordnung unserer Sammlung beweisen.10 Ausgedehnteren Gebrauch von der Stichworttheorie macht Lehrs in den quaest. epic., da er ein ähnliches Ordnungsprincip auch für Hesiods §k(" i. º. gefunden zu haben glaubt. Bevor ich nun an größeren Theilen des Theognis das durchgehende Ordnungsprincip aufzudecken suche, sind einzelne Vorbemerkungen nöthig. Das Princip trifft scheinbar oft nicht zu. Häufig nämlich sehen wir in der Fragmentenfolge abc keine Stichwortverbindung zwischen a und b und zwischen b und c, wohl aber zwischen a und c. Dann ist b gewöhnlich kein alleinstehendes Fragment, sondern entweder ein Theil von a, oder b. Im Wesentlichen richten sich unsere Herausgeber des Theognis bei der Abtheilung der einzelnen Fragmente nach den Handschriften; wie ich glaube, mit Unrecht. Denn die einzig maßgebenden Hdschr. A O K haben keine Scheidung; vielmehr gebt jede Trennung der einzelnen Fragmente zurück auf den durch und durch interpolirten Cod. x2. Wir sind also in der Zusammenschließung sowie in der Auflösung von Fragmenten in mehrere durchaus nicht durch handschriftliche Ueberlieferung gehindert. Dann trifft das Princip an sehr viel Orten wirklich nicht zu. Der Grund hierfür liegt in der Auslassung von Wiederholungen. Es wird jetzt deutlich, wie diese entstanden sind. Dem Redactor lag eine bestimmte Masse von Theognideischen Fragmenten vor, die er nun in seiner Weise zu einem Ganzen machen wollte. Sehr oft aber fehlte ihm ein Fragment mit dem verbindenden Worte: er griff dann zurück zu den schon gebrauchten, der Sammlung schon eingereihten und führte es noch einmal vor. Dabei stand es in seiner Hand, in der Wiederholung einige Varianten anzubringen; er that es oft, bald mehr oder weniger geschickt, aber er that es nicht immer. Das wichtigste war für ihn der ungestörte Fluß des Ganzen, den eine Wiederholung nicht unterbrach, den ein fehlendes Stichwort zerriß. Die normale Form der Stichwortverbindung ist diese:
Nun sind zahlreiche Wiederholungen durch die Schuld der Abschreiber, die sie für überflüssig hielten, ausgefallen, und damit sind ebenso viele Lücken in dem Stichwortgewebe entstanden. Es wird an einigen Stellen möglich sein das ausgefallene Fragment zu errathen. Im Allgemeinen aber muß man sich häufig bei dem negativen Resultat begnügen, die Lücken erkannt zu haben. Alle diese hier vorgetragenen Sätze durften eigentlich nicht ohne Beweis an die Spitze gestellt werden. Aber einen Beweis, der jeglichen Zweifel überwindet, hier zu führen ist kaum möglich. Line Anzahl Erscheinungen soll erklärt weiden durch Auffindung einer gemeinsamen Ursache. Die Stichworthypothese erklärt diese verschiedenen Erscheinungen: wird eine andere gesunden, die sie ebenfalls erklärt, dann fragt es sich, auf welcher Seite die größere Wahrscheinlichkeit ist. Thatsächlich ist — das muß man festhalten — daß sehr viele Fragmente (über die Hälfte) durch Stichwörter verbunden sind; Vermuthung ist, daß die ganze Sammlung also geordnet war. Thatsächlich ist, daß von den jüngsten bis zu den ältesten Handschriften hinauf die Wiederholungen immer zahlreicher werden; Vermuthung ist, daß dieser Proceß sich bis zum Urcodex hinauf erstrecke. Thatsächlich ist, daß die Fragmente auch nach dem ältesten Codex vielfach nicht durch Stichwörter verbunden sind; Vermuthung ist, daß an solchen Lücken der Stichtwortordnung die Auslassung von Wiederholungen Schuld sei. Man erkennt, daß jede einzelne der beiden ersten Vermuthungen die höchste Wahrscheinlichkeit hat, daß die dritte dagegen auf der Wahrscheinlichkeit von 1 und 2 beruht. Nach diesen Vorbereitungen gehe ich daran, größere Stücke der letzten Redaction mit den fortlaufenden Stichwörtern darzulegen, die dann für die Wahrscheinlichkeit der Hypothese selbst reden mögen.
Nach diesen Ausführungen wird man, wie ich hoffe, über die Richtigkeit des Princips12 nicht mehr in Zweifel sein, wenn auch eine Menge von Stellen unerledigt bleiben muß. Das Band der Stichwörter schlang sich durch die ganze Sammlung; das Ausfallen von Wiederholungen hat dieses Band stellenweise zerrissen. Als Resultat ergiebt sich also, daß wir in unserer Sammlung die durchgreifende Hand eines Redactors erkennen. Sie ist nicht ein allmählich herangewachsenes Conglomerat von Theognideischen Ueberresten, sondern ein auf unbekannten Materialen beruhendes Werk eines Grammatikers. Es wird also erlaubt sein, von der letzten Redaction der Theognidea zu reden und darunter die Stichwortredaction zu verstehen. Schließlich bemerke ich, daß sich das Princip auch auf die :@ØF" B"4*4i¬ erstreckt. Die :@ØF" B"4*4i¬ ist ein Sammlung von 160, auf Knabenliede bezüglichen Versen, die Im. Bekker zuerst aus dem Cod. Mutinensis, dem einzigen, der sie enthält, hervorzog. Dort finden sie sich, wie schon erwähnt wurde, unter dem Titel ¦8g(g\T< #. Voran steht, ähnlich wie in der Hauptsammlung, eine Anrufung an den Gott {WkTl, wie den Schluß ein Gebet an die 5LhXkg4" bildet.
____________ II. In den bisherigen Theognisuntersuchungen zeigt sich nirgends der Boden so unsicher als bei der Zeitbestimmung unserer Redaction. In der Frage: "wann wurde unsere Sammlung versaht?" differieren z. B. Welcker und Bergk um mehr als tausend Jahre. Der ersten hat nun zwar ausdrücklich eine bestimmte Vermuthung zurückgehalten (p. CX praef.), aber er läßt es doch merken, daß er an byzantinische Thätigkeit dachte. Bergk sodann hat sich zweimal und in ganz verschiedenem Sinne darüber ausgesprochen, zuerst im rhein. Mus. N. F. 3 p. 406: "Ich glaube etwa, sagt er, im ersten Jahrhundert nach Christi Geburt oder im Anfange des zweiten ist unsere Sylloge entstanden. Athenäus wenigstens scheint nur unsere Sammlung zu kennen: was ich ein ander Wal genauer zu erweisen gedenke. Neben dieser Epitome mag sich immerhin der vollständige Theognis noch eine Zeit lang erhalten haben, ja er ist sogar sehr wahrscheinlich von späteren Diaskeuasten zur Vervollständigung der Gnomensammlung benutzt worden, gerieth aber im Laufe der Zeit ganz in Vergessenheit." Es ist zu bedauern, daß Bergk für Athenäus den Beweis nicht geliefert hat: immerhin, selbst wenn er geliefert wäre — was ich für unmöglich halte — so gäbe dies doch erst einen Anhalt zur Zeitbestimmung. Unsere Sammlung müßte dann vor Athenäus entstanden sein. Aber warum so bald vor ihm? Warum nicht ein, zwei, drei Jahrhunderte früher? Bergk hat seine Gründe verschwiegen; aber sie können auch für ihn nicht stark genug gewesen sein. Denn er selbst hat seine erste Zeitbestimmung zurückgewiesen in seiner Theognisausgabe Po. lyr. II. Aufl. p. 453 ff. Dort sagt er nämlich: "equidem censeo admodum antiquam esse hanc syllogen, quae cum in omnium esset manibus, effecit ut mature germana Theognidis carmina oblivione, obruerentur." Aus Isocr. sd. Nic. §43 zieht er mit Recht den Schluß, daß damals noch keine Sylloge der Theognisgnomen existierte, meint aber in Bezug auf Plat. legg. VII. 810 E, daß diese Sammlung um jene Zeit in usum scholarum gemacht sei. Aber die letzte Stelle beweist nur, daß man damals anfing die Gnomen berühmter Dichter auszuziehen. Auch ist es richtig, daß Gnomen in den Schulen auswendig gelernt wurden, s. Aesch. c. Ctesiph. p. 525 Reisk. In jener Zeit müssen zum Beispiel die gnomologischen Sammlungen, die unter Epicharms Namen gingen, verfaßt sein; wir wissen wenigstens aus Athen. 648 d. daß sie schon vor Aristoxenos im Umlauf waren, ja uns sind die Namen ihrer Verfasser überliefert. Es ist ja auch möglich, ja ich will sagen wahrscheinlich, daß man um besagte Zeit auch den Theognis excerpirte: aber warum sollte jene muthmaßliche Gnomologie identisch sein mit unserer Sammlung? Sieht wirklich unsere Sammlung so aus, als ob sie direct aus den echten Dichtungen des Theognis abstammte? Oder wäre es unverkennbar, daß sie zu Schulzwecken verfaßt sei? Wäre dies selbst der Fall, so folgt noch nicht, daß unsere Sylloge aus jener Zeit herrühre. Ja selbst wenn sie aus jener Zeit herrührte, so folgt noch nicht, daß es eben nur diese eine Sylloge gegeben habe. Warum sollten nicht verschiedene Pädagogen gleichzeitig das Bedürfniß gefühlt haben, für ihre Zöglinge eine auserwählte Zahl Gnomen zusammen zu stellen. Und jeder hätte zufällig verschiedene auswählen können. Aber jene Voraussetzung ist falsch. Unsere Sylloge ist sicherlich nicht für die Schule gemacht. Lassen wir einstweilen auch die :@ØF" B"4*4i¬ bei Seite, — sie könnte ja vielleicht angehängt sein — so verbieten doch noch verschiedene Gründe, in dem Haupttheile ein Schulbuch zu sehen. Alle jene Fragmente, in denen ein üppiger Lebensgenuß gepriesen wird, schicken sich selbstverständlich nicht für Schulknaben. Man vergleiche z. B. 879-84. 983-88. 1017-22. 1045-46. 1039-40. 1162-68. 1097-1100. 1119-22. 1129-32 und vieles andere. Noch weniger passen in derartige Kreise die Bruchstücke einer Liebeselegie z. B. 261-6. 579-80. 861-64. 257-60. Mag man auch von letzterem Fragment mit Bergk annehmen, daß es symbolisch auf Megara zu deuten sei, so sind eben auch solche gefährliche Zweideutigkeiten nichts für Schüler. Dazu kommen jene vielen Verse voll individuellen Gehalts, voller Beziehungen auf zufällige Erlebnisse, aus denen der Schüler nichts kernen kann und die deshalb in einer Gnomensammlung nicht stehen dürfen. Z. B. 511-22. 891-4. 993-96. 453-56. 237-54. 503-8. 667-82. Noch weniger aber sind in Schulgnomologien Sprüche von fraglicher Moral zu dulden wie z. B. 129-30. 61-68. 1181-2. Natürlich steht jetzt der Ausweg nicht mehr offen — nämlich zu sagen: alle diese Sachen sind eingeschoben. Erstens sind sie dafür viel zu vorwiegend, viel zu fest in das Ganze hineingewebt, als daß man sie als Randglossen späterer Leser fassen dürfte. Zweitens aber umschlingt sie alle das erkannte Stichwortprincip. Der Redactor, der diesen Faden durch das Ganze zog, hat auch die besagten Fragmente daran angereiht. Nun aber gilt es eben, den Zweck dieses Redactors dabei zu errathen: wir haben bis jetzt nur die negative Bestimmung: "sein Zweck war nicht ein Schulbuch." Man könnte vielleicht glauben, er habe alles gesammelt, was irgendwie unter dem Namen des Theognis im Umlaufe war, er habe einen neuen Theognis aus den disiectis membris poetae gebildet. Aber Theognis hat durch das Alterthum hindurch einen ganz gleichartigen Ruf; er galt als Moralkatechismus und somit als ziemlich trivial eine Menge von Fragmenten nicht in seine Sammlung aufnehmen können: sein moralisches Gefühl hätte sich gegen sie empört. Aber er nahm sie auf. Folglich galt er ihm nicht mehr als solcher. Vielmehr glaube ich deutlich eine feindliche, richtiger eine parodische Tendenz des Redactors gegen Theognis wahrzunehmen. Theognis der Pädagog soll nach dieser Sammlung als ein Lebemann erscheinen, als Trinker, Liebhaber, auch Knabenliebhaber, als Vertreter einer schlaffen Moral, kurz behaftet mit allen den Fehlern, von denen der Pädagog frei sein soll. Deshalb scheute sich der Redactor nicht, parodische Verse mit aufzunehmen (vgl. Welcker p. LXXX) und sorgte selbst durch pikante Zusammenstellungen die moralische Wirkung einzelner Sprüche abzuschwächen. Wenn er z. B. auf 1005-6 >L<Î< *z ¦Fh8Î< J@ØJ@ B`80Ï — ÓFJ4l <¬k *4"$l ¦< Bk@:VP@4F4 :X<® folgen läßt >L<Î< *z <hkfB@4l ßB@hZF@:"4 — Jä< — iJgV<T< ¦Û B"@PX:g< iJ8., so wirkt diese Zusammenstellung parodisch. Dasselbe ist V. 1049-54 der Fall: hier folgt auf F@ *z ¦(ã @ÍVJg B"4* B"J¬k ßB@hZF@:"4 — $@L8¬ *z gÆl ("h@< i" <`@< ¦Fh8Î< (g4 Folgendes: 88 8`(@< :¥< J@ØJ@< ¦VF@:g<, "×Jk ¦:@ F× "b8g4 iJ8. Hierhin möchte ich auch Zweideutigkeiten rechnen, die durch Zusammenstellung heterogener Verse hervorgerufen werden. So schließt z. B. V. 1002 mit 7Vi"4<" i`k0, und es ist bedenklich, wenn jetzt der Redactor direct fortfährt »*z kgJ¬, J`*z gh8@< — iV884FJ`< Jg nXkg4< — <*k F@nè. Wenn wir diese parodische Tendenz des Redactors festhalten, so wird es nicht mehr zweifelhaft erscheinen, daß er selbst die :@ØF" B"4*4i¬ der Sammlung anhängte, von der wir ja wissen, dass sie nach demselben Princip wie die übrige Sammlung geordnet war. Daß er die :@ØF" B"4*4i¬ als Anhang gab und sie nicht mit dem Haupttheile verschmolz, darf nicht befremden; ganz analog fügte Constantin Cephalas die :@ØF" B"4*4i¬ EJkVJT<@l als zwölftes Capitel seiner Sammlung an, obwohl er im fünften schon die ¦kTJ4i, im XI. die FL:B@J4i und FiTBJ4i zusammengestellt hatte. S. Jacobs Proll. p. XLIX. Dazu weist unsere :@ØF" B"4*4i¬ noch specielle parodische Züge auf, parodisch auf Theognis. Dafür spricht der Name 5bk<g V. 1354, E:T<\*0 V. 1349, dafür vor allem der Schluß V. 1386-90:
Hier hört natürlich jeder heraus: "nicht einmal der weise Theognis kann der Liebe entfliehn" was Athen. 7, p. 310 A also ausdrückt: "@Û*¥ JÎ B"4*gk"FJgÃ< B"<"\<gJ"4 Ò F@nÏl @âJ@l (1X@(<4l)." Dagegen haben wir eine hinreichende Anzahl von Zeugnissen aus dem Alterthum, nach denen Theognis ohne jeglichen Zusatz dieser Art bekannt war.13 Für die Zeit, wo der echte und unversehrte Theognis gelesen wurde, sind besonders wichtig die Zeugnisse Platos legg. p. 630 und Xenophons bei Stob. serm. 88 p. 499, ebenfalls Isokrates' ad Nic. c. 12. Aus späterer Zeit — d. h. aus der, in welcher wahrscheinlicher Weise nur noch Theognisgnomologien existierten — sind hervorzuheben die Zeugnisse des Julianus, des Cyrill und des Athenäus. Julianus fragt p. 224 ed. Spanhem. Ò F@nfJ"J@l E@8@:ã< B"k`:@4`l ¦FJ4 Jè B"kz {W880F4 MTiL8\*0 ´ 1g`(<4*4 ´ z3F@ikVJg4; B`hg< gÆ (@Ø< B"k"$V8@4l Jl z3F@ikVJ@Ll B"k"4<XFg4l J"Ãl ¦ig\<@L B"k@4:\"4l, gàk@4l < gÞ @4*" JÎ< J@Ø 1g@*fk@L ikg\JJ@<" J@Ø F@nTJVJ@L $"F48XTl. "Diente zudem nicht selbst Salomo den Wollüsten?" Julianus hätte den Theognis unmöglich in dieser Verbindung anführen können, wenn er zu besorgen gehabt hätte, dass man dem Theognis dasselbe zum Vorwurf machen könne, was er dem Salomo. Cyrill würde in seinen Entgegnungen sich dies nicht haben entgehen lassen; aber er konnte den Charakter des Theognis, des Phokylides und des Isokrates nicht schlecht machen, weil ihm nichts Uebles von ihnen bekannt war. Hier zeigen freilich Julian und Cyrill, dass ihre Gelehrsamkeit nicht gerade bedeutend war. Wie hat es sich Athenäus dagegen angelegen sein lassen, die chronique scandaleuse de Isokrates zusammenzustellen. Obschon er ihn 592 B JÎ< Jä< Õ0J`kT< "Æ*0:@<XFJ"J@< nennt, bringt er doch darauf seine ¦kf:g<@4, gestützt auf Lysias, Hermippus und einige Verse des Strattis (vgl. Harpokr. 7"(\Fi". Vit. Isocr. West. 256 p. 255 steht ein allgemein gültiger Satz gegen derartige Verläumdungen gÆfh"F4 (k @Ê iT:4i@ J :g(V8" Bk`FTB" FifBJg4< *4 (X8TJ" ñl ETikVJ0< gÆFV(@LF4< ¦kä<J" <XT<). Jedenfalls aber kannte Julian wie Cyrill seinen Theognis, und letzterer beschreibt ihn mit seinem Doppelgänger Phokylides also: FL((g(kVn"F4 *¥ i" "ÛJ@ Pk0FJ@:"h R48 i" igi@:RgL:X<" ÒB@ÃV Bgk < i" J\Jh"4 i@k\@4l i" :°< i" B"4*"(T(@ n"Ãg< < <@LhgJ@Ø<Jgl J :g4kVi4". "Isokrates sei ein sehr nützlicher Lehrer für <X@4, Salomo aber für <X@4 und BkgF$ØJ"4." In diesen Worten liegt eine dreifache Rüge: die Pk0FJ@:"h des Theognis sind erstens R48, d. h. "ohne poetischen Schmuck" wie sie auch Plutarch schildert de audient. poet. 2, sodann sind sie igi@:RgL:X<", also "geziert, gemacht" im Gegensatz zu dem Natürlichen, Gefunden, endlich sind sie nur für Säuglinge und Knaben geeignet; uns kommt es verwunderlich vor, daß schon die Ammen moralische Sentenzen dem Kinde einprägen sollen, aber Cyrill denkt so wie Chrysippus, vgl. Quintil. I. 1. 16 nam is (Chrysippus) quambis nutricibus triennium dederit, tamen ab illis quoque iam informandam quam optumis institutis mentem infantium iudicat. Als Handbuch für Ammen glaubt Cyrill den Theognis möglichst tief unter Salomo herabgedrückt zu haben: wie er an einer andern Stelle mit grosser Verachtung von den griechischen Mythen spricht S. 243-4, i" J\Jh"4 n"Ãg< < ÈFT; J *LFB<@Ø<J" Jä< $kgnä< gÛ :V8" i"J"i08gÃ< FB@L*V.@LF"4. Cyrill und Julian kannten also unsern Theognis gewiß nicht. Für Ammen und Pädagogen ist unsere Sammlung gewiß nicht angelegt. Dieser Nachweis würde nichts nützen, wenn, wie Bergk behauptet, aber noch nicht bewiesen hat, Athenäus nur unsere Sammlung gekannt und benutzt hätte. Den wichtigsten Grund dagegen hat Welcker erkannt, vgl. praef. LXXVI, den ich nachher berühren werde. Zunächst fragt es sich, was für einen Theognis Athenäus Händen gehabt hat, ob den echten oder eine Sammlung von Gnomen. Sodann ob die Gnomensammlung, falls er sie besaß, die unsere oder eine andere war. Aus III 104 B lernen wir, daß die ("FJk@8@(\" des Archestratus scherzweise der Theognis der n48`F@n@4 ("FJk\:"k(@4 genannt wurde: hier also bedeutet der Name Theognis so viel als Lehrer oder Katechismus. Wenn nun das Werk des Archestratus bald als (<ä:"4 citirt wird III, 286, bald als PkLF §B0 320 F, wenn es von ihm heißt (<T:4iäl i" º:Ã< FL:$@L8gbg4 III, 102: so können wir aus der Form besagter ("FJk@8@(\" einen Schluß machen auf die Form ihres Vorbildes, des Theognis. Athenäus kannte einen Theognis ¦< (<f:"4l. Dazu kommt, daß auch Plutarch nur (<T:@8@(\"4 1g`(4*@l kennt, eas bei ihm nicht sagen will "verschiedene Spruchsammlungen," sondern identisch ist mit (<ä:"4, vergl. Plut. Thes. 3 @Ì (F@n\") Pk0FV:g<@l {/F\@*@l gÆ*@i4:gà :V84FJ" Bgk Jl ¦< J@Ãl zWk(@4l (<T:@8@(\"l. Eine Stelle bei Athenäus scheint allerdings dafür zu sprechen, daß er ¦8g(gÃ"4 d. h. ganze Elegien, zusammenhängende Dichtungen des Theognis kannte. Er sagt nämlich VII. 317 ñl i"Â Ò 9g("kg×l 1X@(<\l n0F4< ¦< J"Ãl ¦8g(g\"4lq A@L8bB@< iJ8. Es ist sehr auffällig, daß Athenäus an dieser einzigen Stelle ¦8g(gÃ"4 eines Dichters anführt, wahrend er sonst gleichmäßig citirt "¦< J@Ãl ¦8g(g\@4l." Und zwar heißt letzteres bei ihm nicht etwa "in den Distichen" sondern "in den elegischen Gedichten," wie es deutlich aus XV 699 B erkennbar ist: "z!8X>"<*k@l Ò !ÆJT8Îl B@4ZF"l ¦8g(gÃ@<," welches folgt, bestehend aus 5 Distichen. Wenn also ¦< J@Ãl ¦8g(g\@4l bei Athenäus bedeutet "in den elegischen Gedichten," so ist es nicht denkbar, daß dies alleinstehende ¦< J"Ãl ¦8g(g\"4l dasselbe ausdrücke. Also waren jedenfalls in den Händen des Athenäus keine ¦8g(gÃ" des Theognis, in dem Sinne gesagt, wie er sonst das Wort ¦8g(gÃ" gebraucht, sondern ¦8g(gÃ"4, deren Bedeutung ich also bestimmen möchte: ¦8g(gÃ"4 sind Disticha. Diese Bedeutung gilt mit Recht als eine seltenere, und L. Dindorf hat nur zwei Beispiele dafür im Steph. bieten können, Hephäst. p. 92. Etym. M. p. 326. 53. Diese glaube ich jedoch vermehren zu dürfen durch Hephäst. 8 @ÜJg gÆl §B@l @ÜJg gÆl ¦8g(g\"<, sodann durch Suidas v. 1TiL8\*0lq §B0 i" ¦8g(g\"l; von dem ist es nämlich sicher, daß er sich nur im engsten Raume von 3-4 Versen bewegte, so daß wir §B0 i" ¦8g(g\"l mit "Hexameter und Disticha" übersetzen müssen, nicht "epische und elegische Gedichte." Vgl. Dio Chrysost. XXXVI T. II 505. Dann Suidas ¦8g(gÃ@<q :XJk@< J4q i" ¦8g(g\" h08Liäl. Endlich rechne ich hierher alle Fälle, wo *4z ¦8g(g\"l gesagt ist. Wie nämlich Suidas v. A"<b"F4l sagt: z3T<4i ¦< Bg<J":XJkå, wo wir im Deutschen den Plural gebrauchen würden, so hätte er auch schreiben können *4 Bg<J":XJk@L, vgl. *4z ©>":XJk@L Cert. Hom. et Hes. p. 35 Westerm. Sodann bedeutet Suidas v. ILkJ"Ã@l. ßB@hZi"l *4z ¦8g(g\"l. v. 1X@(<\l. (<ä:"l *4z ¦8g(g\"l. Schol. Plat. republ. 599 E. ßB@hZi"l *4z ¦8g(g\"l in diesen Stellen "*4z ¦8g(g\"l" jedenfalls nicht "in Form eines elegischen Gedichtes," sondern *4z ¦8g(g\"l soll nur angeben, in welchem Versmaß diese Gnomen abgefaßt waren. Bei Athenäus also heißt ¦< J"Ãl ¦8g(g\"4l "in den Distichen"; er kannte von Theognis nur eine Gnomensammlung, nicht ¦8g(gÃ", größere elegische Gedichte. Aber ob er unsre Sammlung kannte? Ich glaube dies mit Bestimmtheit verneinen zu müssen. Einen festen Anhalt bietet 7 p. 310 A Bgk J@bJT< n0FÂ< z!kPXFJk"J@l Ò Jä< ÏR@nV(T< {/F\@*@l ´ 1X@(<4l. Bgk µ*LBVhg4"<, ñl "ÛJÎl Bgk "ßJ@Ø n0F *4 J@bJT<. (sec. v. 997-1002) @Û*¥ JÎ B"4*gk"FJgÃ< B"<"\<gJ"4 Ò F@nÎl @âJ@l. 8X(g4 (@Ø< (sec. v. 993-96). Hierzu bemerkt Welcker p. LXXVI mit vollstem Recht: "perquam a nostro diversam fuisse oportet istius libri formam, quia Athenaeus, qui id studiose semper agit, ut si qua labes esset in summorum virorum operibus moribusque, in lucem eam protrahat, in Theognide nihil habuisse videtur praeter v. 997-1002 et 993-96. Plura si adfuissent et quae melius probarent, Theognidem fuisse in voluptates pronum, his puto usus fuisset." Dies ist ein ganz durchschlagendes Argument. Anbei manche ich die Bemerkung, daß Athenäus in seiner Verläumdungssucht bei Theognis durch keine Tradition unterstützt wird, die sonst, Dank den Komikern, so üppig um die Schattenseiten großer Männer wuchert. Dies folgere ich nämlich daraus, daß unter den ¦kTJ4i@ B@40J"Â, die 597-601 verspottet werden, sein Name fehlt, wie er auch unter den knabenliebenden Dichtern Solon Aeschylos, Sophokles, Euripides u. a. seine Stelle gefunden hat, 602-3. Dagegen wird er hier an der angezogenen Stelle mitten unter seltenen Fischarten genannt unb getadelt, gleichsam als eine Würze der etwas faden Fischkost, die Athenäus seinen Lesen auftischt. Athenäus also hatte eine Theognisgnomologie, aber nicht die unsere. Also kann ich jetzt getrost sagen: unsere Redaction muß nach Cyrill d. h. nach dem Jahr. 433, in dem Cyrill schrieb, verfaßt sein. Der andere Terminus wird mir durch die Untersuchungen Bergks über Stobäus geboten. Es steht fest, daß Stobäus nur unsere Sylloge gekannt und benutzt hat. Erstens werden nämlich Verse des Solon, die in unsere Theognissammlung verschlagen sind, mit dem Lemma "1g`(<*@l" citirt. Dann sind Fehler und Veränderungen unserer Redaction treulich mit in die Stobäuscitate übergegangen. Endlich beweist die Reihenfolge der Fragmente bei Stobäus, daß er unsere Anordnung hatte. Hierzu kann ich noch ein entscheidendes Argument fügen. Die beiden Fragmente V. 227-32 und 221-26 sind aneinander durch die Stichwörter nkT< und nk@Fb<0 geknüpft. Wir kennen das Fragment 227-32 als Solonisch aus Stobäus; darin aber lautet der Vers, der das Stichwort enthält, ganz anders. Während nämlich im Theognis steht: V.229 PkZ:"JV J@4 h<J@Ãl (\(<gJ"4 nk@Fb<0 heißt der ursprüngliche Vers Solons also: iXk*gV J@4 h<J@Ãl êB"F"< hV<"J@4. Wie lernen hieraus, wie frei unser Redactor an dem überlieferten Texte änderte, um seinem Stichwortprincip zu genügen. Er ließ ganze Verse aus und schob selbst gemachte, die das Stichwort enthielten, ein. Nun aber finden wir besagte Verse 227-31 noch ein zweites Mal im Stobäus und zwar mit dem 8Ã::" 1g`(<4*@l und dem neufabricirten Verse des Redactors: PkZ:"JV J@4 h<J@Ãl (\(<gJ"4 nk@Fb<0. Also benutzte Stobäus unsere Stichwortrecension, da er Verse, die erst diese Redaction geschaffen hat, in seine Sammlung aufnahm. Aehnlich steht es bei V. 315-18 unserer Sammlung, die ebenfalls ursprünglich solonisch sind. In der echten Fassung lautet der Ausgang von V. 317 §:Bg*`< ¦FJ4<, im Theognis dagegen §:Bg*`< "ÆgÂ, offenbar deshalb abgeändert, weil das verbindende Stichwort für 315-18 und V. 319-22 §:Bg*`< "Æg sein sollte. Wiederum hat Stobäus das Fragment 315-18 seiner Sylloge einverleibt und zwar mit dem charakteristischen §:Bg*`< "ÆgÂ. Wenn also Athenäus, Julian und Cyrill — letzterer im Jahre 433 — unsere Redaction nicht kennen, wenn sie dagegen von Stobäus benutzt ist, so folgt daraus, daß ihre Enstehung zwischen 433 und Stobäus fallen muß, mithin in das fünfte Jahrhundert n. Chr. Hier muß ich mit wenigen Worten noch der Frage gedenken, ob Stobäus die Theognisverse direkt aus unserer Sammlung nahm oder ob er eine ihm vorliegende Gnomologie die schon den Stichworttheognis benutzt hatte, ausschrieb. Es ist nämlich die Ansicht O. Bernhardt's in den quaestiones Stobenses, Bonn 1861, daß Stobäus nur zwei größere Florilegien zusammengeschrieben habe, so daß alles, was im Stobäus sich befindet, einem von diesen beiden zuzuweisen sei. Das Indicium, wonach die Herkunst eines Fragmentes zu bestimmen sei, wäre die Art des 8::". In manibus fuisse Stobaeo, meint er, duo florilegia ita quidem inter se discrepantia, ut cum alterum integra lemmata articulis praemitteret, alterum adponeret nihil nisi auctoris nomen. Demnach würden die Theognisstücke aus dem zweiten Florilegium stammen, da das 8::" durchweg nur "1g`(<4*@l" lautet. Indessen scheint mir der Schluß nicht berechtigt: "weil sich im Stobäus nur zwei Arten des 8::" finden, hat Stobäus auch nur zwei Quellen benutzt." Es giebt überhaupt nur zwei Arten des 8::", ein vollständiges und ein unvollständiges. Gewiß hat Stobäus Florilegien ausgeschrieben, und in jedem einzelnen mag eine Art des 8::" vorherrschend gewesen sein. Aber auf die bestimmte Zahl von zwei Florilegien kann man aus der Verschiedenheit der 8::"J" nicht schließen. Zudem ist es sehr unwahrscheinlich, daß jemand, der ein so weitschichtiges Florilegium sich anlegen will, seine ganze Thätigkeit darauf beschränken sollte, zwei ihm vorliegende Florilegien in eins zusammenzuschreiben. Was schließlich Theognis betrifft, so darf man wohl vermuthen, daß Stobäus seine circa 56 Stellen aus ihm direkt schöpfte, besonders da die Abfassungszeit der benutzten Redaction zu kurz vor Stobäus fällt, als daß wir erst noch eine Mittelstufe annehmen dürften. Im Allgemeinen aber kann man nicht zweifeln, daß Theognis in Chrestomathien und Florilegien auch früherer Zeiten ein gern gesehener Gast war: wenngleich wir wenig davon wissen. Daß Theognis in den Pk0FJ@:"h des Helladius eine Stelle gesunden hat, können wir aus einem Lemma der Anthologia Cephalana schließen. In ihr findet sich zwar das 8::" 1g`(<4*@l nicht, wohl aber werden 4 Stellen des Theognis angeführt, zwei, V. 1151-2 und 1155-6 als *08@<, V. 795-6 als 94:<Xk:@L, V. 527-28 als #0F"<J\<@L. Besantinus aber ist Helladius, wie er z. B. auch genannt wird Orion E. JLkÎl. B@J<4Fh"4. nX<4<*". Aber wie kam V. 795-6, ein Fragment, das mit Bestimmtheit dem Mimnermus zugehört — s. Anthol. Pal. IX, 60 94:<Xk:@L gÆl JÎ <XJTl .< — in unsere Theognissammlung? Ebenfalls gehören V. 1017-22 unserer Sammlung nicht dem Theognis an, sondem dem Mimnermus. Nun finden sich in unsrer Sylloge eine große Anzahl von Fragmenten, die den Genuß und die Freuden eines üppigen Lebens verherrlichen und welche durchaus zu dem Bilde stimmen, das sich das Alterthum von Mimnermus machte. Vergl. einen Vers des Alexander Aethol. bei Athen. 699 bc. Jene Verse fand unser Redactor nicht in den Theognisgnomologien vor: woher nahm er sie also? Sollen wir es einem Versehen zuschreiben, daß er sie aufnahm? Wenn wir nun erkannt haben, daß der Redactor eine dem Theognis feindliche Tendenz hatte, so dürfen wir nicht mehr an ein harmloses Versehen glauben. Ersuchte nach Waffen, um ihm zu schaden: er beabsichtigte in das reine Charakterbild des Theognis einzelne Schatten einzuzeichnen. Dazu sammelte er Parodien des Theognis, dazu fügte er Verse des Mimnermus ein, die in ihrem weichlichen Klange seltsam gegen die harten, energisch kräftigen, oft düsteren und verbissenen Gedanken des Theognis contrastiren. Verse des Solon, des Tyrtäus, auch des Phokylides, wie Rintelen p. 34 meint, konnten sich schon früher unter die Theognideischen eingeschlichen haben, Verse des Mimnermus aber erst mit unserm Redactor. Jene hat ein kleines Versehen in den Theognis gebracht, diese eine mißgünstige Absicht. Hiernach mag man beurtheilen, in wie großen Massen sich fremdes Eigenthum im Theognis findet. Von dem reichen Elegienschatz des Mimnermus ließ sich manches entnehmen, ohne daß die Entwendung sogleich einem ungelehrteren Zeitalter ausgefallen wäre (vgl. Volkmann de Suid. biogr. qu. II, symb. Bonn. II p. 727). Folgende Verse also möchte ich in genauer Uebereinstimmung mit Bergk ohne Weiteres dem Mimnermus zurückerstatten: V. 567-70. 877-8. 939-42. 983-88. 1007-1012. 1063-1070. 1129-32, sowie die ganze :@ØF" B"4*4i¬,14 in der das einmalige 5bk<g und E4:T<\*0 wohl nur durch die Bosheit des Redactors für die echten Namen eingefügt worden ist (vergl. Bergk in der angeführten Abhd. im rh. M. und Hertzberg in Prutz, litterar. hist. Taschenb. 1845 p. 357). Zu Stobäus, der zu den letzten Erörterungen Anlaß gegeben hat, lehre ich hiermit zurück. Benutzte er die Theognisredaction so bald nach ihrem Entstehen, so ist es wahrscheinlich, daß wir in ihm einige bessere Lesarten bewahrt finden, daß überhaupt in ihm Ueberreste einer Textesgüte verhanden sind, von der unsere Handschriften weit entfernt sind. Bergk erörtert diesen Punkt ausführlich und kommt leider zu dem entgegengesetzten Resultat. Stobäus hat nach ihm einen Codex der verderbtesten Art vor sich gehabt. Zudem habe die Corruption des Stobäus die der Theognidea weit überflügelt. Dennoch giebt Bergk zu, daß wir einiges aus ihm lernen können, so z. B. einige Disticha, die in unsern Codd. ausgefallen sind. So ist das Distichon 1157-8 erst aus Stobäus gewonnen, in den Handschriften fehlt es, so daß die folgenden Verse ohne Sinn und Verstand sind. Dann hat Stobäus uns noch 3 Disticha überliefert, die wir aus den Codd. nicht kennen; sie sind zuerst von Elias Vinetus als V. 1221-26 angefügt worden. Wie viel mag also auch vor dem Cod. Mutinensis verloren gegangen sein, wenn unter c. 56 zufällig ausgewählten Stellen schon 4 Distichen mehr sind als in unsern Hdsch. Unsere Sammlung hat ungefähr 360 gesonderte Stücke; vorausgesetzt, daß die Verluste in gleichen Proportionen erfolgt sind, würden unsern Hdss. gegen 28 Disticha vollständig fehlen. Den einen Vorzug der größeren Vollständigkeit hat der Theognis des Stobäus vor unsern Handschriften voraus. Wie steht es nun mit den Lesarten? Es ist richtig, sie sind öfter abscheulich wie z. B. XCVII, 10 @ÜJg (g :¬< Bg<\0l hL:@nh`k@L @Û :g8g*"\<T, wo es V. 1125 in unsern Handschriften heißt ¦:B\@:"4 Bg<\0l iJ8. Aber wem verdankte Stobäus diese Lesart? Sich selbst, nicht seinem Theogniscodex. Er selbst hat offenbar das ¦:B\@:"4 aus dem Text verbannt, das ihm zu unmoralisch und jedenfalls unnütz, ja verwirrend für den Hauptgedanken erschien. Der Gedanke ist "nicht um Armuth, nicht um Verläumdung sorge ich mich, aber den Verlust der Jugend bedaure ich." Wozu, fragte Stobäus, noch ¦:B\@:"4? Warum soll die allgemein gültige Sentenz durch dies ¦:B\@:"4 zu dem Gedanken eines Trinkers erniedrigt werden? Seinen Schmerz vertrinken erschien ihm als höchst unpassend, darum füllte er den Raum des ¦:B\@:"4 durch die wenig bedeutenden Worte @ÜJg (g :¬< aus. So werden V. 183-6 von Stobäus LXX, 9 also angeführt:
welcher Anfang nach unsern Hdsch. also lautet:
Aber daß man bei Schaafböcken und Eseln auf gute Abstammung sieht, war dem Stobäus befremdlich, bei Hunden war ihm dies bekannter. Zudem kamen ihm besagte Thiere für den Ton seines Florilegiums etwas zu gemein vor. ib<"l :¥< *¬ <ä4 verdanken mir wiederum dem Stobäus selbst. Dasselbe Motiv bestimmte den Verfasser ber Pseudophokylidea, die Theognideischen Worte in folgende höchst gezierte Hexameter umzugießen: V. 201-2
ist von Stobäus also überliefert:
Man sieht, daß dies zwei verschiedene Gedanken sind. Aber die Version bei Stobäus rührt wiederum von ihm selbst her. Er wollte den Gedanken "Achte gute Männer, das ist der größte Schatz für dich." Dasselbe wird kurz vorher also ausgedrückt: "ALh4l º z!k4FJ@JX8@Ll J@Ø n48@F`n@L hL(VJ0k ¦kTJ0hgÃF" B@Ã@< iV884FJ@< Pkä:" (leg. Pk:"), §n0 JÎ *4 J¬< "Æ*ä J@Ãl ¦8gLhXk@4l ¦B4(4(<`:g<@<." So hat er die Verse 525-26
in folgende XCI. 2 umgewandelt:
Offenbar desshalb, weil ihm der Gedanke von V. 526 bedenklich, erschien. Er hat durch die Aenderung F@nè aus i"iè dem Satz eine hochmoralische Wendung gegeben.15 Mit dem Gesagten stimmt auf das Schönste die vortreffliche Bemerkung O. Bernhardts p. 26 überein: "ne a verbis mutandis quidem et versibus vel inserendis vel praetermittendis abstinuerunt illi (er meint die Verfasser der beiden von Stobäus ausgeschriebenen Florilegien: wir setzen einfach den Stobäus an ihre Stelle), quo sensum ad argumenta capitum adcommodarent," was er an einigen Versen des Euripides bewiesen hat. Die Lesarten, aus welchen Bergk auf die völlige Corruption der Theognishandschrift des Stobäus schloß, haben sich als "ÛJ@FPg*4VF:"J" des Stobäus selbst entpuppt. Was übrig bleibt, das ist wirklich so vortrefflich, daß Bergk auch nicht Anstand genommen hat es seinem Texte einzuverleiben. So schreibt er V. 651 mit Stobäus i"i für das überlieferte i"Â. V. 175 Pk¬ Bg<\0< für ¼< *¬ Pk¬. V. 177 Bl (k <¬k. für i" (k <¬k V. 131 §B8ghz ÓF@4l für §B8gJ@ J@Ãl, V. 605 B8gÃ< ¦hX8@LF4< §Pg4< (Stob. B8gØ<z) für das handschriftliche B8gÃ@< §Pg4< §hg8@<. Zusammenfassend also bemerke ich, daß Stobäus, wie er seiner Zeit nach unserer Redaction am nächsten stieht, auch eine Periode der Theognishandschriften vertritt, die in jeder Beziehung den Vorrang vor unseren Handschriften verdient. Anbei hat sich das interessante Faktum ergeben, in welchem Grade Stobäus mit den überlieferten Texten schaltete und waltete, mit sie seinen Gedanken gefügig zu machen. ____________ III. Man begann schon zu Platos Zeiten die Gnomen berühmter Dichter zum Schulgebrauch auszuziehen. Isokrates aber kannte ebenso wie Plato und Xenophon einen Theognis, den dies Schicksal noch nicht getroffen hatte. Dem Redactor des fünften Jahrhunderts n. Ch. lag aber jedenfalls der echte, unversehrte Theognis nicht mehr vor: wir werden also zwischen der Zeit dieser Redaction und der Integrität eine Periode annehmen müssen, in der nur eine theognideische Gnomensammlung bekannt war. Cyrill wenigstens, sowie Athenäus und Plutarch befaßen nur diesen excerpirten Theognis. Könnten wir nun nachweisen, daß auch die Alexandriner keinen andern Theognis in den Händen gehabt hätten, so wäre die Entstehung besagter Gnomensammlung mit Sicherheit in die Zeit von Plato bis Ptolemäus Philadelphus zu setzen. Wir wissen, daß sich die Alexandriner lebhaft mit Fragen über Theognis Leben, Geburtsort u. s. w. beschäftigten. Offenbar gab es keine sichere Tradition mehr. Man war genötigt aus den Gedichten selbst seine Lebensschicksale zu errathen. Ein bestimmtes Zeugniß, daß sie nur eine Gnomensammlung kannten, giebt es nicht: man müßte denn annehmen, daß der Theognisartikel im Suidas aus jener Zeit stamme. Dieser Artikel besitzt eine besondere Wichtigkeit. Jedenfalls kennzeichnet er winen Zustand der Theognidea, der vor unserer Redaction liegt. Ob er wirklich aus alexandrinischen Quellen geflossen ist, soll einstweilen unbesprochen bleiben: immerhin verdient er besonders behandelt zu werden, zumal da die letzten Jahre einige sichere Ergebnisse über die Quellen des Suidas gebracht haben, die noch nicht für Theognis verwerthet sind. Jener Suidasartikel lautet also: 1X@(<\l 9g("kg×l Jä< ¦< E4ig8\ 9g(VkT< (g(@<ãl ¦< J± <hz Ï8L:B4V*4. §(k"Rg< ¦8g(g\"< gÆl J@×l FThX<J"l Jä< ELk"i@F\T< ¦< J± B@84@ki\. (<f:"l *4z ¦8g(g\"l gÆl §B0 $é i" Bk@l 5bk<@< JÎ< ßJ@Ø ¦ké:g<@< (<T:@8@(\"< *4z ¦8g(g\T< i" ©JXk"l ßB@hZi"l B"k"4<gJ4il, J BV<J" ¥B4iäl.— {_J4 :¥< B"k"4<¦@g4l §(k"Rg 1X@(<\l, 88z ¦< :XFå J@bJT< B"kgFB"k:X<"4 :4"k\"4 i" B"4*4i@ §kTJgl i" 88", ÓF" Ò ¦<VkgJ@l B@FJkXngJ"4 $\@l. Der Schlußsatz scheidet sich deutlich von dem Vorhergehenden ab und erweist sich als Glossem, wie ich meine, des Suidas selbst. Nach den Untersuchungen O. Schneiders und C. Wachsmuths über die litterarhistorischen Artikel des Suidas ist es allgemein zugestanden, daß Suidas nur ein einziges Werk benutzt und ausgeschrieben hat, den B\<"> Jä< ¦< B"4*g\ Ï<@:"FJä< des Hesychius Milesius. Aus ihm sind alle litterarhistorischen Notizen, also auch der Theognisartikel geflossen; wo Suidas etwas Eigenes hinzusetzt, beweist dies mehr seine Frömmigkeit als seine Gelehrsamkeit. Hesychius selbst war Heide und nahm deshalb die Kirchenväter nicht in seinen B\<"> auf: worüber sich Suidas höchlichst beschwert. Wo wir also dem Hellenenthum feindliche Bemerkungen finden, können sie nicht von Hesychius entstammen. Vielmehr führt auch eine gewisse Gleichartigkeit im Loben und Tadeln darauf, daß wir sie alle dem einen Suidas zuschreiben. Man vergleiche: s. v. Ak`i8l — — J¬< :4"k< i" ¦nb$k4FJ@< "ßJ@Ø (8äFF"< i4<ZF"l — s. v. 7@Li4"<Îl — — $8"Fn0:gà JÎ< Ok4FJÎ< Ò B"::4"kÎl. s. v. z3fF0B@l — — §FJ4 i" 88@l "ÛJ@Ø 8`(@l Bgk "ÛJ@ikVJ@k@l 8@(4F:@Ø, ¦<VkgJ@l BV<L iJ8. s. v. z3fV<<0l Ò ¦B@<@:".`:g<@l EJ@$g×l <h@8@(\@< — — ¦<VkgJ" BV<L. Endlich die Notiz zu Theognis ÓJ4 :¥< B"k"4<¦@g4l §(k"Rg 1X@(<\l 88z ¦< :XFå J@bJT< B"kgFB"k:X<"4 :4"k\"4 i" B"4*4i@ §kTJgl i" 88" ÓF" Ò ¦<VkgJ@l B@FJkXngJ"4 $\@l. Wenn also Suidas diese Notiz schrieb, so hatte er einen Cod. vor Augen, der der Gruppe x1 zugehörte. Dies "¦< :XFå J@bJT<" verbietet nämlich an eine Handschrift zu denken, die die :@ØF" B"4*4i¬ am Schluß enthielt. Denn das Anstößige dieser 140 Verse überwiegt bei weitem die vereinzelten Zweideutigkeiten im Innern der Hauptsammlung. Unter :4"k\"4 sind offenbar die Reste einer erotischen Elegie gemeint, unter den 88" ÓF" iJ8. die Trinklieder. Also war schon im zehnten Jh. die :@ØF" B"4*4i¬ abgefallen; aus demselben Jh. aber ist der Cod. Mutinensis, der sie noch enthält.— Uebrigens macht Boissonade praef. ad poet. gr. gnomicos 1825 den umgekehrten Schluß. Nachdem wir also die dem Theognis feindliche Bemerkung als dem Suidas angehörig erkannt haben, betrachten wir die Hauptnotiz, die er also aus Hesychius abschrieb. In ihr ist eine unleugbare *4JJ@(k"n\", wie dies auch alle Gelehrten, die diese Stelle behandelten, angenommen haben. Was zuerst (<f:"l *4z ¦8g(g\"l gÆl §B0 $é genannt wird, ist identisch mit (<T:@8@(\" BkÎl 5bk<@< JÎ< "ÛJ@Ø ¦ké:g<@< i" ¥J¦k"4 ßB@hi"4 B"k"4<gJ4i"Â. Bloß die Namen sind vertauscht: das Bezeichnete ist in beiden Stellen dasselbe. Offenbar verschmolz Suidas zwei untereinander stehende Notizen, was er ja in unzähligen Fällen gethan hat. Um also den Hesychiusartikel wiederherzustellen, müssen wir davon ausgehen, daß in ihm zwei Artikel über Theognis auf einander folgten. Auch schon die verschiedene Ausdrucksweise *4z ¦8g(g\"l und *4z ¦8g(g\T< für dasselbe, "in Distichen" kann unmöglich in dieser schnellen Auseinanderfolge aus einer Feder geflossen sein. Zu demselben Resultat kommen wir auf einem anderen Wege. Eudocia behandelt wirklich Theognis in 2 Artikeln. Doch sie schrieb Suidas nur ab; so ist wenigstens das verbreitete Vorurtheil. Neuerdings aber haben zwei Gelehrte sich gegen dasselbe erklärt, M. Schmidt im Didym. p. 392 und in der Recension des Bernhardyschen Suidas Fleckeisens Jahrb. Bd. 71 (1855) S. 474 und Val. Rose de Arist. libr. ordine p. 50. Wenn zwei Werke ungefähr gleicher Zeit größere Stüde gemeinsam haben, so sind zunächst zwei Möglichkeiten gleich berechtigt: entweder hat das eine aus dem andern geschöpft oder beide haben dasselbe dritte Buch ausgeschrieben. So steht es mit Suidas und Eudocia. Daß letztere den ersteren ausgeschrieben habe, ist ebensowenig bewiesen, wie die gemeinsame Benutzung derselben Quelle, des Hesychius: möglich aber ist beides. Daraus, daß Eudocia die Artikel durchschnittlich etwas kürzer faßt als Suidas, folgt nichts für die erste Möglichkeit: sie könnte ja excerpirt haben, während Suidas wörtlich abschrieb. Vorausgesetzt, daß beide Werke, der B\<"> des Hesychius und das Lexicon des Suidas ihr bekannt waren, so war es für sie bequemer, das Compendium des Hesychius für ihre litterarhistorischen Artikel auszubeuten, als aus Suidas sich mühsam die einschlägigen Notizen zusammenzusuchen. Das Werk des Hesychius hatte unter den Byzantinern einen guten Ruf: was sogar daraus zu folgern ist, daß unter seinem Namen ein sehr spätes Machwerk an das Licht trat, vgl. Lehrs rhein. Mus. N. F. XVII p. 453 ff. Eben diese Thätsache beweist, daß das echte Werk vorher verloren gegangen war: aber es ist kein Grund vorhanden, diesen Verlust in die Zeit zwischen Suidas und Eudocia zu setzen. Die Frage wurde entschieden sein, wenn von einigen Artikeln nachzuweisen wäre, daß Eudocia sie aus Suidas nicht schöpfen konnte, weil sie nicht im Suidas standen, ebenso wenig aber in den andern von ihr benutzten Quellenschriften. Wir konnen nämlich von jedem einzelnen Artikel bestimmen, woher er floß: wir wissen, daß Eudocia nur Philostrats vit. soph. und Laert. Diog. zu den litterarhistorischen Artikeln benutzte. Wenn wir abziehen, was sie diesen schuldet, so bleibt jene große und überwiegende Masse zurück, die sie mit Suidas gemein hat: jedoch nicht wörtlich gemein. Vielmehr hat sie oft weniger als Suidas: was uns hier nichts angeht; sie hat aber auch oftmals mehr. Dieses Mehr besteht zumeist in größerer Vollständigkeit der einzelnen Schriftenverzeichnisse. Ich führe einige Beispiele an:
Diese Beispiele lassen sich noch bedeutend vermehren. Wenn man nun einen hohen Grad von Corruption des Suidas annimmt, um einiges, was Eudocia mehr hat, als ausgefallen zu erklären, so mag dies im Einzelnen berechtigt sein. Solchen Registern aber von Auslassungen hält diese Annahme nicht Stand. Hier zwingt sich jedem die diesen Ausführungen vorausgeschickte Hypothese auf, daß Eudocia nicht den Suidas, wohl aber seine Quelle abgeschrieben hat, den B\<"> des Hesychius, daß bald Suidas, bald Eudocia genauer im Abschreiben gewesen ist, so daß aus der Vergleichung beider ein Bild jenes B\<"> gewonnen werden kann. Wir lernen daraus, daß eine Menge von häßlichen Versehen und Verwechslungen, die gemeiniglich dem Suidas aufgebürdet werden, dem Hesychius zur Last fallen, daß Suidas und Eudocia das Verdienst beanspruchen können, zumeist treu abgeschrieben zu haben, daß sie nicht klüger sein wollten, als ihr vorliegendes Handbuch. Dieselbe Hypothese bestärken auch noch folgende Wahrnehmungen. In dem Artikel s. v. 5V884BB@l hat sich Eudocia versehen, und aus 5X$0l weiter abgeschrieben. Um dies Versehen zu erklären, ist es durchaus nöthig, daß die beiden Artikel 5V884BB@l und 5X$0l nahe bei einander standen, so daß ber Blick von einem zum andern leicht überschweisen konnte. Im Suidas aber sind síe weit von einander getrennt: in der Bernhardyschen Ausgabe steht z. B. 5V884BB@l auf Seite 47, 5X$0l auf Seite 190. Eigene Zusätze des Suidas, also solche, die eine christliche Sprache führen und darum im Hesychius nicht gestanden haben können, finden sich nirgends in der Eudocia. Belehrend aber ist folgender Fall. Die Aufzählung der Werke des Ak`i8@l schließt bei Suidas mit den Worten "¥B4Pg4kZ:"J" i"J Ok4FJ4"<ä< 4Z." Dieser Titel reizt seinen Groll, und er macht sofort seinem Unmuth Luft in den Worten: "@âJ`l ¦FJ4 Ak`i8@l Ò *gbJgk@l :gJ A@knbk4@< i"J Ok4FJ4"<ä< J¬< :4"k< i" ¥nb$k4FJ@< "ßJ@Ø (8äFF"< i4<ZF"l iJ8." Eudocia aber fährt ruhig nach dem angeführten Werke "¥B4Pg4kZ:"J" i"J Ok4FJ4"<ä< 4Z" fort "i" :0Jkå"i¬< $\$8@< iJ8." Sie schrieb also das Verzeichniß im Hesychius bis zu Ende ab, während der Zorn des Suidas Feder zwang, schon bei dem christenfeindlichen Werke Halt zu machen. Ich glaube somit von der Thatsache ausgehen zu dürfen, daß Eudocia direkt aus Hesychius17 schöpfte, ebenso wie Suidas. Daß dies Resultat von Wichtigkeit für Theognis ist, habe ich schon angedeutet: Eudocia nämlich behandelt Theognis in zwei Artikeln. Wir haben aber geschlossen, daß auch die Suidasnotiz über Theognis aus zwei Artikeln zusammengeschrieben ist. Wir dürfen jetzt also folgern, daß Hesychius an zwei Stellen von Theognis sprach, und es ist nun noch nachzuweisen, wie jeder dieser Artikel lautete und wie diese Doppelheit entstanden ist. Die beiden Artikel lauten bei der Eudocia also: p. 227. 1X@(<4l, gÉl µ< Jä< B"kz z!h0<"\@4l JLkV<<T<. i"hVBgk n"FÂ< 88@4 Jg i" =g<@nä< ¦< *gLJXkå {+880<4iä<. 5" 1X@(<4l ¨Jgk@l 9g("kg×l Jä< ¦< E4ig8\ 9g(VkT< (g(@<äl ¦< J± Bg<J0i@FJ± ¦<VJ± z?8L:B4V*4. §(k"Rg< z+8g(g\"< gÆl J@×l FThX<J"l Jä< ELk"i@F\T< (leg, ELk"i@LF\T<) ¦< J± B@84@ki\, i" (<f:"l *4z ¦8g(g\"l gÉl *4lP\84" ÏiJ"i`F4"q §(k"Rg *¥ i" (<f:"l B"k"4<gJ4il. Was Fabricius bibl. gr. vol. 18 p. 56 mit Recht von der z3T<4 der Eudocia sagt: "manum interpolatoris recentioris hinc inde passa videtur" das gilt gewißlich von dem eben angeführten wie von dem sogleich folgenden Artikel. p. 232. 1X@(<4l 9g("kg×l ¦i E4ig8\"l, §(k"Rg (<f:"l ¦8g(g\"l (leg. (<f:"l *4z ¦8g(g\"l mit Meineke, Biblioth. der alt. Lit. her. v. Tychsen, 6tes Stück p. 32) gÆl §B0 $f i" BkÎl 5bk<@< JÎ< "ßJ@Ø ¦kf:g<@< (<T:@8@(\"< *4z ¦8g(g\T<q i" ©JXk"l ßB@h0il B"k"4<gJ4il BV<J" ¦B4iäl. Es ist ersichtlich, daß ein Ueberarbeiter die ursprünglichen Artikel durch einen Austausch von Worten geschädigt hat. Art. I ist in Ordnung, bis auf den Schluß "§(k"Rg *¥ i" (<f:"l B"k"4<gJ4il." Hiermit würden die paraenetischen Gnomen entgegengesetzt den andern Gnomen: was ganz verkehrt ist. Vielmehr las der Ueberarbeiter den zweiten Artikel und fand dort (<T:@8@(\"< BkÎl 5bk<@< i" ©JXk"l ßB@hZi"l B"k"4<gJ4il: indem er glaubte, daß damit etwas anderes gemeint sei als jene (<ä:"4 in 2800 Versen, schrieb er zu Art. I die thörichte Schlußbemerkung "§(k"Rg *¥ i" (<f:"l B"k"4<gJ4il." Bei Art II angelangt vermißte er wiederum etwas, was in I stand: jene "(<f:"l *4z ¦8g(g\"l gÆl §B0 $f." Denn diese können, wie ich schon zu dem Suidasartikel bemerkte, unmöglich neben der (<T:@8@(\" BkÎl 5bk<@< als etwas Verschiedenes gestanden haben. Er trug sie also in der Meinung, die Schriftenaufzählung zu vervollständigen, in die zweite Stelle ein. So haben wir die beiden Artikel des Hesychius von den unnützen Zuthaten gereinigt und lassen sie nun folgen. I. 1X@(<4l 9g("kg×l Jä< ¦< E4ig8\ 9g("kT< (g(@<äl ¦< J± <hz z?8L:B4V*4. §(k"Rg< z+8g(g\"< gÆl J@×l FThX<J"l Jä< ELk"i@F\T< ¦< J± B@84@ki\. '<f:"l *4z ¦8g(g\"l gÆl §B0 $f. II. 1X@(<4l 9g("kg×l (¦i E4ig8\"l fort. delend.) §(k"Rg BkÎl 5bk<@< JÎ< "ßJ@Ø ¦kf:g<@< (<T:@8@(\"< *4z ¦8g(g\T< i" ©JXk"l ßB@hZi"l B"k"4<gJ4il. J BV<J" ¦B4iäl (dies Wort ist noch zu corrigieren). Suidas schrieb diese beiden in einen zusammen: was jetzt ersichtlich ist: 1X@(<4l 9g("kg×l Jä< ¦< E4ig8\ 9g("kT<, (g(@<ãl ¦< J± <hz z?8L:B4V*4. §(k"Rg< ¦8g(g\"< gÆl J@×l FThX<J"l Jä< ELk"i@LF\T< ¦< J± B@84@ki\, (<f:"l *4z ¦8g(g\"l gÆl §B0 $f i" BkÎl 5bk<@< JÎ< "ßJ@Ø ¦kf:g<@< (<T:@8@(\"< *4z ¦8g(g\T< i" ©JXk"l ßB@hZP"l B"k"4<gJ4il. J BV<J" ¦B4iäl. Woher, fragen wir, ist es nun zu erklären, daß Hesychius den Theognis in zwei Artikeln behandelte? Es giebt nur eine Antwort: weil er ihn in seinen Quellenschriften zweimal vorfand. Er muß geglaubt haben, daß es zwei Theognides gäbe. In den compendiarischen Werken, die er benutzte, besonders in den Bibliothekscatalogen, den Abkömmlingen jener Callimacheischen B\<"igl, aus denen, wie ich vermuthe, unsere Notizen herstammen, kann Theognis an verschiedenen Stellen vorgekommen sein. Wie wir uns dies zu denken haben, zeigt ein Beispiel. Epicharm wird von Eudocia ebenfalls zweimal behandelt, p. 166 als B@40J¬l, p. 193 als n48`F@n@l, letzteres nach dem Vorgange von Laertius Diog. Zu dem Epithekon "n48`F@n@l" kam Epicharm durch unechte, ihm untergeschobene Schriften, einen i"<ã< und (<ä:"4, vgl. Athen. 648 d: doch auch der Charakter seiner echten Dichtungen war (<T:4iÎl (s. den einen Traktat Bgk iT:å*\"l Westerm. p. 161). Hesychius also fand — so ist meine Vermuthung — den Theognis behandelt sowohl in einer <"(k"n¬ Jä< B@40Jä< als auch in einer andern <"(k"n¬ Jä< n48@F`nT<. Es fragt sich nur, wie er zu letzterem Titel kam, den er sonst nirgendswo empfangen hat. Indessen scheint dies Zufall zu sein. Wir würden uns nicht wundern, wenn wir ihn ebenso wie Solon und Phokylides — selbst Ion heißt bei Suid. n48`F@n@l — unter den Philosophen genannt fänden. Wird er doch überall als solcher geschildert. Werden seine Dichtungen nicht von Xenophon bei Stob. Serm. 88 p. 499 bezeichnet als Fb((k":" Bgk <hkfBT< und zwar Bgk kgJl i" i"i\"l <hkfBT<? Faßt ihn Plato legg. I p. 630 nicht auf als Herold der *4i"4@Fb<0, FTnk@Fb<0 und nk`<0F4l im Gegensatz zu Tyrtäus, dem Sänger der <*k\"? Hiermit stimmt zusammen, daß Antisthenes nach Laertius Diog. VI. 16 eine Schrift ethischen Gehaltes verfaßte, deren drei erste Bücher Bgk *4i"4@Fb<0l i" <*kg\"l handelten, die zwei letzten Bgk 1g`(<4*@l; als welcher hier offenbar an Stelle der Tugenden genannt ist, als deren Vertreter er gilt, der nk`<0F4l i" FTnk@Fb<0. Von Plutarch de aud. poet. 2 wird Theognis neben Parmenides und Empedokles gestellt. In der schon angeführten Stelle Athen. VII. 310 A. heißt Archestratos "Ò Jä< ÏR@nV(T< {/F\@*@l ´ 1X@(<4l" d. h. der Lehrer, der Katechismus. Jedenfalls konnte Theognis mit noch größerem Rechte ein Philosoph genannt werden als z. B. Homer, über dessen Philosophie Favorinus, Porphyrius, Maximus Tyrius, Oenomaus und andere schrieben. Was Anaxagoras nach Laertius Diog. II. 11 von Homer gesagt haben soll "JÎ< {?:Zk@L B@\0F4< gÉ<"4 Bgk kgJl i" *4i"4@Fb<0l," das konnte mit gleichem Rechte von Theognis gesagt werden; deshalb durfte ihm eben so gut wie Homer der Philosophentitel beigelegt werden. Wenn Plutarch Sol. c. 3 die Gnomen Solons als n48@F`n@Ll bezeichnet, so gilt dies Beiwort auch für die der solonischen so verwandte Dichtungsart des Theognis. Alles dies zeigt, daß Theognis unter den Philosophen nicht Saul unter den Propheten ist, daß er mit Fug und Recht in einem B\<"> Jä< n48@F`nT< eine stelle finden konnte. Daß er sie auch wirklich fand, beweist die Analogie des Phokylides. Dieser wird im Suidas, also im Hesychius eingeführt: MTiL8\*0l 948ZF4@l n48`F@n@l, Fb(Pk@<@l, 1g`(<4*@l µ< *z ©iVJgk@l :gJ P:k{ §J0 Jä< IkT4iä<, Ï8L:B4V*4 (g(@<`Jgl <hz. Phokylides, der unzertrennliche Gefährte, der Schatten des Theognis im Altherthum, hat den Titel n48`F@n@l bei Hesychius, die Notiz ist somit einer <"(k"n¬ Jä< n48@F`nT<, ebenso wie die des Solon entnommen. Folglich befand sich auch Theognis in derselben <"(k"n¬. Jetzt errathen wir auch, welcher der beiden Artikel des Hesychius der hierhin einschlägige ist. Der zweite offenbar: er enthält nämlich keine Zeitbestimmung, da diese in dem Phokylidesartikel stand. Diese beiden Artikel folgten also einmal direkt auf einander — nicht im Hesychius, der die Namen alphabetisch folgen ließ —sondern in jener historisch geordneten <"(k"n¬ Jä< n48@F`nT<, die das Material für alle Philosophenvitä des Hesychius — oder seiner Quelle — bot. 1X@(<4l 9g("kg×l, so lautet die Notiz über den Philosophen Theognis, §(k"Rg BkÎl 5bk<@< JÎ< "ßJ@Ø ¦kf:g<@< (<T:@8@(\"< *4z ¦8g(g\T< i" ©JXk"l ßB@hZi"l B"k"4<gJ4il. J BV<J" ¦B4iäl. Darum also ist das Paränetische bei der Aufzählung seiner Gedichte betont; wie Solon n48`F@n@l ßB@hZi"l, Phokylides n48`F@n@l B"k"4<XFg4l schrieb, so Theognis ßB@hZi"l B"k"4<gJ4il. Vielleicht könnte zuerst Anstoß erregen "BkÎl 5bk<@< JÎ< "ßJ@Ø ¦kf:g<@<"; es würde sich, könnte man sagen, die Nennung des ¦kf:g<@l schlecht schicken zu der Bezeichnung n48`F@n@l: deshalb könne diese Bemerkung schwerlich aus einer Philosophenvita stammen. Wir dürfen aber den entgegengesetzten Schluß machen. Die ¦kf:g<@4 der Philosophen sind mit der größten Sorgfalt verzeichnet worden. Im Hesychius werden Empedocles, Socrates, Demetrios Phal., Nicomachus, Aeschrion und andere als ¦kf:g<@4 erwähnt, als ¦k"FJ" aber Parmenides, Archelaus, Aristoteles, Theophrast. Für Socrates und Empedocles wird die n48`F@n@l ÊFJ@k\" des Porphyrius citirt, aus der uns auch anderswo ähnliche Stellen bewahrt sind. Porphyrius stützt sich vornehmlich auf Aristoxenus, der die eigentliche Quelle aller Verläumdungen des Socrates ist. Vgl. Luzac lect. Att. §27 p. 246 ff. Aehnliche Tendenzen verfolgten die Werke des Aristippus, den Bergk po. lyr. ed. III p. 617 für einen Anhänger der neuen Akademie hält, während Luzac meint, daß die Schrift Bgk B"8"4l JkLnl dem Cyrenaischen Philosophen untergeschoben sei. Aehnlich war auch das Bestreben des Idomeneus Lampsacenus in der Schrift Bgk Jl Jä< ¦<*`>T< JkLnl: wenn der Titel richtig hergestellt ist, vgl. Luzac lect. §3. p. 113. C. F. Hermann Marburger Progr. 1836 p. VII. Daß nicht sämmtliche Anführungen von ¦kf:g<@4, besonders der Aristoteliker, auf Porphyrius zurückgehen, ist aus Eunap. de vit. soph. p. 3 erweislich, wonach die n48`F@n@l ÊFJ@k\" des Porphyrius sich nur bis Plato erstreckte. Nun handelte P. von Plato im 4. B., s. Cyrill p. 32 ed. Spanhem. Mehr als 5 Bücher gab es aber nicht, vgl. Suidas s. v. A@knbk4@l und Cyrill p. 19. Hier ist aber eine Correktur nöthig. "(kVng4," heißt es von Porphyrius, "*¥ @àJTl ¦< Jè BkfJå $4$8\å Jl n48@F`n@L ÊFJ@k\"l. z+<<X" *¥ Ð<JT< ©BJ i80h<"4 F@n@×l ¦> "ÆJ\"l J@4"bJ0l." Es ist zu schreiben "(kVng4 *¥ @àJTl ¦< Jè BkfJå $4$8\å Jl n48@F`n@L ÊFJ@k\"l, gr *¥ Ð<JT<q {+BJ i80h<"4 iJ8." , ist in 1 verschrieben und daher wieder falsch interpungirt. Auf dise Stelle gründet Menagius observ. in Diog. La. seine Meinung von einer Neunzahl der F@n@Â, ebenso wie Casaubonus. Die Anführungen des 5bk<@l als ¦kf:g<@l macht also keine Schwierigkeit. Schließlich müssen hier auch die viel besprochenen Worte J BV<J" ¦B4iäl erledigt werden. Daß ¦B4iäl nicht bleiben kann, ist unzweifelhaft. ¦B4iäl kann nur heißen 1) "in Hexametern," 2) "in Versen," nie aber "in Distichen." Wenn §B0 von Distichen gesagt wird, so hat es die weitere Bedeutung "Verse," wie z. B. Theog. 22 "1g`(<4*`l ¦FJ4< §B0." Die erste Bedeutung ist für unsere Stelle unmöglich, die zweite ist nach der genaueren Bestimmung "*4z ¦8g(g\T<" höchst unwahrscheinlich. Selbst wenn ¦B4iäl — was ich leugne — "in Distichen" bedeuten könnte, so wäre die Stelle nichts desto weniger corrupt, da ¦B4iäl dann zusammenfallen würde mit *4z ¦8g(g\T<. Ohne die schon gemachten Verbesserungsversuche einzeln zu besprechen, führe ich sogleich die zuletzt gemachte und in Zusammenhang mit diesen Auseinandersetzungen sehr einleuchtende Conjektur K. Diltheys rh. Mus. N. F. XVIII p. 150 ff. an. Er schlägt vor ²h4iäl für ¦B4iäl zu schreiben. Das ist ein Wort, wir es vortrefflich zu einer Philosophenvita stimmt. Mit diesem Nachsatz "J BV<J" ²h4iäl" wendet sich der Verfasser jener Notiz gegen die mögliche Mißdeutung von "BkÎl 5bk<@< JÎ< "ßJ@Ø ¦kf:g<@<." Dagegen sind Diltheys Gründe gegen die oft schon vorgeschlagene Conjektur, §B0 mit einer Zahl, etwa $f, aus ¦B4iäl herauszulesen, nicht zutreffend. "Ich finde," sagt er, "in Ritschls reicher Beispielsammlung für die Stichometrie sammt den Nachträgen — kein einziges Beispiel, daß in ähnlicher Weise zuerst die Verszahl einer einzelnen Schrift, dann die der gesammten Werke desselben Autors angeführt wird, wie dies hier durch Conjektur §B0 ...." machten, gingen von der Voraussetzung einer *4JJ@(k"n\" aus. Nicht eine einzelne Schrift und ihre Zahl wird mit den Worten (<f:"l *4z ¦8g(g\"l gÆl §B0 $f eingeführt, sondern die gesammten Gedichte des Theognis. Jetzt beginnt eine neue Notiz und diese schließt mit einer zusammenfassenden Verszahl. Daß sich z. B. Bergk und Schömann (in schediasm. de Theogn. Greifs. 1861) so die Sachlage vorstellen beweisen ihre Vermuthungen, §B0 $Tlr nach Schömann.— Warum Dilthey die Worte "i" BkÎl 5bk<@< JÎ< "ßJ@Ø ¦kf:g<@< (<T:@8@(\"< *4z ¦8g(g\T<" streichen will, sehe ich nicht ein. Der andere, somit der erste der aufgestellten Hesychiusartikel stammt aus einer <"(k"n¬ Jä< B@40Jä<. Mehreres erregt in demselben unsere Verwunderung. So die Notiz "9g("kg×l Jä< ¦< E4ig8\ 9g("kT<," die einer durchaus irrigen Tradition folgt. So die Heraushebung einer einzelnen Elegie "¦8g(g\"< gÆl J@×l FThX<J"l Jä< ELk"i@LF\T< ¦< J± B@84@ki\‘." Dem, der diese Notiz schrieb, waren also bekannt 1) eine Gnomensammlung. 2) eine Elegie auf ein einzelnes Ereigniß. Nun verfaßte Theognis sicherlich nicht eine Elegie und außerdem eine Spruchsammlung: vielmehr, wenn wir nach den erhaltenen Bruchstücken und nach der Analogie anderer elegischer Dichter urtheilen dürfen, war seine ganze Dichtung Gelegenheitsdichtung. Mitten in den Ereignissen stehend schüttete er seinen Groll, seine Freude in poetischen Sendschreiben an seine Freunde aus. Die einzeln angeführte Elegie war also ein Rest der echten Dichtungen. Die (<ä:"4 waren aus jenen excerpirt. Gezählt aber, somit der Bibliothek einverleibt, wurden nur die (<ä:"4: was will also jene einzeln angeführte Elegie? Die echten Gedichte, das müssen wir festhalten, lagen also dem Verfasser jenes Artikels nicht mehr vor. Im Allgemeinen war die Tradition über die Lebensumstände der Dichter im Alterthum sehr unsicher und spärlich. So hatte man auch keine sichere Kunde über den Heimathsort des Theognis. Man wußte, daß er aus Megara stammte, aber man schwankte, ob aus dem attischen oder ficitischen Megara. Grund zu der letzten Annahme bot eine Stelle aus Platos legg. I p. 630 A., die man mißverstand. Zu derselben bemerkt das Scholion: "Bgk 1g`(<4*@l i" Jl i"Jz "ÛJÎ< J"bJ0l ÊFJ@k\"l :n4$@8\" B@88¬ ¦(X<gJ@ J@Ãl B"8"4@Ãl i" @Ê :X< n"F4< "ÛJÎ< 9g(VkT< (g(g<Fh"4 Jl z!JJ4il. @àJTl Ò )\*L:@l ¦B4nL`:g<@l Jè A8VJT<4 ñl B"k4FJ@k@Ø<J4. @Ê *¥ ÓJ4 ¦i E4ig8\"l iJ8."18 Auf dies Urtheil des Didymus geht auch offenbar folgende Stelle im Harpocration zurück: "@âJ@l *z µ< 9g("kg×l BÎ Jä< BkÎl J± z!JJ4i± 9g(VkT<q "ÛJÎl (Vk n0F4< Ò B@40JZl. {µ8h@< :¥< (k §(T(g i" ¦l E4ig8Z< B@Jg ("Ã"<z (V. 783 ff.) ø :¬ ¦B4FJZFLl A8VJT< ¦< "r <`:T< Jä< ¦< E4ig8\ 9g("kXT< B@8\J0< §n"Fig<q i"J0i@8@bh0F"< *¥ Jø A8VJT<4 @Ûi Ï8\(@4." Wenn es nun keine feste Tradition gab, wenn für die eine Ansicht Plato, für die andere eine Stelle des Dichters angeführte wurde, so mußte es von Gewicht sein, wenn in einem Gedicht sich Theognis deutlich als Sikuler gab. Das that er offenbar in der Elegie "gÆl J@×l FThX<J"l Jä< ELk"i@F\T< iJ8," die irgend ein Grammatiker, wahrscheinlich als Citat anderswo vorfand und sie für seine Ansicht geltend machte. Diese Elegie ist also in unserm Artikel nur ein Zeugniß für den Satz "9g("kg×l Jä< ¦i E4ig8\"l 9g(VkT<." Aehnlich dachte übrigens über Elegie schon Elias Vinetus und neuerdings Hecker Philol. 5 p. 473; "unde," sagt letzter, "fluxisse videtur fama de Theognide Sicilia et urbe quidem Megaris oriundo."19 Auf derartige Schlüsse aus den Dichtungen heraud waren die Alexandriner und die andern zeitgenössischen Grammatiker bei litterarhistorischen Untersuchungcn zumeist angewiesen. Wenn Kratea den Alcman (vgl. Suid. s. v. z!8i:<) für einen 7L*Îl ¦i EVk*gT< erklärte, so berief er sich sicherlich auf Fr. 20 des Alkman (vgl. Bergk) "88 E"k*\T<." In einem (X<@l ;4iV<*k@L (Westerm. 61) werden die Argumente des Dionysius Phaselites angegeben, nach denen er das Leben des Nicander bestimmte, sämmtlich aus den Gedichten entnommen. Suid. s. v. )4@<bF4@l 9@LFT<\@L findet sich ein analoger Fall: "ßB@8":$V<T ÓJ4 )4@<bF4@l Ò Bgk40(0J¬l #L.V<J4@l (leg. #4hL<`l Voss. de hist. Gr. p. 217) µ< *4 JÎ< B@J":Î< {CZ$"<." Ja, "z!k4FJ`*0:@l Ò ;LF"4g×l, wie es im sechsten {?:Zk@L (X<@l bei Westermann heißt, "{CT:"Ã@< "ÛJÎ< ({_:0k@<) B@*g\i<LF4< §i J4<T< ²hä< ÕT:"Ïiä<." Später dienten wieder Stellen callimacheischer Gedichte zur Begründung einer litterarhistorischen Ansicht z. B. Suidas s. v. "zS8¬< — :88@< *¥ 7bi4@l BÎ =V<h@< ñl *08@à 5"88\:"P@l i"Â Ò B@8LÃFJTk ¦< J@Ãl Bgk 7Li\"l." Gemeint ist hymn. in Del. V. 304-5 "7Li\@4@ (Xk@<J@l, Ó< J@4 BÎ =V<h@4@ hg`Bk@B@l ³("(g< zS80<." Vgl. Suid. s. v. *4hLk":$@*4*VFi"8@4. Unsere Notiz zeigt also einen Standpunkt in den Theognideischen Fragen der vor Didymus liegt. Für M. Schmidt freilich, der die Meinung vertritt, daß die litterarhistorischen Artikel des Suidas auf Didymus — nach seiner Vermuthung zwar auf Didymus :@LF4iÎl — zurückgehen, ist diese Theognisstelle im Suidas besonders peinlich. Er nimmt also einen großen Ausfall an p. 394 und schreibt also: 9g("kg×l BÎ Jä< BkÎl J± z!JJ4i± 9g(VkT<, B@8\J0l *¥ Jä< ¦< E4ig8\: wodurch er für sich zwar den Knoten zerhaut. Aber die völlig gleichlautende Fassung der Stelle in der Eudocia verbietet an diesen Ausfall zu denken. Dazu kommt, daß Didymus — weder Ò P"8iX<Jgk@l, noch Ò :@LF4i`l — überhaupt nicht der Gewährsmann der litterarhistorischen Artikel im Hesychius sein kann. Dagegen spricht schon, daß nach dem Beweise Bergks Poet. lyr. gr. III Aufl. p. 380 ff. der index Pindarischer Gedichte im Suidas, also im Hesychius, vor Aristophanes v. Byzanz gemacht sein muß, also wahrscheinlich aus den B\<"igl des Callimachus stammt, vielleicht aber noch älter ist. Die Citate aber aller Grammatiker nach Aristophanes von Byzanz folgen der neuen Anordnung der Gedichte, die von diesem herrührt. Ueberhaupt glaube ich, daß der Zusammenhang des Hesychischen B\<"> Jä< ¦< B"4*g\ Ï<@:"FJä< mit den Callimacheischen B\<"igl Jä< ¦< B"4*g\ 8":RV<JT< ein viel engerer und direkterer ist als man gemeinlich annimmt: was ich hier nicht auszuführen habe. Jedenfalls aber geht unsere Theognisnotiz auf jene Zeit zurück 1) der Zahl, gÆl §B0 $f, wegen, Ritschl alex. Bibl. p. 92. 103 ff. und index schol. Bonnens. 1840-41. 2) der vordidymeischen Ansicht halber "1X@(<4l 9g("kg×l Jä< ¦< E4ig8\ 9g("kT<," endlich 3) weil die vitae der Lyriker überhaupt aus jenen gelehrten bibliothekarischen Studien der Alexandriner stammen.20 Daher kommt es, daß sie so viele gemeinsame Züge aufweisen z. B. Zeitbestimmungen nach persischer und indischer Geschichte, Bezeichnung des Dialekts, alphabetische Folge der Gedichte, Zeitrechnung nach Vorgängern, auch nach den 7 Weisen, Aufzählung der gßkZ:"J" eines Jeden, endlich Gleichartigkeit in der Anlage der Artikel. Die Alexandriner also — das wäre unser Resultat — befaßen von Theognis nur noch eine Gnomensammlung. Somit wäre die Entstehung dieser Sammlung in die Zeit zwischen Plato und Ptolemäus Philadelphus zu setzen. Diese Sammlung also war es, die Plutarch, Athenäus, Julian und Cyrill in den Händen hatten, die ihr Urtheil über die Dichtungsart des Theognis bestimmte.
_________________ §(k"Rg< Ï<@:"J@8`(@< ´ B\<"i" Jä< ¦< B"4*g\ Ï<@:"FJä<, @â ¦B4J@:Z ¦FJ4 J@ØJ@ JÎ $4$8\@<. Im Allgemeinen stimmen Suidas und Eudocia in den litterarhistorischen Artikeln wörtlich überein: folglich schrieben sie beide wörtlich ab. Daß aber Suidas aus dem ursprünglichen B\<"> des Hesychius abgeschrieben habe, dem widersprechen die hervorgehobenen Worte. Vielmehr lag ihm, so wie der Eudocia ein Epitome des Hesychius vor, deren Prolog eben jener Suidasartikel s. v. {/FbP4@l bildete. Hierin bin ich durchaus mit der Erörterung O. Volkmanns in der symb. Bonn. II p. 729 adnot. einverstanden. |