COPYRIGHT NOTICE: The content of this website, including text and images, is the property of The Nietzsche Channel. Reproduction in any form is strictly prohibited. © The Nietzsche Channel. Ecce Homo Wie man wird, was man ist. 1888. Die fröhliche Wissenschaft. ("La gaya scienza.")
Die "Morgenröthe" ist ein
jasagendes Buch, tief, aber hell und
gütig. Dasselbe gilt noch einmal und im
höchsten Grade von der gaya scienza:
fast in jedem Satz derselben halten sich
Tiefsinn und Muthwillen zärtlich an der
Hand. Ein Vers, welcher die Dankbarkeit
für den wunderbarsten Monat Januar
ausdrückt, den ich erlebt habe—das
ganze Buch ist sein Geschenk—verräth
zur Genüge, aus welcher Tiefe heraus
hier die "Wissenschaft" fröhlich
geworden ist:
Der du mit dem
Flammenspeere
Meiner Seele Eis zertheilt,
Dass sie brausend nun zum Meere
Ihrer höchsten Hoffnung eilt:
Heller stets und stets gesunder,
Frei im liebevollsten Muss
Also preist sie deine Wunder,
Schönster Januarius!
Was
hier "höchste Hoffnung"
heisst, wer kann darüber im Zweifel
sein, der als Schluss des vierten Buchs
die diamantene Schönheit der ersten
Worte des Zarathustra aufglänzen sieht?—
Oder der die granitnen Sätze am Ende des
dritten Buchs liest, mit denen sich ein
Schicksal für alle Zeiten zum
ersten Male in Formeln fasst?— Die
Lieder des Prinzen Vogelfrei, zum
besten Theil in Sicilien gedichtet,
erinnern ganz ausdrücklich an den
provencialischen Begriff der "gaya
scienza," an jene Einheit von Sänger,
Ritter und Freigeist, mit
der sich jene wunderbare Frühkultur der
Provencalen gegen alle zweideutigen
Culturen abhebt; das allerletzte Gedicht
zumal, "anden Mistral,"
ein ausgelassenes Tanzlied, in dem, mit
Verlaub! über die Moral hinweggetanzt
wird, ist ein vollkommner
Provençalismus. —
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