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Jenseits von Gut und Böse
Vorspiel einer Philosophie der Zukunft.1886.
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Beyond
Good and Evil
Prelude to a Philosophy of the Future.1886.
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VIII. Völker und Vaterländer.
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VIII. Peoples and Fatherlands.
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Ich hörte, wieder einmal zum ersten Male—Richard Wagner's Ouverture zu den Meistersingern: das ist eine prachtvolle, überladene, schwere und späte Kunst, welche den Stolz hat, zu ihrem Verständniss zwei Jahrhunderte Musik als noch lebendig vorauszusetzen:—es ehrt die Deutschen, dass sich ein solcher Stolz nicht verrechnete! Was für Säfte und Kräfte, was für Jahreszeiten und Himmelsstriche sind hier nicht gemischt! Das muthet uns bald alterthümlich, bald fremd, herb und überjung an, das ist ebenso willkürlich als pomphaft-herkömmlich, das ist nicht selten schelmisch, noch öfter derb und grob,—das hat Feuer und Muth und zugleich die schlaffe falbe Haut von Früchten, welche zu spät reif werden. Das strömt breit und voll: und plötzlich ein Augenblick unerklärlichen Zögerns, gleichsam eine Lücke, die zwischen Ursache und Wirkung aufspringt, ein Druck, der uns träumen macht, beinahe ein Alpdruck—, aber schon breitet und weitet sich wieder der alte Strom von Behagen aus, von vielfältigstem Behagen, von altem und neuem Glück, sehr eingerechnet das Glück des Künstlers an sich selber, dessen er nicht Hehl haben will, sein erstauntes glückliches Mitwissen um die Meisterschaft seiner hier verwendeten Mittel, neuer neuerworbener unausgeprobter Kunstmittel, wie er uns zu verrathen scheint. Alles in Allem keine Schönheit, kein Süden, Nichts von südlicher feiner Helligkeit des Himmels, Nichts von Grazie, kein Tanz, kaum ein Wille zur Logik; eine gewisse Plumpheit sogar, die noch unterstrichen wird, wie als ob der Künstler uns sagen wollte: "sie gehört zu meiner Absicht"; eine schwerfällige Gewandung, etwas Willkürlich-Barbarisches und Feierliches, ein Geflirr von gelehrten und ehrwürdigen Kostbarkeiten und Spitzen; etwas Deutsches, im besten und schlimmsten Sinn des Wortes, etwas auf deutsche Art Vielfaches, Unförmliches und Unausschöpfliches; eine gewisse deutsche Mächtigkeit und Überfülle der Seele, welche keine Furcht hat, sich unter die Raffinements des Verfalls zu verstecken,—die sich dort vielleicht erst am wohlsten fühlt; ein rechtes ächtes Wahrzeichen der deutschen Seele, die zugleich jung und veraltet, übermürbe und überreich noch an Zukunft ist. Diese Art Musik drückt am besten aus, was ich von den Deutschen halte: sie sind von Vorgestern und von Übermorgen,—sie haben noch kein Heute. |
I have heard, once again for the first time—Richard Wagner's overture to the Meistersinger: it is a magnificent, overladen, heavy and late art which has the pride to presuppose for its understanding that two centuries of music are still living—it is to the credit of the Germans that such a pride was not misplaced! What forces and juices, what seasons and zones are not mixed together here! Now it seems archaic, now strange, acid and too young, it is as arbitrary as it is pompous-traditional, it is not infrequently puckish, still more often rough and uncouth—it has fire and spirit and at the same time the loose yellow skin of fruits which ripen too late. It flows broad and full: and suddenly a moment of inexplicable hesitation, as it were a gap between cause and effect, a pressure [ein Druck] that makes us dream, almost a nightmare [ein Alpdruck]—, but already the old stream of wellbeing broadens and widens again, the stream of the most manifold wellbeing, of happiness old and new, very much including the happiness of the artist in himself, which he has no desire to conceal, his happy, astonished knowledge of the masterliness of the means he is here employing, new, newly acquired, untried artistic means, as his art seems to betray to us. All in all, no beauty, nothing of the south or of subtle southerly brightness of sky, nothing of gracefulness, no dance, hardly any will to logic; a certain clumsiness, even, which is actually emphasized, as if the artist wanted to say: "it is intentional"; a cumbersome drapery, something capriciously barbarous and solemn, a fluttering of venerable learned lace and conceits; something German in the best and worst sense of the word, something manifold, formless and inexhaustible in the German fashion; a certain German powerfulness and overfullness of soul which is not afraid to hide itself among the refinements of decay—which perhaps feels itself most at ease there; a true, genuine token of the German soul, which is at once young and aged, over-mellow and still too rich in future. This kind of music best expresses what I consider true of the Germans: they are of the day before yesterday and the day after tomorrow—they have as yet no today. |
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Wir "guten Europäer": auch wir haben Stunden, wo wir uns eine herzhafte Vaterländerei, einen Plumps und Rückfall in alte Lieben und Engen gestatten—ich gab eben eine Probe davon—, Stunden nationaler Wallungen, patriotischer Beklemmungen und allerhand anderer alterthümlicher Gefühls-Überschwemmungen. Schwerfälligere Geister, als wir sind, mögen mit dem, was sich bei uns auf Stunden beschränkt und in Stunden zu Ende spielt, erst in längeren Zeiträumen fertig werden, in halben Jahren die Einen, in halben Menschenleben die Anderen, je nach der Schnelligkeit und Kraft, mit der sie verdauen und ihre "Stoffe wechseln." Ja, ich könnte mir dumpfe zögernde Rassen denken, welche auch in unserm geschwinden Europa halbe Jahrhunderte nöthig hätten, um solche atavistische Anfälle von Vaterländerei und Schollenkleberei zu überwinden und wieder zur Vernunft, will sagen zum "guten Europäerthum" zurückzukehren. Und indem ich über diese Möglichkeit ausschweife, begegnet mir's, dass ich Ohrenzeuge eines Gesprächs von zwei alten "Patrioten" werde,—sie hörten beide offenbar schlecht und sprachen darum um so lauter. "Der [Otto von Bismarck] hält und weiss von Philosophie so viel als ein Bauer oder Corpsstudent"—sagte der Eine—: "der ist noch unschuldig. Aber was liegt heute daran! Es ist das Zeitalter der Massen: die liegen vor allem Massenhaften auf dem Bauche. Und so auch in politicis. Ein Staatsmann, der ihnen einen neuen Thurm von Babel, irgend ein Ungeheuer von Reich und Macht aufthürmt, heisst ihnen 'gross':—was liegt daran, dass wir Vorsichtigeren und Zurückhaltenderen einstweilen noch nicht vom alten Glauben lassen, es sei allein der grosse Gedanke, der einer That und Sache Grösse giebt. Gesetzt, ein Staatsmann brächte sein Volk in die Lage, fürderhin 'grosse Politik' treiben zu müssen, für welche es von Natur schlecht angelegt und vorbereitet ist: so dass es nöthig hätte, einer neuen zweifelhaften Mittelmässigkeit zu Liebe seine alten und sicheren Tugenden zu opfern,—gesetzt, ein Staatsmann verurtheilte sein Volk zum 'Politisiren' überhaupt, während dasselbe bisher Besseres zu thun und zu denken hatte und im Grunde seiner Seele einen vorsichtigen Ekel vor der Unruhe, Leere und lärmenden Zankteufelei der eigentlich politisirenden Völker nicht los wurde:—gesetzt, ein solcher Staatsmann stachle die eingeschlafnen Leidenschaften und Begehrlichkeiten seines Volkes auf, mache ihm aus seiner bisherigen Schüchternheit und Lust am Danebenstehn einen Flecken, aus seiner Ausländerei und heimlichen Unendlichkeit eine Verschuldung, entwerthe ihm seine herzlichsten Hänge, drehe sein Gewissen um, mache seinen Geist eng, seinen Geschmack 'national,'—wie! ein Staatsmann, der dies Alles thäte, den sein Volk in alle Zukunft hinein, falls es Zukunft hat, abbüssen müsste, ein solcher Staatsmann wäre gross?" "Unzweifelhaft!" antwortete ihm der andere alte Patriot heftig: "sonst hätte er es nicht gekonnt! Es war toll vielleicht, so etwas zu wollen? Aber vielleicht war alles Grosse im Anfang nur toll!"— "Missbrauch der Worte! schrie sein Unterredner dagegen:—stark! stark! stark und toll! Nicht gross!"— Die alten Männer hatten sich ersichtlich erhitzt, als sie sich dergestalt ihre "Wahrheiten" in's Gesicht schrieen; ich aber, in meinem Glück und Jenseits, erwog, wie bald über den Starken ein Stärkerer Herr werden wird; auch dass es für die geistige Verflachung eines Volkes eine Ausgleichung giebt, nämlich durch die Vertiefung eines anderen. — |
We "good Europeans": we too have our hours when we permit ourselves a warm-hearted patriotism, a lapse and regression into old loves and narrownesses—I have just given an example of it—hours of national ebullition, of patriotic palpitations and floods of various outmoded feelings. More ponderous spirits than we may have done with what in our case is confined to a few hours and is then over only after a longer period: one takes half a year, another half a life, according to the speed and power with which he digests it and of his "metabolism." ["Stoffe wechseln."] Indeed, I can imagine dull, sluggish races which, even in our fast-moving Europe, would need half a century to overcome such atavistic attacks of patriotism and cleaving to one's native soil and to be restored to reason, I mean to "good Europeanism." And, while digressing on this possibility, I chanced to become the ear-witness of a conversation between two old "patriots"—it is clear they were both hard of hearing and thus spoke all the louder. "He [Chancellor Otto von Bismarck (1815-98)] has and knows as much philosophy as a peasant or a fraternity student," said one of them: "he is still innocent. But what does that matter nowadays! It is the age of the masses: they fall on their faces before anything massive. And in politics likewise. A statesman who builds for them another Tower of Babel, some monstrosity of empire and power, they call 'great'—what does it matter if we, more cautious and reserved than they, persist in the old belief that it is the great idea alone which can bestow greatness on a deed or a cause. Suppose a statesman were to put his nation in the position of having henceforth to pursue 'grand politics,' for which it was ill equipped and badly prepared by nature, so that it had to sacrifice its old and sure virtues for the sake of a new and doubtful mediocrity—suppose a statesman were to condemn his nation to 'politicizing' at all, while that nation had hitherto had something better to do and think about and in the depths of its soul still retained a cautious disgust for the restlessness, emptiness and noisy wrangling of those nations which actually do practice politics—suppose such a statesman were to goad the slumbearing passions and desires of his nation, turn its former diffidence and desire to stand aside into a stigma and its predilection for foreign things and its secret infiniteness into a fault, devalue its most heartfelt inclinations in its own eyes, reverse its conscience, make its mind narrow and its taste 'national'—what! a statesman who did all this, a statesman for whom his nation would have to atone for all future time, assuming it had a future—would such a statesman be great?" "Undoubtedly!" the other patriot replied vehemently: "otherwise he would not have been able to do it! Perhaps you may say it was mad to want to do such a thing? But perhaps everything great has been merely mad to begin with!"— "Misuse of words!" cried the other:—"strong! strong! strong and mad! Not great!"— The old men had obviously grown heated as they thus shouted their "truths" in one another's faces; I, however, in my happiness and beyond, considered how soon a stronger will become master of the strong; and also that when one nation becomes spiritually shallower there is a compensation for it: another nation becomes deeper. — |
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Nenne man es nun "Civilisation" oder "Vermenschlichung" oder "Fortschritt," worin jetzt die Auszeichnung der Europäer gesucht wird; nenne man es einfach, ohne zu loben und zu tadeln, mit einer politischen Formel die demokratische Bewegung Europa's: hinter all den moralischen und politischen Vordergründen, auf welche mit solchen Formeln hingewiesen wird, vollzieht sich ein ungeheurer physiologischer Prozess, der immer mehr in Fluss geräth,—der Prozess einer Anähnlichung der Europäer, ihre wachsende Loslösung von den Bedingungen, unter denen klimatisch und ständisch gebundene Rassen entstehen, ihre zunehmende Unabhängigkeit von jedem bestimmten milieu, das Jahrhunderte lang sich mit gleichen Forderungen in Seele und Leib einschreiben möchte,—also die langsame Heraufkunft einer wesentlich übernationalen und nomadischen Art Mensch, welche, physiologisch geredet, ein Maximum von Anpassungskunst und -kraft als ihre typische Auszeichnung besitzt. Dieser Prozess des werdenden Europäers, welcher durch grosse Rückfälle im Tempo verzögert werden kann, aber vielleicht gerade damit an Vehemenz und Tiefe gewinnt und wächst—der jetzt noch wüthende Sturm und Drang des "National-Gefühls" gehört hierher, insgleichen der eben heraufkommende Anarchismus—: dieser Prozess läuft wahrscheinlich auf Resultate hinaus, auf welche seine naiven Beförderer und Lobredner, die Apostel der "modernen Ideen," am wenigsten rechnen möchten. Die selben neuen Bedingungen, unter denen im Durchschnitt eine Ausgleichung und Vermittelmässigung des Menschen sich herausbilden wird—ein nützliches arbeitsames, vielfach brauchbares und anstelliges Heerdenthier Mensch—, sind im höchsten Grade dazu angethan, Ausnahme-Menschen der gefährlichsten und anziehendsten Qualität den Ursprung zu geben. Während nämlich jene Anpassungskraft, welche immer wechselnde Bedingungen durchprobirt und mit jedem Geschlecht, fast mit jedem Jahrzehend, eine neue Arbeit beginnt, die Mächtigkeit des Typus gar nicht möglich macht; während der Gesammt-Eindruck solcher zukünftiger Europäer wahrscheinlich der von vielfachen geschwätzigen willensarmen und äusserst anstellbaren Arbeitern sein wird, die des Herrn, des Befehlenden bedürfen wie des täglichen Brodes; während also die Demokratisirung Europa's auf die Erzeugung eines zur Sklaverei im feinsten Sinne vorbereiteten Typus hinausläuft: wird, im Einzel- und Ausnahmefall, der starke Mensch stärker und reicher gerathen müssen, als er vielleicht jemals bisher gerathen ist,—Dank der Vorurtheilslosigkeit seiner Schulung, Dank der ungeheuren Vielfältigkeit von Übung, Kunst und Maske. Ich wollte sagen: die Demokratisirung Europa's ist zugleich eine unfreiwillige Veranstaltung zur Züchtung von Tyrannen,—das Wort in jedem Sinne verstanden, auch im geistigsten. |
Whether that which now distinguishes the European be called "civilization" or "humanization" or "progress"; whether one calls it simply, without implying any praise or blame, the democratic movement in Europe: behind all the moral and political foregrounds indicated by such formulas a great physiological process is taking place and gathering greater and ever greater impetus—the process of the assimilation of all Europeans, their growing detachment from the conditions under which races dependent on climate and class originate, their increasing independence of any definite milieu which, through making the same demands for centuries, would like to inscribe itself on soul and body—that is to say, the slow emergence of an essentially supra-national and nomadic type of man which, physiologically speaking, possesses as its typical distinction a maximum of the art and power of adaptation. This process of the becoming European, the tempo of which can be retarded by great relapses but which will perhaps precisely through them gain in vehemence and depth—the still-raging storm and stress of "national feeling" belongs here, likewise the anarchism now emerging—: this process will probably lead to results which its naive propagators and panegyrists, the apostles of "modern ideas," would be least inclined to anticipate. The same novel conditions which will on average create a leveling and mediocritizing of man—a useful, industrious, highly serviceable and able herd-animal man—are adapted in the highest degree to giving rise to exceptional men of the most dangerous and enticing quality. For while that power of adaptation which continually tries out changing conditions and begins a new labor with every new generation, almost with every new decade, cannot make possible the powerfulness of the type; while the total impression produced by such future Europeans will probably be that of multifarious, garrulous, weak-willed and highly employable workers who need a master, a commander, as they need their daily bread; while, therefore, the democratization of Europe will lead to the production of a type prepared for slavery in the subtlest sense: in individual and exceptional cases the strong man will be found to turn out stronger and richer than has perhaps ever happened before—thanks to the unprejudiced nature of his schooling, thanks to the tremendous multiplicity of practice, art and mask. What I mean to say is that the democratization of Europe is at the same time an involuntary arrangement for the breeding of tyrants—in every sense of that word, including the most spiritual. |
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Ich höre mit Vergnügen, dass unsre Sonne in rascher Bewegung gegen das Sternbild des Herkules hin begriffen ist: und ich hoffe, dass der Mensch auf dieser Erde es darin der Sonne gleich thut. Und wir voran, wir guten Europäer! — |
I hear with pleasure that our sun is moving rapidly in the direction of the constellation of Hercules: and I hope that men on the earth will in this matter emulate the sun. And we at their head, we good Europeans! — |
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Es gab eine Zeit, wo man gewohnt war, die Deutschen mit Auszeichnung "tief" zu nennen: jetzt, wo der erfolgreichste Typus des neuen Deutschthums nach ganz andern Ehren geizt und an Allem, was Tiefe hat, vielleicht die "Schneidigkeit" vermisst, ist der Zweifel beinahe zeitgemäss und patriotisch, ob man sich ehemals mit jenem Lobe nicht betrogen hat: genug, ob die deutsche Tiefe nicht im Grunde etwas Anderes und Schlimmeres ist—und Etwas, das man, Gott sei Dank, mit Erfolg loszuwerden im Begriff steht. Machen wir also den Versuch, über die deutsche Tiefe umzulernen: man hat Nichts dazu nöthig, als ein wenig Vivisektion der deutschen Seele.— Die deutsche Seele ist vor Allem vielfach, verschiedenen Ursprungs, mehr zusammen- und übereinandergesetzt, als wirklich gebaut: das liegt an ihrer Herkunft. Ein Deutscher, der sich erdreisten wollte, zu behaupten "zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust" [Goethe: Faust, I, 1112.] würde sich an der Wahrheit arg vergreifen, richtiger, hinter der Wahrheit um viele Seelen zurückbleiben. Als ein Volk der ungeheuerlichsten Mischung und Zusammenrührung von Rassen, vielleicht sogar mit einem Übergewicht des vor-arischen Elementes, als "Volk der Mitte" in jedem Verstande, sind die Deutschen unfassbarer, umfänglicher, widerspruchsvoller, unbekannter, unberechenbarer, überraschender, selbst erschrecklicher, als es andere Völker sich selber sind:—sie entschlüpfen der Definition und sind damit schon die Verzweiflung der Franzosen. Es kennzeichnet die Deutschen, dass bei ihnen die Frage "was ist deutsch?" niemals ausstirbt. Kotzebue kannte seine Deutschen gewiss gut genug: "Wir sind erkannt" jubelten sie ihm zu,—aber auch Sand [Karl Ludwig Sand, Mörder Kotzebues.] glaubte sie zu kennen. Jean Paul wusste, was er that, als er sich ergrimmt gegen Fichte's verlogne, aber patriotische Schmeicheleien und Übertreibungen erklärte,—aber es ist wahrscheinlich, dass Goethe anders über die Deutschen dachte, als Jean Paul, wenn er ihm auch in Betreff Fichtens Recht gab. Was Goethe eigentlich über die Deutschen gedacht hat?— Aber er hat über viele Dinge um sich herum nie deutlich geredet und verstand sich zeitlebens auf das feine Schweigen:—wahrscheinlich hatte er gute Gründe dazu. Gewiss ist, dass es nicht "die Freiheitskriege" waren, die ihn freudiger aufblicken liessen, so wenig als die französische Revolution,—das Ereigniss, um dessentwillen er seinen Faust, ja das ganze Problem "Mensch" umgedacht hat, war das Erscheinen Napoleon's. Es giebt Worte Goethe's, in denen er, wie vom Auslande her, mit einer ungeduldigen Härte über Das abspricht, was die Deutschen sich zu ihrem Stolze rechnen: das berühmte deutsche Gemüth definirt er einmal als "Nachsicht mit fremden und eignen Schwächen." [Goethe: Maximen und Reflexionen, 340.] Hat er damit Unrecht?—es kennzeichnet die Deutschen, dass man über sie selten völlig Unrecht hat. Die deutsche Seele hat Gänge und Zwischengänge in sich, es giebt in ihr Höhlen, Verstecke, Burgverliesse; ihre Unordnung hat viel vom Reize des Geheimnissvollen; der Deutsche versteht sich auf die Schleichwege zum Chaos. Und wie jeglich Ding sein Gleichniss liebt, so liebt der Deutsche die Wolken und Alles, was unklar, werdend, dämmernd, feucht und verhängt ist: das Ungewisse, Unausgestaltete, Sich-Verschiebende, Wachsende jeder Art fühlt er als "tief." Der Deutsche selbst ist nicht, er wird, er "entwickelt sich." "Entwicklung" ist deshalb der eigentlich deutsche Fund und Wurf im grossen Reich philosophischer Formeln:—ein regierender Begriff, der, im Bunde mit deutschem Bier und deutscher Musik, daran arbeitet, ganz Europa zu verdeutschen. Die Ausländer stehen erstaunt und angezogen vor den Räthseln, die ihnen die Widerspruchs-Natur im Grunde der deutschen Seele aufgiebt (welche Hegel in System gebracht, Richard Wagner zuletzt noch in Musik gesetzt hat). "Gutmüthig und tückisch"—ein solches Nebeneinander, widersinnig in Bezug auf jedes andre Volk, rechtfertigt sich leider zu oft in Deutschland: man lebe nur eine Zeit lang unter Schwaben! Die Schwerfälligkeit des deutschen Gelehrten, seine gesellschaftliche Abgeschmacktheit verträgt sich zum Erschrecken gut mit einer innewendigen Seiltänzerei und leichten Kühnheit, vor der bereits alle Götter das Fürchten gelernt haben. Will man die "deutsche Seele" ad oculos demonstrirt, so sehe man nur in den deutschen Geschmack, in deutsche Künste und Sitten hinein: welche bäurische Gleichgültigkeit gegen "Geschmack"! Wie steht da das Edelste und Gemeinste neben einander! Wie unordentlich und reich ist dieser ganze Seelen-Haushalt! Der Deutsche schleppt an seiner Seele; er schleppt an Allem, was er erlebt. Er verdaut seine Ereignisse schlecht, er wird nie damit "fertig"; die deutsche Tiefe ist oft nur eine schwere zögernde "Verdauung." Und wie alle Gewohnheits-Kranken, alle Dyspeptiker den Hang zum Bequemen haben, so liebt der Deutsche die "Offenheit" und "Biederkeit": wie bequem ist es, offen und bieder zu sein!— Es ist heute vielleicht die gefährlichste und glücklichste Verkleidung, auf die sich der Deutsche versteht, dies Zutrauliche, Entgegenkommende, die-Karten-Aufdeckende der deutschen Redlichkeit: sie ist seine eigentliche Mephistopheles-Kunst, mit ihr kann er es "noch weit bringen"! [Goethe: Faust, I, 573.] Der Deutsche lässt sich gehen, blickt dazu mit treuen blauen leeren deutschen Augen—und sofort verwechselt das Ausland ihn mit seinem Schlafrocke!— Ich wollte sagen: mag die "deutsche Tiefe" sein, was sie will,—ganz unter uns erlauben wir uns vielleicht über sie zu lachen?—wir thun gut, ihren Anschein und guten Namen auch fürderhin in Ehren zu halten und unsern alten Ruf, als Volk der Tiefe, nicht zu billig gegen preussische "Schneidigkeit" und Berliner Witz und Sand zu veräussern. Es ist für ein Volk klug, sich für tief, für ungeschickt, für gutmüthig, für redlich, für unklug gelten zu machen, gelten zu lassen: es könnte sogar—tief sein! Zuletzt: man soll seinem Namen Ehre machen,—man heisst nicht umsonst das "tiusche" Volk, das Täusche-Volk ... |
There was a time when it was usual to call the Germans "profound," and this was meant as a term of distinction: now, when the most successful type of the new Germanism thirsts after quite different honors and perhaps feels that anything profound lacks "dash," it is almost timely and patriotic to doubt whether that commendation of former days was not founded on self-deception: whether German profundity is not at bottom something different and worse—and something which, thanks be to God, one is on the verge of successfully getting rid o£ Let us therefore try to learn anew about German profundity: all that is required is a little vivisection of the German soul.— The German soul is above all manifold, of diverse origins, put together and superimposed rather than actually constructed: the reason for that is its source. A German who would make bold to say "two souls, alas, within my bosom dwell" [Goethe: Faust, I, 1112] would err very widely from the truth, more correctly he would fall short of the truth by a large number of souls. As a people of the most tremendous mixture and mingling of races, perhaps even with a preponderance of the pre-Aryan element, as the "people of the middle" in every sense, the Germans are more incomprehensible, more comprehensive, more full of contradictions, more unknown, more incalculable, more surprising, even more frightening to themselves than other peoples are—they elude definition and are for that reason alone the despair of the French. It is characteristic of the Germans that the question "what is German?" never dies out among them. Kotzebue certainly knew his Germans well enough: "we are known" they cried to him jubilantly but Sand too thought he knew them. [August Friedrich Ferdinand von Kotzebue (1761-1819), popular German writer who was assassinated by Karl Ludwig Sand (1795-1820), a theology student who took the poet for a Russian spy. Sand was executed.] Jean Paul [Johann Paul Friedrich Richter (1763-1825): German novelist] knew what he was doing when he declared himself incensed by Fichte's mendacious but patriotic flatteries and exaggerations—but it is likely that Goethe thought otherwise of the Germans than Jean Paul did, even though he agreed with him about Fichte. What Goethe really thought of the Germans?— But there were many things round him about which he never expressed himself clearly and his whole life long he knew how to maintain a subtle silence—he had no doubt good reason. What is certain is that it was not "the Wars of Liberation" which made him look up more cheerfully, any more than it was the French Revolution—the event on account of which he rethought his Faust, indeed the whole problem of "man," was the appearance of Napoleon. There exist statements by Goethe in which, as if he was from another country, he condemns with impatient severity that which the Germans take pride in: the celebrated German Gemüth [warm-hearted] he once defined [Maxims and Reflections, 340] as "indulgence of others' weaknesses, and one's own." Was he wrong?—it is characteristic of the Germans that one is seldom wholly wrong about them. The German soul has corridors and interconnecting corridors in it there are caves, hiding-places, dungeons in it; its disorder possesses much of the fascination of the mysterious; the German is acquainted with the hidden paths to chaos. And as everything loves its symbol, the German loves clouds and all that is obscure, becoming, crepuscular, damp and dismal: the uncertain, unformed, shifting, growing of every kind he feels to be "profound." The German himself is not, he is becoming, he is "developing." "Development" is thus the truly German discovery and lucky shot in the great domain of philosophical formulas—a ruling concept which, in concert with German beer and German music, is at work at the Germanization of all Europe. Foreigners are astonished and drawn by the enigmas which the contradictory nature at the bottom of the German soul propounds to them (which Hegel reduced to a system and Richard Wagner finally set to music). "Good-natured and malicious"—such a juxtaposition, nonsensical in respect of any other people, is unfortunately too often justified in Germany: you have only to live among Swabians for a while! The ponderousness of the German scholar, his social insipidity, gets on frightfully well with an inner rope-walking and easy boldness before which all the gods have learned fear. If you want the "German soul" demonstrated ad oculos [for the eyes], you have only to look into German taste, into German arts and customs: what boorish indifference to "taste"! How the noblest and the commonest here stand side by side! How disorderly and wealthy this whole psychical household is! The German drags his soul, he drags everything he experiences. He digests his events badly, he is never "done" with them; German profundity is often only a sluggish "digestion." And just as all chronic invalids, all dyspeptics, have an inclination for comfort, so the German loves "openness" and "uprightness": how comfortable it is to be open and upright! Perhaps it is the most dangerous and successful disguise the German knows how to use today, this confiding, accommodating, cards-on-the-table German honesty: it is his real Mephistophelean art, with its aid he can "still go far"! [Goethe: Faust, I, 573.] The German lets himself go, and as he does so he gazes out with true blue empty German eyes—and other countries at once confound him with his dressing-gown!—I meant to say: whatever "German profundity" may be—and when we are quite by ourselves we shall perhaps permit ourselves to laugh at it? we would do well to hold its appearance and good name in respect henceforth too and not to sell former old reputation as the profound nation too cheaply for Prussian "dash" and Berlin wit and sand. It is prudent for a people to be taken for, to allow itself to be taken for profound, clumsy, good-natured, honest, imprudent: it might even be—profound! Finally: one ought not to be ashamed of one's own name—it is not for nothing that one is called the "tiusche" Volk [the "Teuton" people], the Täusche-Volk [the deceiver-people, or two-timing people] ... |
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Die "gute alte" Zeit ist dahin, in Mozart hat sie sich ausgesungen:—wie glücklich wir, dass zu uns sein Rokoko noch redet, dass seine "gute Gesellschaft," sein zärtliches Schwärmen, seine Kinderlust am Chinesischen und Geschnörkelten, seine Höflichkeit des Herzens, sein Verlangen nach Zierlichem, Verliebtem, Tanzendem, Thränenseligem, sein Glaube an den Süden noch an irgend einen Rest in uns appelliren darf! Ach, irgend wann wird es einmal damit vorbei sein!—aber wer darf zweifeln, dass es noch früher mit dem Verstehen und Schmecken Beethoven's vorbei sein wird!—der ja nur der Ausklang eines Stil-Übergangs und Stil-Bruchs war und nicht, wie Mozart, der Ausklang eines grossen Jahrhunderte langen europäischen Geschmacks. Beethoven ist das Zwischen-Begebniss einer alten mürben Seele, die beständig zerbricht, und einer zukünftigen überjungen Seele, welche beständig kommt; auf seiner Musik liegt jenes Zwielicht von ewigem Verlieren und ewigem ausschweifendem Hoffen,—das selbe Licht, in welchem Europa gebadet lag, als es mit Rousseau geträumt, als es um den Freiheitsbaum der Revolution getanzt und endlich vor Napoleon beinahe angebetet hatte. Aber wie schnell verbleicht jetzt gerade dies Gefühl, wie schwer ist heute schon das Wissen um dies Gefühl,—wie fremd klingt die Sprache jener Rousseau, Schiller, Shelley, Byron an unser Ohr, in denen zusammen das selbe Schicksal Europa's den Weg zum Wort gefunden hat, das in Beethoven zu singen wusste!— Was von deutscher Musik nachher gekommen ist, gehört in die Romantik, das heisst in eine, historisch gerechnet, noch kürzere, noch flüchtigere, noch oberflächlichere Bewegung, als es jener grosse Zwischenakt, jener Übergang Europa's von Rousseau zu Napoleon und zur Heraufkunft der Demokratie war. Weber: aber was ist uns heute Freischütz und Oberon! Oder Marschner's Hans Heiling und Vampyr! Oder selbst noch Wagner's Tannhäuser! Das ist verklungene, wenn auch noch nicht vergessene Musik. Diese ganze Musik der Romantik war überdies nicht vornehm genug, nicht Musik genug, um auch anderswo Recht zu behalten, als im Theater und vor der Menge; sie war von vornherein Musik zweiten Ranges, die unter wirklichen Musikern wenig in Betracht kam. Anders stand es mit Felix Mendelssohn, jenem halkyonischen Meister, der um seiner leichteren reineren beglückteren Seele willen schnell verehrt und ebenso schnell vergessen wurde: als der schöne Zwischenfall der deutschen Musik. Was aber Robert Schumann angeht, der es schwer nahm und von Anfang an auch schwer genommen worden ist—es ist der Letzte, der eine Schule gegründet hat—: gilt es heute unter uns nicht als ein Glück, als ein Aufathmen, als eine Befreiung, dass gerade diese Schumann'sche Romantik überwunden ist? Schumann, in die "sächsische Schweiz" seiner Seele flüchtend, halb Wertherisch, halb Jean-Paulisch geartet, gewiss nicht Beethovenisch! gewiss nicht Byronisch!—seine Manfred-Musik ist ein Missgriff und Missverständniss bis zum Unrechte—, Schumann mit seinem Geschmack, der im Grunde ein kleiner Geschmack war, (nämlich ein gefährlicher, unter Deutschen doppelt gefährlicher Hang zur stillen Lyrik und Trunkenboldigkeit des Gefühls), beständig bei Seite gehend, sich scheu verziehend und zurückziehend, ein edler Zärtling, der in lauter anonymem Glück und Weh schwelgte, eine Art Mädchen und noli me tangere von Anbeginn: dieser Schumann war bereits nur noch ein deutsches Ereigniss in der Musik, kein europäisches mehr, wie Beethoven es war, wie, in noch umfänglicherem Maasse, Mozart es gewesen ist,—mit ihm drohte der deutschen Musik ihre grösste Gefahr, die Stimme für die Seele Europa's zu verlieren und zu einer blossen Vaterländerei herabzusinken. — |
The "good old days" are gone, in Mozart they sang themselves out—how fortunate are we that his rococo still speaks to us, that his "good company," his tender enthusiasm, his child-like delight in chinoiserie and ornament, his politeness of the heart, his longing for the graceful, the enamored, the dancing, the tearful, his faith in the south may still appeal to some residue in us! Alas, some day it will all be gone—but who can doubt that understanding and taste for Beethoven will be gone first!—for Beethoven was only the closing cadence of a transition of style and stylistic breach and not, as Mozart was, the closing cadence of a great centuries-old European taste. Beethoven is the intermediary between an old mellow soul that is constantly crumbling and a future over-young soul that is constantly arriving; upon his music there lies that twilight of eternal loss and eternal extravagant hope—the same light in which Europe lay bathed when it dreamed with Rousseau, when it danced around the Revolution's Tree of Liberty and finally almost worshipped before Napoleon. But how quickly this feeling is now fading away, how hard it is today even to know of this feeling—how strange to our ears sounds the language of Rousseau, Schiller, Shelley, Byron, in whom together the same European destiny that in Beethoven knew how to sing found its way into words!— Whatever German music came afterwards belongs to romanticism, that is to say to a movement which was, historically speaking, even briefer, even more fleeting, even more superficial than that great interlude, that transition of Europe from Rousseau to Napoleon and to the rise of democracy. Weber: but what are Freischütz and Oberon to us today! Or Marshner's Hans Heilin and Vampyr! Or even Wagner's Tannhäuser! It is dead, if not yet forgotten, music. All this music of romanticism was, moreover, insufficiently noble, insufficiently musical, to maintain itself anywhere but in the theater and before the mob; it was from the very first second-rate music to which genuine musicians paid little regard. It was otherwise with Felix Mendelssohn, that halcyon master who was, on account of his lighter, purer, happier soul, speedily honored and just as speedily forgotten: as a beautiful episode in German music. But as for Schumann, who took things seriously and was also taken seriously from the first—he was the last to found a school—: do we not now think it a piece of good fortune, a relief, a liberation that this Schumann-romanticism has been overcome? Schumann, fleeing into the "Saxon Switzerland" [mountains south of Dresden] of his soul, his nature half Werther [the suicidal hero of Goethe's The Sorrows of Young Werther (1774)], half Jean Paul, not at all like Beethoven, not at all Byronic!—his music for Manfred is a mistake and misunderstanding to the point of injustice—Schumann, with his taste which was fundamentally a petty taste (that is to say a dangerous inclination, doubly dangerous among Germans, for quiet lyricism and drunkenness of feeling), continually going aside, shyly withdrawing and retiring, a noble effeminate delighting in nothing but anonymous weal and woe, a kind of girl and noli me tangere [touch me not] from the first: this Schumann was already a merely German event in music, no longer a European event, as Beethoven was, as to an even greater extent Mozart had been—in him German music was threatened with its greatest danger, that of losing the voice for the soul of Europe and sinking into a merely national affair. — |
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— Welche Marter sind deutsch geschriebene Bücher für Den, der das dritte Ohr hat! Wie unwillig steht er neben dem langsam sich drehenden Sumpfe von Klängen ohne Klang, von Rhythmen ohne Tanz, welcher bei Deutschen ein "Buch" genannt wird! Und gar der Deutsche, der Bücher liest! Wie faul, wie widerwillig, wie schlecht liest er! Wie viele Deutsche wissen es und fordern es von sich zu wissen, dass Kunst in jedem guten Satze steckt,—Kunst, die errathen sein will, sofern der Satz verstanden sein will! Ein Missverständniss über sein Tempo zum Beispiel: und der Satz selbst ist missverstanden! Dass man über die rhythmisch entscheidenden Silben nicht im Zweifel sein darf, dass man die Brechung der allzustrengen Symmetrie als gewollt und als Reiz fühlt, dass man jedem staccato, jedem rubato ein feines geduldiges Ohr hinhält, dass man den Sinn in der Folge der Vocale und Diphthongen räth, und wie zart und reich sie in ihrem Hintereinander sich färben und umfärben können: wer unter bücherlesenden Deutschen ist gutwillig genug, solchergestalt Pflichten und Forderungen anzuerkennen und auf so viel Kunst und Absicht in der Sprache hinzuhorchen? Man hat zuletzt eben "das Ohr nicht dafür": und so werden die stärksten Gegensätze des Stils nicht gehört, und die feinste Künstlerschaft ist wie vor Tauben verschwendet.— Dies waren meine Gedanken, als ich merkte, wie man plump und ahnungslos zwei Meister in der Kunst der Prosa mit einander verwechselte, Einen, dem die Worte zögernd und kalt herabtropfen, wie von der Decke einer feuchten Höhle—er rechnet auf ihren dumpfen Klang und Wiederklang—und einen Anderen, der seine Sprache wie einen biegsamen Degen handhabt und vom Arme bis zur Zehe hinab das gefährliche Glück der zitternden überscharfen Klinge fühlt, welche beissen, zischen, schneiden will.— |
— What a torment books written in German are for him who has a third ear! How disgustedly he stands beside the slowly turning swamp of sounds without resonance, of rhythms that do not dance, which the Germans call a "book"! Not to mention the German who reads books! How lazily, how reluctantly, how badly he reads! How many Germans know, or think they ought to know, that there is art in every good sentence—art that must be grasped if the sentence is to be understood! A misunderstanding of its tempo, for example: and the sentence itself is misunderstood! That one must be in no doubt about the syllables that determine the rhythm, that one should feel the disruption of a too-severe symmetry as intentional and as something attractive, that one should lend a refined and patient ear to every staccato, every rubato [rubato: literally, "robbed time," a tempo in which some notes are shortened in order that others may be lengthened], that one should divine the meaning in the sequence of vowels and diphthongs and how delicately and richly they can color and recolor one another through the order in which they come: who among book-reading Germans has sufficient goodwill to acknowledge such demands and duties and to listen to so much art and intention in language? In the end one simply "has no ear for it": and so the greatest contrasts in style go unheard and the subtlest artistry is squandered as if on the deaf.— These were my thoughts when I noticed how two masters of the art of prose were clumsily and unsuspectingly confused with one another: one from whom words fall cold and hesitantly as from the roof of a damp cavern—he calculates on the heavy dullness of their sound and echo—and another who handles his language like a supple blade and feels from his arm down to his toes the perilous delight of the quivering, over-sharp steel that wants to bite, hiss, cut.— |
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Wie wenig der deutsche Stil mit dem Klange und mit den Ohren zu thun hat, zeigt die Thatsache, dass gerade unsre guten Musiker schlecht schreiben. Der Deutsche liest nicht laut, nicht für's Ohr, sondern bloss mit den Augen: er hat seine Ohren dabei in's Schubfach gelegt. Der antike Mensch las, wenn er las—es geschah selten genug—sich selbst etwas vor, und zwar mit lauter Stimme; man wunderte sich, wenn jemand leise las und fragte sich insgeheim nach Gründen. Mit lauter Stimme: das will sagen, mit all den Schwellungen, Biegungen, Umschlägen des Tons und Wechseln des Tempo's, an denen die antike öffentliche Welt ihre Freude hatte. Damals waren die Gesetze des Schrift-Stils die selben, wie die des Rede-Stils; und dessen Gesetze hiengen zum Theil von der erstaunlichen Ausbildung, den raffinirten Bedürfnissen des Ohrs und Kehlkopfs ab, zum andern Theil von der Stärke, Dauer und Macht der antiken Lunge. Eine Periode ist, im Sinne der Alten, vor Allem ein physiologisches Ganzes, insofern sie von Einem Athem zusammengefasst wird. Solche Perioden, wie sie bei Demosthenes, bei Cicero vorkommen, zwei Mal schwellend und zwei Mal absinkend und Alles innerhalb Eines Athemzugs: das sind Genüsse für antike Menschen, welche die Tugend daran, das Seltene und Schwierige im Vortrag einer solchen Periode, aus ihrer eignen Schulung zu schätzen wussten:—wir haben eigentlich kein Recht auf die grosse Periode, wir Modernen, wir Kurzathmigen in jedem Sinne! Diese Alten waren ja insgesammt in der Rede selbst Dilettanten, folglich Kenner, folglich Kritiker,—damit trieben sie ihre Redner zum Äussersten; in gleicher Weise, wie im vorigen Jahrhundert, als alle Italiäner und Italiänerinnen zu singen verstanden, bei ihnen das Gesangs-Virtuosenthum (und damit auch die Kunst der Melodik—) auf die Höhe kam. In Deutschland aber gab es (bis auf die jüngste Zeit, wo eine Art Tribünen-Beredtsamkeit schüchtern und plump genug ihre jungen Schwingen regt) eigentlich nur Eine Gattung öffentlicher und ungefähr kunstmässiger Rede: das ist die von der Kanzel herab. Der Prediger allein wusste in Deutschland, was eine Silbe, was ein Wort wiegt, inwiefern ein Satz schlägt, springt, stürzt, läuft, ausläuft, er allein hatte Gewissen in seinen Ohren, oft genug ein böses Gewissen: denn es fehlt nicht an Gründen dafür, dass gerade von einem Deutschen Tüchtigkeit in der Rede selten, fast immer zu spät erreicht wird. Das Meisterstück der deutschen Prosa ist deshalb billigerweise das Meisterstück ihres grössten Predigers: die Bibel war bisher das beste deutsche Buch. Gegen Luther's Bibel gehalten ist fast alles Übrige nur "Litteratur"—ein Ding, das nicht in Deutschland gewachsen ist und darum auch nicht in deutsche Herzen hinein wuchs und wächst: wie es die Bibel gethan hat. |
How little German style has to do with sound and the ears is shown by the fact that precisely our good musicians write badly. The German does not read aloud, does not read for the ear, but merely with his eyes: he has put his ears away in the drawer. In antiquity, when a man read—which he did very seldom—he read to himself aloud, and indeed in a loud voice; it was a matter for surprise if someone read quietly, and people secretly asked themselves why he did so. In a loud voice: that is to say, with all the crescendos, inflections, variations of tone and changes of tempo in which the ancient public world took pleasure. In those days the rules of written style were the same as those of spoken style; and these rules depended in part on the astonishing development, the refined requirements of ear and larynx, in part on the strength, endurance and power of ancient lungs. A period is, in the sense in which the ancients understood it, above all a physiological whole, inasmuch as it is composed by a single breath. Periods such as appear with Demosthenes or Cicero, rising twice and sinking twice and all within a single breath: these are delights for men of antiquity, who knew from their own schooling how to value the virtue in them, the rarity and difficulty of the delivery of such a period—we have really no right to the grand period, we moderns, we who are short of breath in every sense! For these ancients were one and all themselves dilettantes in rhetoric, consequently connoisseurs, consequently critics—and so they drove their orators to extremes; in the same way as, in the last century, when all Italians and Italiennes knew how to sing, virtuosity in singing (and therewith also the art of melody—) attained its height with them. In Germany, however, there was (until very recently, when a kind of platform eloquence began shyly and heavily to flap its young wings) really but one form of public and relatively artistic oratory: that from the pulpit. The preacher was the only one in Germany who knew what a syllable, what a word weighs, how a sentence strikes, rises, falls, runs, runs to an end, he alone had a conscience in his ears, often enough a bad conscience: for there is no lack of reasons why it is precisely the German who rarely achieves proficiency in oratory, or almost always achieves it too late. The masterpiece of German prose is therefore, as is to be expected, the masterpiece of its great preacher: the Bible has been the best German book hitherto. Compared with Luther's Bible almost everything else is merely "literature"—a thing that has not grown up in Germany and therefore has not taken and does not take root in German hearts: as the Bible has done. |
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Es giebt zwei Arten des Genie's: eins, welches vor allem zeugt und zeugen will, und ein andres, welches sich gern befruchten lässt und gebiert. Und ebenso giebt es unter den genialen Völkern solche, denen das Weibsproblem der Schwangerschaft und die geheime Aufgabe des Gestaltens, Ausreifens, Vollendens zugefallen ist—die Griechen zum Beispiel waren ein Volk dieser Art, insgleichen die Franzosen—; und andre, welche befruchten müssen und die Ursache neuer Ordnungen des Lebens werden,—gleich den Juden, den Römern und, in aller Bescheidenheit gefragt, den Deutschen?— Völker gequält und entzückt von unbekannten Fiebern und unwiderstehlich aus sich herausgedrängt, verliebt und lüstern nach fremden Rassen (nach solchen, welche sich "befruchten lassen"—) und dabei herrschsüchtig wie Alles, was sich voller Zeugekräfte und folglich "von Gottes Gnaden" weiss. Diese zwei Arten des Genie's suchen sich, wie Mann und Weib; aber sie missverstehen auch einander,—wie Mann und Weib. |
There are two kinds of genius: the kind which above all begets and wants to beget, and the kind which likes to be fructified and to give birth. And likewise there are among peoples of genius those upon whom has fallen the woman's problem of pregnancy and the secret task of forming, maturing, perfecting—the Greeks, for example, were a people of this kind, and so were the French—; and others who have to fructify and become the cause of new orders of life—like the Jews, the Romans and, to ask it in all modesty, the Germans?—peoples tormented and enraptured by unknown fevers and irresistibly driven outside themselves, enamored of and lusting after foreign races (after those which "want to be fructified") and at the same time hungry for dominion, like everything which knows itself full of generative power and consequently "by the grace of God." These two kinds of genius seek one another, as man and woman do; but they also misunderstand one another—as man and woman do. |
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Jedes Volk hat seine eigne Tartüfferie, und heisst sie seine Tugenden.— Das Beste, was man ist, kennt man nicht,—kann man nicht kennen. |
Every people has its own Tartuffery [like the hypocritical priest who is the eponymous hero of Molière's 1664 comedy Tartuffe] and calls it its virtues. The best that one is one does not know—one cannot know. |
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Was Europa den Juden verdankt?— Vielerlei, Gutes und Schlimmes, und vor allem Eins, das vom Besten und Schlimmsten zugleich ist: den grossen Stil in der Moral, die Furchtbarkeit und Majestät unendlicher Forderungen, unendlicher Bedeutungen, die ganze Romantik und Erhabenheit der moralischen Fragwürdigkeiten—und folglich gerade den anziehendsten, verfänglichsten und ausgesuchtesten Theil jener Farbenspiele und Verführungen zum Leben, in deren Nachschimmer heute der Himmel unsrer europäischen Cultur, ihr Abend-Himmel, glüht,—vielleicht verglüht. Wir Artisten unter den Zuschauern und Philosophen sind dafür den Juden—dankbar. |
What Europe owes to the Jews?— Many things, good and bad, and above all one thing that is at once of the best and the worst: the grand style in morality, the dreadfulness and majesty of infinite demands, infinite significances, the whole romanticism and sublimity of moral questionabilities—and consequently precisely the most attractive, insidious and choicest part of those iridescences and seductions to life with whose afterglow the sky of our European culture, its evening sky, is now aflame—and perhaps burning itself up. We artists among the spectators and philosophers are—grateful to the Jews for this. |
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Man muss es in den Kauf nehmen, wenn einem Volke, das am nationalen Nervenfieber und politischen Ehrgeize leidet, leiden will—, mancherlei Wolken und Störungen über den Geist ziehn, kurz, kleine Anfälle von Verdummung: zum Beispiel bei den Deutschen von Heute bald die antifranzösische Dummheit, bald die antijüdische, bald die antipolnische, bald die christlich-romantische, bald die Wagnerianische, bald die teutonische, bald die preussische (man sehe sich doch diese armen Historiker, diese Sybel und Treitzschke [Heinrich von Sybel (1817-95) und Heinrich von Treitschke (1834-96).] und ihre dick verbundenen Köpfe an—), und wie sie Alle heissen mögen, diese kleinen Benebelungen des deutschen Geistes und Gewissens. Möge man mir verzeihn, dass auch ich, bei einem kurzen gewagten Aufenthalt auf sehr inficirtem Gebiete, nicht völlig von der Krankheit verschont blieb und mir, wie alle Welt, bereits Gedanken über Dinge zu machen anfieng, die mich nichts angehn: erstes Zeichen der politischen Infektion. Zum Beispiel über die Juden: man höre.— Ich bin noch keinem Deutschen begegnet, der den Juden gewogen gewesen wäre; und so unbedingt auch die Ablehnung der eigentlichen Antisemiterei von Seiten aller Vorsichtigen und Politischen sein mag, so richtet sich doch auch diese Vorsicht und Politik nicht etwa gegen die Gattung des Gefühls selber, sondern nur gegen seine gefährliche Unmässigkeit, insbesondere gegen den abgeschmackten und schandbaren Ausdruck dieses unmässigen Gefühls,—darüber darf man sich nicht täuschen. Dass Deutschland reichlich genug Juden hat, dass der deutsche Magen, das deutsche Blut Noth hat (und noch auf lange Noth haben wird), um auch nur mit diesem Quantum "Jude" fertig zu werden—so wie der Italiäner, der Franzose, der Engländer fertig geworden sind, in Folge einer kräftigeren Verdauung—: das ist die deutliche Aussage und Sprache eines allgemeinen Instinktes, auf welchen man hören, nach welchem man handeln muss. "Keine neuen Juden mehr hinein lassen! Und namentlich nach dem Osten (auch nach Östreich) zu die Thore zusperren!" also gebietet der Instinkt eines Volkes, dessen Art noch schwach und unbestimmt ist, so dass sie leicht verwischt, leicht durch eine stärkere Rasse ausgelöscht werden könnte. Die Juden sind aber ohne allen Zweifel die stärkste, zäheste und reinste Rasse, die jetzt in Europa lebt; sie verstehen es, selbst noch unter den schlimmsten Bedingungen sich durchzusetzen (besser sogar, als unter günstigen), vermöge irgend welcher Tugenden, die man heute gern zu Lastern stempeln möchte,—Dank, vor Allem, einem resoluten Glauben, der sich vor den "modernen Ideen" nicht zu schämen braucht; sie verändern sich, wenn sie sich verändern, immer nur so, wie das russische Reich seine Eroberungen macht,—als ein Reich, das Zeit hat und nicht von Gestern ist—: nämlich nach dem Grundsatze "so langsam als möglich!" Ein Denker, der die Zukunft Europa's auf seinem Gewissen hat, wird, bei allen Entwürfen, welche er bei sich über diese Zukunft macht, mit den Juden rechnen wie mit den Russen, als den zunächst sichersten und wahrscheinlichsten Faktoren im grossen Spiel und Kampf der Kräfte. Das, was heute in Europa "Nation" genannt wird und eigentlich mehr eine res facta als nata ist (ja mitunter einer res ficta et picta zum Verwechseln ähnlich sieht—), ist in jedem Falle etwas Werdendes, Junges, Leicht-Verschiebbares, noch keine Rasse, geschweige denn ein solches aere perennius, wie es die Juden-Art ist: diese "Nationen" sollten sich doch vor jeder hitzköpfigen Concurrenz und Feindseligkeit sorgfältig in Acht nehmen! Dass die Juden, wenn sie wollten—oder, wenn man sie dazu zwänge, wie es die Antisemiten zu wollen scheinen—, jetzt schon das Übergewicht, ja ganz wörtlich die Herrschaft über Europa haben könnten, steht fest; dass sie nicht darauf hin arbeiten und Pläne machen, ebenfalls. Einstweilen wollen und wünschen sie vielmehr, sogar mit einiger Zudringlichkeit, in Europa, von Europa ein- und aufgesaugt zu werden, sie dürsten darnach, endlich irgendwo fest, erlaubt, geachtet zu sein und dem Nomadenleben, dem "ewigen Juden" ein Ziel zu setzen—; und man sollte diesen Zug und Drang (der vielleicht selbst schon eine Milderung der jüdischen Instinkte ausdrückt) wohl beachten und ihm entgegenkommen: wozu es vielleicht nützlich und billig wäre, die antisemitischen Schreihälse des Landes zu verweisen. Mit aller Vorsicht entgegenkommen, mit Auswahl; ungefähr so wie der englische Adel es thut. Es liegt auf der Hand, dass am unbedenklichsten noch sich die stärkeren und bereits fester geprägten Typen des neuen Deutschthums mit ihnen einlassen könnten, zum Beispiel der adelige Offizier aus der Mark: es wäre von vielfachem Interesse, zu sehen, ob sich nicht zu der erblichen Kunst des Befehlens und Gehorchens—in Beidem ist das bezeichnete Land heute klassisch—das Genie des Geldes und der Geduld (und vor allem etwas Geist und Geistigkeit, woran es reichlich an der bezeichneten Stelle fehlt—) hinzuthun, hinzuzüchten liesse. Doch hier ziemt es sich, meine heitere Deutschthümelei und Festrede abzubrechen: denn ich rühre bereits an meinen Ernst, an das "europäische Problem," wie ich es verstehe, an die Züchtung einer neuen über Europa, regierenden Kaste. — |
If a people is suffering and wants to suffer from nationalistic nervous fever and political ambition, it must be expected that all sorts of clouds and disturbances—in short, little attacks of stupidity—will pass over its spirit into the bargain: among present-day Germans, for example, now the anti-French stupidity, now the anti-Jewish, now the anti-Polish, now the Christian-romantic, now the Wagnerian, now the Teutonic, now the Prussian (just look at those miserable historians, those Sybels and Treitschkes [Heinrich von Sybel (1817-95) and Heinrich von Treitschke (1834-96)], with their thickly bandaged heads—), and whatever else these little obfuscations of the German spirit and conscience may be called. May it be forgiven me that I too, during a daring brief sojourn in a highly infected area, did not remain wholly free of the disease and began, like the rest of the world, to entertain ideas about things that were none of my business: first symptom of the political infection. About the Jews, for example: listen.— I have never met a German who was favorably inclined towards the Jews; and however unconditionally all cautious and politic men may have repudiated real anti-Jewism, even this caution and policy is not directed against this class of feeling itself but only against its dangerous immoderation, and especially against the distasteful and shameful way in which this immoderate feeling is expressed—one must not deceive oneself about that. That Germany has an ample sufficiency of Jews, that the German stomach, German blood has difficulty (and will continue to have difficulty for a long time to come) in absorbing even this quantum of "Jew"—as the Italians, the French, the English have absorbed them through possessing a stronger digestion—: this is the clear declaration and language of a universal instinct to which one must pay heed, in accordance with which one must act. "Let in no more Jews! And close especially the doors to the East (also to Austria)!"—thus commands the instinct of a people whose type is still weak and undetermined, so that it could easily be effaced, easily extinguished by a stronger race. The Jews, however, are beyond all doubt the strongest, toughest and purest race at present living in Europe; they know how to prevail even under the worst conditions (better even than under favorable ones), by means of virtues which one would like to stamp as vices—thanks above all to a resolute faith which does not need to be ashamed before "modem ideas"; they change, when they change, only in the way in which the Russian Empire makes its conquests—an empire that has time and is not of yesterday—: namely, according to the principle "as slowly as possible"! A thinker who has the future of Europe on his conscience will, in all the designs he makes for this future, take the Jews into account as he will take the Russians, as the immediately surest and most probable factors in the great game and struggle of forces. That which is called a "nation" in Europe today and is actually more of a res facta than nata (indeed sometimes positively resembles a res ficta et picta [res facta: something made; res nata: something born; res ficta et picta: something fictitious and unreal]—) is in any case something growing, young, easily disruptable, not yet a race, let alone such an aere perennius [more enduring than bronze] as the Jewish type is: these "nations" should certainly avoid all hot-headed rivalry and hostility very carefully! That the Jews could, if they wanted—or if they were compelled, as the anti-Semites seem to want—even now predominate, indeed quite literally rule over Europe, is certain; that they are not planning and working towards that is equally certain. In the meantime they are, rather, wanting and wishing, even with some importunity, to be absorbed and assimilated by and into Europe, they are longing to be finally settled, permitted, respected somewhere and to put an end to the nomadic life, to the "Wandering Jew"—; one ought to pay heed to this inclination and impulse (which is perhaps even a sign that the Jewish instincts are becoming milder) and go out to meet it: for which it would perhaps be a good idea to eject the anti-Semitic ranters from the country. Go out to meet it with all caution, with selectivity; much as the English nobility do. It is plain that the stronger and already more firmly formed types of the new Germanism could enter into relations with them with the least hesitation; the aristocratic officer of the March, for example: it would be interesting in many ways to see whether the genius of money and patience (and above all a little mind and spirituality, of which there is a plentiful lack in the persons above mentioned—) could not be added and bred into the hereditary art of commanding and obeying, in both of which the above-mentioned land is today classic. But here it is fitting that I should break off my cheerful Germanomaniac address: for already I am touching on what is to me serious, on the "European problem" as I understand it, on the breeding of a new ruling caste for Europe. — |
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Das ist keine philosophische Rasse—diese Engländer: Bacon bedeutet einen Angriff auf den philosophischen Geist überhaupt, Hobbes, Hume und Locke eine Erniedrigung und Werth-Minderung des Begriffs "Philosoph" für mehr als ein Jahrhundert. Gegen Hume erhob und hob sich Kant; Locke war es, von dem Schelling sagen durfte: "je méprise Locke"; im Kampfe mit der englisch-mechanistischen Welt-Vertölpelung waren Hegel und Schopenhauer (mit Goethe) einmüthig, jene beiden feindlichen Brüder-Genies in der Philosophie, welche nach den entgegengesetzten Polen des deutschen Geistes auseinander strebten und sich dabei Unrecht thaten, wie sich eben nur Brüder Unrecht thun.— Woran es in England fehlt und immer gefehlt hat, das wusste jener Halb-Schauspieler und Rhetor gut genug, der abgeschmackte Wirrkopf Carlyle, welcher es unter leidenschaftlichen Fratzen zu verbergen suchte, was er von sich selbst wusste: nämlich woran es in Carlyle fehlte—an eigentlicher Macht der Geistigkeit, an eigentlicher Tiefe des geistigen Blicks, kurz, an Philosophie.— Es kennzeichnet eine solche unphilosophische Rasse, dass sie streng zum Christenthume hält: sie braucht seine Zucht zur "Moralisirung" und Veranmenschlichung. Der Engländer, düsterer, sinnlicher, willensstärker und brutaler als der Deutsche—ist eben deshalb, als der Gemeinere von Beiden, auch frömmer als der Deutsche: er hat das Christenthum eben noch nöthiger. Für feinere Nüstern hat selbst dieses englische Christenthum noch einen ächt englischen Nebengeruch von Spleen und alkoholischer Ausschweifung, gegen welche es aus guten Gründen als Heilmittel gebraucht wird,—das feinere Gift nämlich gegen das gröbere: eine feinere Vergiftung ist in der That bei plumpen Völkern schon ein Fortschritt, eine Stufe zur Vergeistigung. Die englische Plumpheit und Bauern-Ernsthaftigkeit wird durch die christliche Gebärdensprache und durch Beten und Psalmensingen noch am erträglichsten verkleidet, richtiger: ausgelegt und umgedeutet; und für jenes Vieh von Trunkenbolden und Ausschweifenden, welches ehemals unter der Gewalt des Methodismus und neuerdings wieder als "Heilsarmee" moralisch grunzen lernt, mag wirklich ein Busskrampf die verhältnissmässig höchste Leistung von "Humanität" sein, zu der es gesteigert werden kann: so viel darf man billig zugestehn. Was aber auch noch am humansten Engländer beleidigt, das ist sein Mangel an Musik, im Gleichniss (und ohne Gleichniss—) zu reden: er hat in den Bewegungen seiner Seele und seines Leibes keinen Takt und Tanz, ja noch nicht einmal die Begierde nach Takt und Tanz, nach "Musik." Man höre ihn sprechen; man sehe die schönsten Engländerinnen gehn—es giebt in keinem Lande der Erde schönere Tauben und Schwäne,—endlich: man höre sie singen! Aber ich verlange zu viel ..... |
They are no philosophical race—these English: Bacon signifies an attack on the philosophical spirit in general, Hobbes, Hume and Locke a debasement and devaluation of the concept "philosopher" for more than a century. It was against Hume that Kant rose up; it was Locke of whom Schelling had a right to say: "je méprise Locke" ["I despise Locke"]; in their struggle against the English-mechanistic stultification of the world, Hegel and Schopenhauer were (with Goethe) of one accord: those two hostile brother geniuses who strove apart towards the antithetical poles of the German spirit and in doing so wronged one another as only brothers wrong one another.— What is lacking in England and always has been lacking was realized well enough by that semi-actor and rhetorician, the tasteless muddlehead Carlyle, who tried to conceal behind passionate grimaces what he knew about himself: namely what was lacking in Carlyle—real power of spirituality, real depth of spiritual insight, in short philosophy.— It is characteristic of such an unphilosophical race that it clings firmly to Christianity: they need its discipline to become "moralized" and somewhat humanized. The Englishman, gloomier, more sensual, stronger of will and more brutal than the German—is for just that reason, as the more vulgar of the two, also more pious than the German: he is in greater need of Christianity. To finer nostrils even this English Christianity possesses a true English by-scent of the spleen and alcoholic excess against which it is with good reason employed as an antidote—the subtler poison against the coarser: and indeed a subtle poisoning is in the case of coarse peoples already a certain progress, a step towards spiritualization. English coarseness and peasant seriousness still finds its most tolerable disguise in Christian gestures and in praying and psalm-singing: more correctly, it is best interpreted and given a new meaning by those things; and as for those drunken and dissolute cattle who formerly learned to grunt morally under the constraint of Methodism and more recently as the "Salvation Army," a spasm of penitence may really be the highest achievement of "humanity" to which they can be raised: that much may fairly be conceded. But what offends in even the most humane Englishman is, to speak metaphorically (and not metaphorically), his lack of music: he has in the movements of his soul and body no rhythm and dance, indeed not even the desire for rhythm and dance, for "music." Listen to him speak; watch the most beautiful Englishwomen walk—in no land on earth are there more beautiful doves and swans—finally: listen to them sing! But I ask too much ..... |
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Es giebt Wahrheiten, die am besten von mittelmässigen Köpfen erkannt werden, weil sie ihnen am gemässesten sind, es giebt Wahrheiten, die nur für mittelmässige Geister Reize und Verführungskräfte besitzen:—auf diesen vielleicht unangenehmen Satz wird man gerade jetzt hingestossen, seitdem der Geist achtbarer, aber mittelmässiger Engländer—ich nenne Darwin, John Stuart Mill und Herbert Spencer—in der mittleren Region des europäischen Geschmacks zum Übergewicht zu gelangen anhebt. In der That, wer möchte die Nützlichkeit davon anzweifeln, dass zeitweilig solche Geister herrschen? Es wäre ein Irrthum, gerade die hochgearteten und abseits fliegenden Geister für besonders geschickt zu halten, viele kleine gemeine Thatsachen festzustellen, zu sammeln und in Schlüsse zu drängen:—sie sind vielmehr, als Ausnahmen, von vornherein in keiner günstigen Stellung zu den "Regeln." Zuletzt haben sie mehr zu thun, als nur zu erkennen—nämlich etwas Neues zu sein, etwas Neues zu bedeuten, neue Werthe darzustellen! Die Kluft zwischen Wissen und Können ist vielleicht grösser, auch unheimlicher als man denkt: der Könnende im grossen Stil, der Schaffende wird möglicherweise ein Unwissender sein müssen,—während andererseits zu wissenschaftlichen Entdeckungen nach der Art Darwin's eine gewisse Enge, Dürre und fleissige Sorglichkeit, kurz, etwas Englisches nicht übel disponiren mag.— Vergesse man es zuletzt den Engländern nicht, dass sie schon Ein Mal mit ihrer tiefen Durchschnittlichkeit eine Gesammt-Depression des europäischen Geistes verursacht haben: Das, was man "die modernen Ideen" oder "die Ideen des achtzehnten Jahrhunderts" oder auch "die französischen Ideen" nennt—Das also, wogegen sich der deutsche Geist mit tiefem Ekel erhoben hat—, war englischen Ursprungs, daran ist nicht zu zweifeln. Die Franzosen sind nur die Affen und Schauspieler dieser Ideen gewesen, auch ihre besten Soldaten, insgleichen leider ihre ersten und gründlichsten Opfer: denn an der verdammlichen Anglomanie der "modernen Ideen" ist zuletzt die âme française so dünn geworden und abgemagert, dass man sich ihres sechszehnten und siebzehnten Jahrhunderts, ihrer tiefen leidenschaftlichen Kraft, ihrer erfinderischen Vornehmheit heute fast mit Unglauben erinnert. Man muss aber diesen Satz historischer Billigkeit mit den Zähnen festhalten und gegen den Augenblick und Augenschein vertheidigen: die europäische noblesse—des Gefühls, des Geschmacks, der Sitte, kurz, das Wort in jedem hohen Sinne genommen—ist Frankreich's Werk und Erfindung, die europäische Gemeinheit, der Plebejismus der modernen Ideen—Englands. — |
There are truths which are recognized best by mediocre minds because they are most suited to them, there are truths which possess charm and seductive powers only for mediocre spirits one is brought up against this perhaps disagreeable proposition just at the moment because the spirit of respectable but mediocre Englishmen—I name Darwin, John Stuart Mill and Herbert Spencer—is starting to gain ascendancy in the midregion of European taste. Who indeed would doubt that it is useful for such spirits to dominate for a while? It would be a mistake to regard exalted spirits who fly off on their own as especially well adapted to identifying, assembling and making deductions from a host of little common facts—as exceptions they are, rather, from the first in no very favorable position with respect to the "rules." After all, they have more to do than merely know something new—namely to be something new, to signify something new, to represent new values! The gulf between knowing and being able is perhaps wider, also more uncanny, than one thinks: the man who is able in the grand style, the creator, might possibly have to be ignorant while, on the other hand, for scientific discoveries such as Darwin's a certain narrowness, aridity and industrious conscientiousness, something English in short, may not be an unfavorable disposition.— Finally, let us not forget that the English, with their profound averageness, have once before brought about a collective depression of the European spirit: that which is called "modern ideas" or "the ideas of the eighteenth century" or even "French ideas"—that is to say, that which the German spirit has risen against in profound disgust—was of English origin, there can be no doubt about that. The French have been only the apes and actors of these ideas, also their finest soldiers, also unfortunatey their first and most thorough victims: for through the damnable Anglomania of "modem ideas" the âme française [French soul] has finally grown so thin and emaciated that today one recalls her sixteenth and seventeenth centuries, her profound passionate strength, her noble inventiveness, almost with disbelief. But one must hang on with one's teeth to this proposition of historical equity and defend it against the prejudice of the day: European noblesse [aristocratic nobility]—of feeling, of taste, of custom, in short in every great sense of the word—is the work and invention of France, European vulgarity, the plebeianism of modern ideas, that of—England.— |
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Auch jetzt noch ist Frankreich der Sitz der geistigsten und raffinirtesten Cultur Europa's und die hohe Schule des Geschmacks: aber man muss dies "Frankreich des Geschmacks" zu finden wissen. Wer zu ihm gehört, hält sich gut verborgen:—es mag eine kleine Zahl sein, in denen es leibt und lebt, dazu vielleicht Menschen, welche nicht auf den kräftigsten Beinen stehn, zum Theil Fatalisten, Verdüsterte, Kranke, zum Theil Verzärtelte und Verkünstelte, solche, welche den Ehrgeiz haben, sich zu verbergen. Etwas ist Allen gemein: sie halten sich die Ohren zu vor der rasenden Dummheit und dem lärmenden Maulwerk des demokratischen bourgeois. In der That wälzt sich heut im Vordergrunde ein verdummtes und vergröbertes Frankreich,—es hat neuerdings, bei dem Leichenbegängniss Victor Hugo's, eine wahre Orgie des Ungeschmacks und zugleich der Selbstbewunderung gefeiert. Auch etwas Anderes ist ihnen gemeinsam: ein guter Wille, sich der geistigen Germanisirung zu erwehren—und ein noch besseres Unvermögen dazu! Vielleicht ist jetzt schon Schopenhauer in diesem Frankreich des Geistes, welches auch ein Frankreich des Pessimismus ist, mehr zu Hause und heimischer geworden, als er es je in Deutschland war; nicht zu reden von Heinrich Heine, der den feineren und anspruchsvolleren Lyrikern von Paris lange schon in Fleisch und Blut übergegangen ist, oder von Hegel, der heute in Gestalt Taine's—das heisst des ersten lebenden Historikers—einen beinahe tyrannischen Einfluss ausübt. Was aber Richard Wagner betrifft: je mehr sich die französische Musik nach den wirklichen Bedürfnissen der âme moderne gestalten lernt, um so mehr wird sie "wagnerisiren," das darf man vorhersagen,—sie thut es jetzt schon genug! Es ist dennoch dreierlei, was auch heute noch die Franzosen mit Stolz als ihr Erb und Eigen und als unverlornes Merkmal einer alten Cultur-Überlegenheit über Europa aufweisen können, trotz aller freiwilligen oder unfreiwilligen Germanisirung und Verpöbelung des Geschmacks: einmal die Fähigkeit zu artistischen Leidenschaften, zu Hingebungen an die "Form," für welche das Wort l'art pour l'art, neben tausend anderen, erfunden ist:—dergleichen hat in Frankreich seit drei Jahrhunderten nicht gefehlt und immer wieder, Dank der Ehrfurcht vor der "kleinen Zahl," eine Art Kammermusik der Litteratur ermöglicht, welche im übrigen Europa sich suchen lässt—. Das Zweite, worauf die Franzosen eine Überlegenheit über Europa begründen können, ist ihre alte vielfache moralistische Cultur, welche macht, dass man im Durchschnitt selbst bei kleinen romanciers der Zeitungen und zufälligen boulevardiers de Paris eine psychologische Reizbarkeit und Neugierde findet, von der man zum Beispiel in Deutschland keinen Begriff (geschweige denn die Sache!) hat. Den Deutschen fehlen dazu ein paar Jahrhunderte moralistischer Art, welche, wie gesagt, Frankreich sich nicht erspart hat; wer die Deutschen darum "naiv" nennt, macht ihnen aus einem Mangel ein Lob zurecht. (Als Gegensatz zu der deutschen Unerfahrenheit und Unschuld in voluptate psychologica, die mit der Langweiligkeit des deutschen Verkehrs nicht gar zu fern verwandt ist,—und als gelungenster Ausdruck einer ächt französischen Neugierde und Erfindungsgabe für dieses Reich zarter Schauder mag Henri Beyle gelten, jener merkwürdige vorwegnehmende und vorauslaufende Mensch, der mit einem Napoleonischen Tempo durch sein Europa, durch mehrere Jahrhunderte der europäischen Seele lief, als ein Ausspürer und Entdecker dieser Seele:—es hat zweier Geschlechter bedurft, um ihn irgendwie einzuholen, um einige der Räthsel nachzurathen, die ihn quälten und entzückten, diesen wunderlichen Epicureer und Fragezeichen-Menschen, der Frankreichs letzter grosser Psycholog war—). Es giebt noch einen dritten Anspruch auf Überlegenheit: im Wesen der Franzosen ist eine halbwegs gelungene Synthesis des Nordens und Südens gegeben, welche sie viele Dinge begreifen macht und andre Dinge thun heisst, die ein Engländer nie begreifen wird; ihr dem Süden periodisch zugewandtes und abgewandtes Temperament, in dem von Zeit zu Zeit das provençalische und ligurische Blut überschäumt, bewahrt sie vor dem schauerlichen nordischen Grau in Grau und der sonnenlosen Begriffs-Gespensterei und Blutarmuth,—unsrer deutschen Krankheit des Geschmacks, gegen deren Übermaass man sich augenblicklich mit grosser Entschlossenheit Blut und Eisen, will sagen: die "grosse Politik" verordnet hat (gemäss einer gefährlichen Heilkunst, welche mich warten und warten, aber bis jetzt noch nicht hoffen lehrt—). Auch jetzt noch giebt es in Frankreich ein Vorverständniss und ein Entgegenkommen für jene seltneren und selten befriedigten Menschen, welche zu umfänglich sind, um in irgend einer Vaterländerei ihr Genüge zu finden und im Norden den Süden, im Süden den Norden zu lieben wissen,—für die geborenen Mittelländler, die "guten Europäer."— Für sie hat Bizet Musik gemacht, dieses letzte Genie, welches eine neue Schönheit und Verführung gesehn,—der ein Stück Süden der Musik entdeckt hat. |
Even now France is still the seat of Europe's most spiritual and refined culture and the leading school of taste: but one has to know how to find this "France of taste." He who belongs to it keeps himself well hidden—it may be only a small number in whom it lives and moves, and they, perhaps, men whose legs are not of the strongest, some of them fatalists, gloomy, sick, some of them spoilt and artificial, such men as have an ambition to hide themselves. One thing they all have in common: they shut their ears to the raving stupidity and the noisy yapping of the democratic bourgeois. Indeed, it is a coarse and stupid France that trundles in the foreground today—it recently celebrated, at Victor Hugo's funeral [Victor Hugo died May 22, 1885], a veritable orgy of tastelessness and at the same time self-admiration. Something else too they have in common: a great will to resist spiritual Germanization—and an even greater inability to do so! Perhaps Schopenhauer has now become more at home and indigenous in this France of the spirit, which is also a France of pessimism, than he ever was in Germany; not to speak of Heinrich Heine, who has long since entered into the flesh and blood of the more refined and demanding lyric poets of Paris, or of Hegel, who today, in the shape of Taine [Hippolyte Adolphe Taine (1828-1893): French historian and critic. From 1886-88, Nietzsche wrote him four letters. Taine's correspondence with Nietzsche: TOC in French.]—that is to say, in that of the first of living historians exercises an almost tyrannical influence. As for Richard Wagner, however: the more French music learns to shape itself according to the actual needs of the âme moderne [modern soul], the more will it "Wagnerize," that one can safely predict—it is doing so sufficiently already! There are nevertheless three things which, despite all voluntary and involuntary Germanization and vulgarization of taste, the French can still today exhibit with pride as their inheritance and possession and as an indelible mark of their ancient cultural superiority in Europe. Firstly, the capacity for artistic passions, for devotion to "form," for which, together with a thousand others, the term l'art pour l'art [art for art's sake] has been devised—it has been present in France for three hundred years and, thanks to their respect for the "small number," has again and again made possible a kind of literary chamber music not to be found anywhere else in Europe.— The second thing by which the French can argue their superiority to the rest of Europe is their ancient. manifold, moralistic culture, by virtue of which one finds on average even in minor romanciers [novelists] of the newspapers and chance boulevardiers de Paris [Parisian men about town] a psychological sensitivity and curiosity of which in Germany, for example, they have no conception (not to speak of having the thing itself!). The Germans lack the couple of centuries of moralistic labor needed for this, a labor which, as aforesaid, France did not spare itself; he who calls the Germans "naive" on that account commends them for a fault. (As antithesis to German inexperience and innocence in voluptate psychologica [in the delight of psychology], which is not too distantly related to the boringness of German company—and as the most successful expression of a genuine French curiosity and inventiveness in this domain of delicate thrills, one should observe Henri Beyle [French novelist (1783-1842), a/k/a Stendhal], that remarkable anticipator and forerunner who ran with a Napoleonic tempo through his Europe, through several centuries of the European soul, as a detector and discoverer of his soul—it needed two generations to overtake him, to divine once more some of the riddles which tormented and delighted him, this strange Epicurean and question mark who was France's last great psychologist—.) There is yet a third claim to superiority: in the French nature there exists a half-achieved synthesis of north and south which makes them understand many things and urges them to do many things which an Englishman will never understand. Their temperament, periodically turning towards the south and away from the south, in which the Provençal and Ligurian blood from time to time foams over, preserves them from dreary northern gray-on-gray and sunless concept-ghoulishness and anemia—the disease of our German taste against whose excess one has at just this moment very resolutely prescribed blood and iron [re Chancellor Otto von Bismarck], that is to say "grand politics" (in accordance with a dangerous therapeutic which has certainly taught me how to wait but has not yet taught me how to hope—). Even now one still encounters in France an advance understanding and accommodation of those rarer and rarely contented human beings who are too comprehensive to find satisfaction in any fatherlandishness and know how to love the south in the north and the north in the south—the born Midlanders, the "good Europeans."— It was for them that Bizet made music, this last genius to see a new beauty and seduction—who discovered a piece of the south of music. |
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Gegen die deutsche Musik halte ich mancherlei Vorsicht für geboten. Gesetzt, dass Einer den Süden liebt, wie ich ihn liebe, als eine grosse Schule der Genesung, im Geistigsten und Sinnlichsten, als eine unbändige Sonnenfülle und Sonnen-Verklärung, welche sich über ein selbstherrliches, an sich glaubendes Dasein breitet: nun, ein Solcher wird sich etwas vor der deutschen Musik in Acht nehmen lernen, weil sie, indem sie seinen Geschmack zurück verdirbt, ihm die Gesundheit mit zurück verdirbt. Ein solcher Südländer, nicht der Abkunft, sondern dem Glauben nach, muss, falls er von der Zukunft der Musik träumt, auch von einer Erlösung der Musik vom Norden träumen und das Vorspiel einer tieferen, mächtigeren, vielleicht böseren und geheimnissvolleren Musik in seinen Ohren haben, einer überdeutschen Musik, welche vor dem Anblick des blauen wollüstigen Meers und der mittelländischen Himmels-Helle nicht verklingt, vergilbt, verblasst, wie es alle deutsche Musik thut, einer übereuropäischen Musik, die noch vor den braunen Sonnen-Untergängen der Wüste Recht behält, deren Seele mit der Palme verwandt ist und unter grossen schönen einsamen Raubthieren heimisch zu sein und zu schweifen versteht ..... Ich könnte mir eine Musik denken, deren seltenster Zauber darin bestünde, dass sie von Gut und Böse nichts mehr wüsste, nur dass vielleicht irgend ein Schiffer-Heimweh, irgend welche goldne Schatten und zärtliche Schwächen hier und da über sie hinwegliefen: eine Kunst, welche von grosser Ferne her die Farben einer untergehenden, fast unverständlich gewordenen moralischen Welt zu sich flüchten sähe, und die gastfreundlich und tief genug zum Empfang solcher späten Flüchtlinge wäre. — |
Against German music I feel all sorts of precautions should be taken. Suppose one loves the south as I love it, as a great school of convalescence, for all the diseases of senses and spirit, as a tremendous abundance of sun and transfiguration by sun, spreading itself over an autonomous existence which believes in itself: well, such a person will learn to be somewhat on guard against German music because, by spoiling his taste again, it will also spoil his health again. Such a southerner, not by descent but by faith, must, if he dreams of the future of music, also dream of the redemption of music from the north and have in his ears the prelude to a deeper, mightier, perhaps wickeder and more mysterious music, a supra-German music which does not fade, turn yellow, turn pale at the sight of the blue voluptuous sea and the luminous sky of the Mediterranean, as all German music does; a supra-European music which holds its own even before the brown sunsets of the desert, whose soul is kindred to the palm-tree and knows how to roam and be at home among great beautiful solitary beasts of prey ..... I could imagine a music whose rarest magic would consist in this, that it no longer knew anything of good and evil, except that perhaps some sailor's homesickness, some golden shadow and delicate weakness would now and then flit across it: an art that would see fleeing towards it from a great distance the colors of a declining, now almost incomprehensible moral world, and would be hospitable and deep enough to receive such late fugitives. — |
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Dank der krankhaften Entfremdung, welche der Nationalitäts-Wahnsinn zwischen die Völker Europa's gelegt hat und noch legt, Dank ebenfalls den Politikern des kurzen Blicks und der raschen Hand, die heute mit seiner Hülfe obenauf sind und gar nicht ahnen, wie sehr die auseinanderlösende Politik, welche sie treiben, nothwendig nur Zwischenakts-Politik sein kann,—Dank Alledem und manchem heute ganz Unaussprechbaren werden jetzt die unzweideutigsten Anzeichen übersehn oder willkürlich und lügenhaft umgedeutet, in denen sich ausspricht, dass Europa Eins werden will. Bei allen tieferen und umfänglicheren Menschen dieses Jahrhunderts war es die eigentliche Gesammt-Richtung in der geheimnissvollen Arbeit ihrer Seele, den Weg zu jener neuen Synthesis vorzubereiten und versuchsweise den Europäer der Zukunft vorwegzunehmen: nur mit ihren Vordergründen, oder in schwächeren Stunden, etwa im Alter, gehörten sie zu den "Vaterländern,"—sie ruhten sich nur von sich selber aus, wenn sie "Patrioten" wurden. Ich denke an Menschen wie Napoleon, Goethe, Beethoven, Stendhal, Heinrich Heine, Schopenhauer: man verarge mir es nicht, wenn ich auch Richard Wagner zu ihnen rechne, über den man sich nicht durch seine eignen Missverständnisse verführen lassen darf,—Genies seiner Art haben selten das Recht, sich selbst zu verstehen. Noch weniger freilich durch den ungesitteten Lärm, mit dem man sich jetzt in Frankreich gegen Richard Wagner sperrt und wehrt:—die Thatsache bleibt nichtsdestoweniger bestehen, dass die französische Spät-Romantik der Vierziger Jahre und Richard Wagner auf das Engste und Innigste zu einander, gehören. Sie sind sich in allen Höhen und Tiefen ihrer Bedürfnisse verwandt, grundverwandt: Europa ist es, das Eine Europa, dessen Seele sich durch ihre vielfältige und ungestüme Kunst hinaus, hinauf drängt und sehnt—wohin? in ein neues Licht? nach einer neuen Sonne? Aber wer möchte genau aussprechen, was alle diese Meister neuer Sprachmittel nicht deutlich auszusprechen wussten? Gewiss ist, dass der gleiche Sturm und Drang sie quälte, dass sie auf gleiche Weise suchten , diese letzten grossen Suchenden! Allesammt beherrscht von der Litteratur bis in ihre Augen und Ohren—die ersten Künstler von weltlitterarischer Bildung—meistens sogar selber Schreibende, Dichtende, Vermittler und Vermischer der Künste und der Sinne (Wagner gehört als Musiker unter die Maler, als Dichter unter die Musiker, als Künstler überhaupt unter die Schauspieler); allesammt Fanatiker des Ausdrucks "um jeden Preis"—ich hebe Delacroix hervor, den Nächstverwandten Wagner's—, allesammt grosse Entdecker im Reiche des Erhabenen, auch des Hässlichen und Grässlichen, noch grössere Entdecker im Effekte, in der Schaustellung, in der Kunst der Schauläden, allesammt Talente weit über ihr Genie hinaus—, Virtuosen durch und durch, mit unheimlichen Zugängen zu Allem, was verführt, lockt, zwingt, umwirft, geborene Feinde der Logik und der geraden Linien, begehrlich nach dem Fremden, dem Exotischen, dem Ungeheuren, dem Krummen, dem Sich-Widersprechenden; als Menschen Tantalusse des Willens, heraufgekommene Plebejer, welche sich im Leben und Schaffen eines vornehmen tempo, eines lento unfähig wussten,—man denke zum Beispiel an Balzac—zügellose Arbeiter, beinahe Selbst-Zerstörer durch Arbeit; Antinomisten und Aufrührer in den Sitten, Ehrgeizige und Unersättliche ohne Gleichgewicht und Genuss; allesammt zuletzt an dem christlichen Kreuze zerbrechend und niedersinkend (und das mit Fug und Recht: denn wer von ihnen wäre tief und ursprünglich genug zu einer Philosophie des Antichrist gewesen?—) im Ganzen eine verwegen-wagende, prachtvoll-gewaltsame, hochfliegende und hoch emporreissende Art höherer Menschen, welche ihrem Jahrhundert—und es ist das Jahrhundert der Menge!—den Begriff "höherer Mensch" erst zu lehren hatte Mögen die deutschen Freunde Richard Wagner's darüber mit sich zu Rathe gehn, ob es in der Wagnerischen Kunst etwas schlechthin Deutsches giebt, oder ob nicht gerade deren Auszeichnung ist, aus überdeutschen Quellen und Antrieben zu kommen: wobei nicht unterschätzt werden mag, wie zur Ausbildung seines Typus gerade Paris unentbehrlich war, nach dem ihn in der entscheidendsten Zeit die Tiefe seiner Instinkte verlangen hiess, und wie die ganze Art seines Auftretens, seines Selbst-Apostolats erst Angesichts des französischen Socialisten-Vorbilds sich vollenden konnte. Vielleicht wird man, bei einer feineren Vergleichung, zu Ehren der deutschen Natur Richard Wagner's finden, dass er es in Allem stärker, verwegener, härter, höher getrieben hat, als es ein Franzose des neunzehnten Jahrhunderts treiben könnte,—Dank dem Umstande, dass wir Deutschen der Barbarei noch näher stehen als die Franzosen—; vielleicht ist sogar das Merkwürdigste, was Richard Wagner geschaffen hat, der ganzen so späten lateinischen Rasse für immer und nicht nur für heute unzugänglich, unnachfühlbar, unnachahmbar: die Gestalt des Siegfried, jenes sehr freien Menschen, der in der That bei weitem zu frei, zu hart, zu wohlgemuth, zu gesund, zu antikatholisch für den Geschmack alter und mürber Culturvölker sein mag. Er mag sogar eine Sünde wider die Romantik gewesen sein, dieser antiromanische Siegfried: nun, Wagner hat diese Sünde reichlich quitt gemacht, in seinen alten trüben Tagen, als er—einen Geschmack vorwegnehmend, der inzwischen Politik geworden ist—mit der ihm eignen religiösen Vehemenz den Weg nach Rom, wenn nicht zu gehn, so doch zu predigen anfieng.— Damit man mich, mit diesen letzten Worten, nicht missverstehe, will ich einige kräftige Reime zu Hülfe nehmen, welche auch weniger feinen Ohren es verrathen werden, was ich will,—was ich gegen den "letzten Wagner" und seine Parsifal-Musik will. — Ist das noch deutsch? — Aus deutschem Herzen kam dies schwüle Kreischen? Und deutschen Leibs ist dies Sich-selbst-Entfleischen? Deutsch ist dies Priester-Händespreitzen, Dies weihrauch-düftelnde Sinne-Reizen? Und deutsch dies Stocken, Stürzen, Taumeln, Dies ungewisse Bimbambaumeln? Dies Nonnen-Äugeln, Ave-Glocken-Bimmeln, Dies ganze falsch verzückte Himmel-Überhimmeln? — Ist das noch deutsch? — Erwägt! Noch steht ihr an der Pforte: — Denn, was ihr hört, ist Rom,—Rom's Glaube ohne Worte!
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Thanks to the morbid estrangement which the lunacy of nationality has produced and continues to produce between the peoples of Europe, thanks likewise to the shortsighted and hasty-handed politicians who are with its aid on top today and have not the slightest notion to what extent the politics of disintegration they pursue must necessarily be only an interlude—thanks to all this, and to much else that is altogether unmentionable today, the most unambiguous signs are now being overlooked, or arbitrarily and lyingly misinterpreted, which declare that Europe wants to become one. In all the more profound and comprehensive men of this century the general tendency of the mysterious workings of their souls has really been to prepare the way to this new synthesis and to anticipate experimentally the European of the future: only in their foregrounds, or in hours of weakness, in old age perhaps, were they among the "men of the fatherland"—they were only taking a rest from themselves when they became "patriots." I think of men such as Napoleon, Goethe, Beethoven, Stendhal, Heinrich Heine, Schopenhauer; I must not be blamed if I also include Richard Wagner among them: one should not let oneself be misled about him by his own misunderstandings geniuses of his sort seldom have the right to understand themselves—and even less, to be sure, by the unseemly noise with which he is opposed and resisted today in France: the fact nonetheless remains that late French romanticism of the forties and Richard Wagner belong most closely and intimately together. They are related, fundamentally related, in all the heights and depths of their needs: it is Europe, the one Europe, whose soul forces its way longingly up and out through their manifold and impetuous art—whither? into a new light? towards a new sun? But who could express precisely what all these masters of new means of speech themselves did not know how to express clearly? What is certain is that they were tormented by the same storm and stress, that they sought in the same way, these last great seekers! One and all dominated by literature up to their eyes and ears—the first artists formed and cultivated by world literature—most of them even writers and poets themselves and mediators and minglers of the arts and senses (as a musician Wagner belongs among painters, as a poet among musicians, as an artist as such among actors); one and all fanatics for expression "at any cost"—I call particular attention to Delacroix, Wagner's closest relation—one and all great discoverers in the realm of the sublime, also of the ugly and horrible, even greater discoverers in effects, in display, in the art of the shop window, one and all talents far beyond their genius—virtuosos through and through, with uncanny access to everything that seduces, lures, constrains, overwhelms, born enemies of logic and straight lines, constantly hankering after the strange, the exotic, the monstrous, the crooked, the self-contradictory; as human beings Tantaluses of the will, plebeians risen in the world who knew themselves incapable, in their lives and in their works, of a noble tempo, a lento—think of Balzac, for instance—unbridled workers, almost destroying themselves through work; antinomians, fomenters of moral disorder, ambitious, insatiable men without balance or enjoyment; one and all collapsing and sinking at last before the Christian Cross (and with every right: for who among them would have been profound or original enough for a philosophy of the antichrist?—); on the whole an audacious-daring, splendidly violent, high-flying type of higher men who bore others up with them and whose lot it was to teach their century—and it is the century of the mob!—the concept "higher man" .... Let the German friends of Richard Wagner deliberate whether there is in Wagnerian art anything simply German, or whether it is not precisely its distinction that it derives from supra-German sources and impulses: in considering which it should not be underestimated how indispensable Paris was for the cultivation of his type, how the depth of his instinct drew him precisely thither at the most decisive time, and how his whole manner of appearance and self-apostolate could perfect itself only by his seeing its French socialist model. Perhaps a subtler comparison will reveal that, to the credit of Richard Wagner's German nature, he fashioned stronger, more daring, more severe and more elevated things than a nineteenth-century Frenchman could have done—thanks to the circumstance that we Germans are still closer to barbarism than the French—; perhaps the most remarkable thing Wagner created is even inaccessible, inimitable to the entire, so late Latin race for ever and not only for the present: the figure of Siegfried, that very free human being who may indeed be much too free, too hard, too cheerful, too healthy, too anti-Catholic for the taste of peoples of an ancient, mellow culture. He may even have been a sin against romanticism, this anti-Romantic Siegfried: well, Wagner amply atoned for this sin in his old, melancholy days when—anticipating a taste which has since become political—he began, with the religious vehemence characteristic of him, if not to walk at any rate to preach the road to Rome.— That these last words shall not be misunderstood I shall call to my aid a few powerful rhymes which will reveal what I mean to less refined ears too—what I object to in "late Wagner" and his Parsifal music: —Is this still German? — Out of a German heart this sultry screeching? A German body, this self-laceration? German, this priestly affectation, This incense-perfumed sensual preaching? German, this halting, plunging, reeling, This so uncertain bim-bam pealing, This nunnish ogling, Ave-leavening, This whole falsely ecstatic heaven overheavening? —Is this still German? — You still stand at the gate, perplexed? Think! What you hear is Rome—Rome's faith without the text!
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