COPYRIGHT NOTICE: The content of this website, including text and images, is the property of The Nietzsche Channel. Reproduction in any form is strictly prohibited. © The Nietzsche Channel. Ecce Homo Wie man wird, was man ist. 1888. Jenseits von Gut und Böse. Vorspiel einer Philosophie der Zukunft.
1
Die Aufgabe für die
nunmehr folgenden Jahre war so streng als
möglich vorgezeichnet. Nachdem der
jasagende Theil meiner Aufgabe gelöst
war, kam die neinsagende, neinthuende
Hälfte derselben an die Reihe: die
Umwerthung der bisherigen Werthe selbst,
der grosse Krieg,die
Heraufbeschwörung eines Tags der
Entscheidung. Hier ist eingerechnet der
langsame Umblick nach Verwandten, nach
Solchen, die aus der Stärke heraus zum
Vernichten mir die Hand bieten
würden. Von da an sind alle meine
Schriften Angelhaken: vielleicht verstehe
ich mich so gut als jemand auf Angeln?
... Wenn Nichts sich fieng, so
liegt die Schuld nicht an mir. Die
Fische fehlten ...
2
Dies Buch (1886) ist in
allem Wesentlichen eine Kritik der
Modernität, die modernen
Wissenschaften, die modernen Künste,
selbst die moderne Politik nicht
ausgeschlossen, nebst Fingerzeigen zu
einem Gegensatz-Typus, der so wenig
modern als möglich ist, einem vornehmen,
einem jasagenden Typus. Im letzteren
Sinne ist das Buch eine Schule des gentilhomme,
der Begriff geistiger und radikaler
genommen als er je genommen worden ist.
Man muss Muth im Leibe haben, ihn auch
nur auszuhalten, man muss das Fürchten
nicht gelernt haben ... Alle die Dinge,
worauf das Zeitalter stolz ist, werden
als Widerspruch zu diesem Typus
empfunden, als schlechte Manieren
beinahe, die berühmte
"Objektivität" zum Beispiel,
das "Mitgefühl mit allem
Leidenden," der "historische
Sinn" mit seiner Unterwürfigkeit
vor fremdem Geschmack, mit seinem
Auf-dem-Bauch-liegen vor petits faits,
die
"Wissenschaftlichkeit."
Erwägt man, dass das Buch nach
dem Zarathustra folgt, so erräth man
vielleicht auch das diätetische régime,
dem es eine Entstehung verdankt. Das
Auge, verwöhnt durch eine ungeheure
Nöthigung fern zu
sehnZarathustra ist weitsichtiger
noch als der Czar, wird hier
gezwungen, das Nächste, die Zeit, das Um-uns
scharf zu fassen. Man wird in allen
Stücken, vor Allem auch in der Form,
eine gleiche willkürliche Abkehr
von den Instinkten finden, aus denen ein
Zarathustra möglich wurde. Das
Raffinement in Form, in Absicht, in der
Kunst des Schweigens, ist im
Vordergrunde, die Psychologie wird mit
eingeständlicher Härte und Grausamkeit
gehandhabt,das Buch entbehrt jedes
gutmüthigen Worts ... Alles das erholt:
wer erräth zuletzt, welche Art
Erholung eine solche Verschwendung von
Güte, wie der Zarathustra ist, nöthig
macht? ... Theologisch geredetman
höre zu, denn ich rede selten als
Theologewar es Gott selber, der
sich als Schlange am Ende seines
Tagewerks unter den Baum der Erkenntniss
legte: er erholte sich so davon, Gott zu
sein ... Er hatte Alles zu schön gemacht
... Der Teufel ist bloss der Müssiggang
Gottes an jedem siebenten Tage ...
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