Published Works | Jenseits von Gut und Böse | Beyond Good and Evil | Dual Text © The Nietzsche Channel

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Jenseits von Gut und Böse
Vorspiel einer Philosophie der Zukunft.

1886.

Beyond Good and Evil
Prelude to a Philosophy of the Future.

1886.

VI. Wir Gelehrten.

VI. We Scholars.

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Auf die Gefahr hin, dass Moralisiren sich auch hier als Das herausstellt, was es immer war—nämlich als ein unverzagtes montrer ses plaies, nach Balzac—, möchte ich wagen, einer ungebührlichen und schädlichen Rangverschiebung entgegenzutreten, welche sich heute, ganz unvermerkt und wie mit dem besten Gewissen, zwischen Wissenschaft und Philosophie herzustellen droht. [Vgl. P. J. Stahl, Histoire de Chamfort: sa vie et ses oeuvres. Paris: Lévy, nd.:32.] Ich meine, man muss von seiner Erfahrung aus—Erfahrung bedeutet, wie mich dünkt, immer schlimme Erfahrung?—ein Recht haben, über eine solche höhere Frage des Rangs mitzureden: um nicht wie die Blinden von der Farbe oder wie Frauen und Künstler gegen die Wissenschaft zu reden ("ach, diese schlimme Wissenschaft! seufzt deren Instinkt und Scham, sie kommt immer dahinter!"—). Die Unabhängigkeits-Erklärung des wissenschaftlichen Menschen, seine Emancipation von der Philosophie, ist eine der feineren Nachwirkungen des demokratischen Wesens und Unwesens: die Selbstverherrlichung und Selbstüberhebung des Gelehrten steht heute überall in voller Blüthe und in ihrem besten Frühlinge,—womit noch nicht gesagt sein soll, dass in diesem Falle Eigenlob lieblich röche. "Los von allen Herren!"—so will es auch hier der pöbelmännische Instinkt; und nachdem sich die Wissenschaft mit glücklichstem Erfolge der Theologie erwehrt hat, deren "Magd" sie zu lange war, ist sie nun in vollem Übermuthe und Unverstande darauf hin aus, der Philosophie Gesetze zu machen und ihrerseits einmal den "Herrn"—was sage ich! den Philosophen zu spielen. Mein Gedächtniss—das Gedächtniss eines wissenschaftlichen Menschen, mit Verlaub!—strotzt von Naivetäten des Hochmuths, die ich seitens junger Naturforscher und alter Ärzte über Philosophie und Philosophen gehört habe (nicht zu reden von den gebildetsten und eingebildetsten aller Gelehrten, den Philologen und Schulmännern, welche Beides von Berufs wegen sind—). Bald war es der Spezialist und Eckensteher, der sich instinktiv überhaupt gegen alle synthetischen Aufgaben und Fähigkeiten zur Wehre setzte; bald der fleissige Arbeiter, der einen Geruch von otium und der vornehmen Üppigkeit im Seelen-Haushalte des Philosophen bekommen hatte und sich dabei beeinträchtigt und verkleinert fühlte. Bald war es jene Farben-Blindheit des Nützlichkeits-Menschen, der in der Philosophie Nichts sieht, als eine Reihe widerlegter Systeme und einen verschwenderischen Aufwand, der Niemandem "zu Gute kommt." Bald sprang die Furcht vor verkappter Mystik und Grenzberichtigung des Erkennens hervor; bald die Missachtung einzelner Philosophen, welche sich unwillkürlich zur Missachtung der Philosophie verallgemeinert hatte. Am häufigsten endlich fand ich bei jungen Gelehrten hinter der hochmüthigen Geringschätzung der Philosophie die schlimme Nachwirkung eines Philosophen selbst, dem man zwar im Ganzen den Gehorsam gekündigt hatte, ohne doch aus dem Banne seiner wegwerfenden Werthschätzungen anderer Philosophen herausgetreten zu sein:—mit dem Ergebniss einer Gesammt-Verstimmung gegen alle Philosophie. (Dergestalt scheint mir zum Beispiel die Nachwirkung Schopenhauer's auf das neueste Deutschland zu sein:—er hat es mit seiner unintelligenten Wuth auf Hegel dahin gebracht, die ganze letzte Generation von Deutschen aus dem Zusammenhang mit der deutschen Cultur herauszubrechen, welche Cultur, Alles wohl erwogen, eine Höhe und divinatorische Feinheit des historischen Sinns gewesen ist: aber Schopenhauer selbst war gerade an dieser Stelle bis zur Genialität arm, unempfänglich, undeutsch.) Überhaupt in's Grosse gerechnet, mag es vor Allem das Menschliche, Allzumenschliche, kurz die Armseligkeit der neueren Philosophen selbst gewesen sein, was am gründlichsten der Ehrfurcht vor der Philosophie Abbruch gethan und dem pöbelmännischen Instinkte die Thore aufgemacht hat. Man gestehe es sich doch ein, bis zu welchem Grade unsrer modernen Welt die ganze Art der Heraklite, Plato's, Empedokles', und wie alle diese königlichen und prachtvollen Einsiedler des Geistes geheissen haben, abgeht; und mit wie gutem Rechte Angesichts solcher Vertreter der Philosophie, die heute Dank der Mode ebenso oben-auf als unten-durch sind—in Deutschland zum Beispiel die beiden Löwen von Berlin, der Anarchist Eugen Dühring und der Amalgamist Eduard von Hartmann—ein braver Mensch der Wissenschaft sich besserer Art und Abkunft fühlen darf. Es ist in Sonderheit der Anblick jener Mischmasch-Philosophen, die sich "Wirklichkeits-Philosophen" oder "Positivisten" nennen, welcher ein gefährliches Misstrauen in die Seele eines jungen, ehrgeizigen Gelehrten zu werfen im Stande ist: das sind ja besten Falls selbst Gelehrte und Spezialisten, man greift es mit Händen!—das sind ja allesammt überwundene und unter die Botmässigkeit der Wissenschaft Zurückgebrachte, welche irgendwann einmal mehr von sich gewollt haben, ohne ein Recht zu diesem "mehr" und seiner Verantwortlichkeit zu haben—und die jetzt, ehrsam, ingrimmig, rachsüchtig, den Unglauben an die Herren-Aufgabe und Herrschaftlichkeit der Philosophie mit Wort und That repräsentiren. Zuletzt: wie könnte es auch anders sein! Die Wissenschaft blüht heute und hat das gute Gewissen reichlich im Gesichte, während Das, wozu die ganze neuere Philosophie allmählich gesunken ist, dieser Rest Philosophie von heute, Misstrauen und Missmuth, wenn nicht Spott und Mitleiden gegen sich rege macht. Philosophie auf "Erkenntnisstheorie" reduzirt, thatsächlich nicht mehr als eine schüchterne Epochistik und Enthaltsamkeitslehre: eine Philosophie, die gar nicht über die Schwelle hinweg kommt und sich peinlich das Recht zum Eintritt verweigert—das ist Philosophie in den letzten Zügen, ein Ende, eine Agonie, Etwas das Mitleiden macht. Wie könnte eine solche Philosophie—herrschen!

At the risk that moralizing will here too prove to be what it has always been—namely an undismayed montrer ses plaies [to show one's wounds], as Balzac says [Cf. P. J. Stahl, Histoire de Chamfort: sa vie et ses oeuvres. Paris: Lévy, nd.:32.]—I should like to venture to combat a harmful and improper displacement of the order of rank between science and philosophy which is today, quite unnoticed and as if with a perfect good conscience, threatening to become established. In my view it is only from one's experience—experience always means bad experience, does it not?—that one can acquire the right to speak on such a higher question of rank: otherwise one will talk like a blind man about colors or like women and artists against science ("oh this wicked science," their modesty and instinct sighs, "it's always finding out about everything!"—). The Declaration of Independence of the man of science, his emancipation from philosophy, is one of the more subtle after-effects of the democratic form and formlessness of life: the self-glorification and presumption of the scholar now stands everywhere in full bloom and in its finest springtime—which does not mean to say that in this case self-praise smells sweet [Eigenlob lieblich röche: a play on the German saying "Eigenlob stinkt" (self-praise stinks)]. "Away with all masters!"—that is what the plebeian instinct desires here too; and now that science has most successfully resisted theology, whose "hand maid" it was for too long, it is now, with great high spirits and a plentiful lack of understanding, taking it upon itself to lay down laws for philosophy and for once to play the "master"—what am I saying? to play the philosopher itself. My memory—the memory of a man of science, if I may say so!—is full of arrogant naivetés I have heard about philosophy and philosophers from young scientists and old physicians (not to speak of the most cultured and conceited [gebildetsten und eingebildetsten] of all scholars, the philologists and schoolmen, who are both by profession—). Now it was the specialist and jobbing workman who instinctively opposed synthetic undertakings and capacities in general; now the industrious laborer who had got a scent of the otium [leisure] and noble luxury in the philosopher's physical economy and felt wronged and diminished by it. Now it was that color blindness of the utility man who sees in philosophy nothing but a series of refuted systems and a wasteful expenditure which "benefits" nobody. Now a fear of disguised mysticism and a rectification of the frontiers of knowledge leaped out; now a disrespect for an individual philosopher which had involuntarily generalized itself into a disrespect for philosophy. Finally, what I found most frequently among young scholars was that behind the arrogant disdain for philosophy there lay the evil after-effect of a philosopher himself, from whom they had, to be sure, withdrawn their allegiance, without, however, having got free from the spell of his disparaging evaluation of other philosophers—the result being a feeling of ill humor towards philosophy in general. (This is the sort of after-effect which, it seems to me, Schopenhauer, for example, has had on Germany in recent years—with his unintelligent rage against Hegel he succeeded in disconnecting the entire last generation of Germans from German culture, which culture was, all things considered, a high point and divinatory refinement of the historical sense: but Schopenhauer himself was in precisely this respect poor, unreceptive and un-German to the point of genius.) In general and broadly speaking, it may have been above all the human, all too human element, in short the poverty of the most recent philosophy itself, which has been most thoroughly prejudicial to respect for philosophy and has opened the gates to the instinct of the plebeian. For one must admit how completely the whole species of a Heraclitus, a Plato, an Empedocles, and whatever else these royal and splendid hermits of the spirit were called, is lacking in our modern world; and to what degree, in face of such representatives of philosophy as are, thanks to fashion, at present as completely on top as they are completely abysmal (in Germany, for example, the two lions of Berlin, the anarchist Eugen Dühring [Karl Eugen Dühring (1833-1901): German positivist philosopher] and the amalgamist Eduard von Hartmann [Karl Robert Eduard von Hartmann (1842-1906): Philosophie des Unbewussten (Philosophy of the Unconscious, 1869)]) a worthy man of science is entitled to feel he is of a better species and descent. It is, in particular, the sight of those hotchpotch-philosophers who call themselves "philosophers of reality" or "positivists" which is capable of implanting a perilous mistrust in the soul of an ambitious young scholar: these gentlemen are at best scholars and specialists themselves, that fact is palpable!—they are one and all defeated men brought back under the sway of science, who at some time or other demanded more of themselves without having the right to this "more" and the responsibility that goes with it—and who now honorably, wrathfully, revengefully represent by word and deed the unbelief in the lordly task and lordliness of philosophy. Finally: how could things be otherwise! Science is flourishing today and its good conscience shines in its face, while that to which the whole of modern philosophy has gradually sunk, this remnant of philosophy, arouses distrust and displeasure when it does not arouse mockery and pity. Philosophy reduced to "theory of knowledge," actually no more than a timid epochism and abstinence doctrine: a philosophy that does not even get over the threshold and painfully denies itself the right of entry—that is philosophy at its last gasp, an end, an agony, something that arouses pity. How could such a philosophy rule!

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Die Gefahren für die Entwicklung des Philosophen sind heute in Wahrheit so vielfach, dass man zweifeln möchte, ob diese Frucht überhaupt noch reif werden kann. Der Umfang und der Thurmbau der Wissenschaften ist in's Ungeheure gewachsen, und damit auch die Wahrscheinlichkeit, dass der Philosoph schon als Lernender müde wird oder sich irgendwo festhalten und "spezialisiren" lässt: so dass er gar nicht mehr auf seine Höhe, nämlich zum Überblick, Umblick, Niederblick kommt. Oder er gelangt zu spät hinauf, dann, wenn seine beste Zeit und Kraft schon vorüber ist; oder beschädigt, vergröbert, entartet, so dass sein Blick, sein Gesammt-Werthurtheil wenig mehr bedeutet. Gerade die Feinheit seines intellektuellen Gewissens lässt ihn vielleicht unterwegs zögern und sich verzögern; er fürchtet die Verführung zum Dilettanten, zum Tausendfuss und Tausend-Fühlhorn, er weiss es zu gut, dass Einer, der vor sich selbst die Ehrfurcht verloren hat, auch als Erkennender nicht mehr befiehlt, nicht mehr führt : er müsste denn schon zum grossen Schauspieler werden wollen, zum philosophischen Cagliostro und Rattenfänger der Geister, kurz zum Verführer. Dies ist zuletzt eine Frage des Geschmacks: wenn es selbst nicht eine Frage des Gewissens wäre. Es kommt hinzu, um die Schwierigkeit des Philosophen noch einmal zu verdoppeln, dass er von sich ein Urtheil, ein ja oder Nein, nicht über die Wissenschaften, sondern über das Leben und den Werth des Lebens verlangt,—dass er ungern daran glauben lernt, ein Recht oder gar eine Pflicht zu diesem Urtheile zu haben, und sich nur aus den umfänglichsten—vielleicht störendsten, zerstörendsten—Erlebnissen heraus und oft zögernd, zweifelnd, verstummend seinen Weg zu jenem Rechte und jenem Glauben suchen muss. In der That, die Menge hat den Philosophen lange Zeit verwechselt und verkannt, sei es mit dem wissenschaftlichen Menschen und idealen Gelehrten, sei es mit dem religiös-gehobenen entsinnlichten "entweltlichten" Schwärmer und Trunkenbold Gottes; und hört man gar heute jemanden loben, dafür, dass er "weise" lebe oder "als ein Philosoph," so bedeutet es beinahe nicht mehr, als "klug und abseits." Weisheit: das scheint dem Pöbel eine Art Flucht zu sein, ein Mittel und Kunststück, sich gut aus einem schlimmen Spiele herauszuziehn; aber der rechte Philosoph—so scheint es uns, meine Freunde?—lebt "unphilosophisch" und "unweise," vor Allem unklug, und fühlt die Last und Pflicht zu hundert Versuchen und Versuchungen des Lebens:—er risquirt sich beständig, er spielt das schlimme Spiel .....

The dangers for a philosopher's development are indeed so manifold today that one may doubt whether this fruit can still ripen at all. The scope and the tower-building of the sciences has grown to be enormous, and with this also the probability that the philosopher grows weary while still learning or allows himself to be detained somewhere to become a "specialist"—so he never attains his proper level, the height for a comprehensive look, for looking around, for looking down. Or he attains it too late, when his best time and strength are spent—or impaired, coarsened, degenerated, so his view, his overall judgment does not mean much any more. It may be precisely the sensitivity of his intellectual conscience that leads him to delay somewhere along the way and to be late: he is afraid of the seduction to become a dilettante, a millipede, an insect with a thousand antennae [zum Tausendfuss und Tausend-Fühlhorn], he knows too well that whoever has lost his self-respect cannot command or lead in the realm of knowledge—unless he would like to become a great actor, a philosophical Cagliostro [Count Alessandro di Cagliostro (born Giuseppe Balsamo 1743-95): Italian alchemist and adventurer] and pied piper, in short, a seducer. This is in the end a question of taste, even if it were not a question of conscience. Add to this, by way of once more doubling the difficulties for a philosopher, that he demands of himself a judgment, a Yes or No, not about the sciences but about life and the values of life—that he is reluctant to come to believe that he has a right, or even a duty, to such a judgment, and must seek his way to this right and faith only from the most comprehensive—perhaps most disturbing and destructive—experiences, and frequently hesitates, doubts, and lapses into silence. Indeed, the crowd has for a long time misjudged and mistaken the philosopher, whether for a scientific man and ideal scholar or for a religiously elevated, desensualized, "desecularized" enthusiast and sot of God. And if a man is praised today for living "wisely" or "as a philosopher," it hardly means more than "prudently and apart." Wisdom—seems to the rabble a kind of escape, a means and a trick for getting well out of a wicked game. But the genuine philosopher—as it seems to us, my friends?—lives "unphilosophically" and "unwisely," above all imprudently, and feels the burden and the duty of a hundred attempts and temptations of life—he risks himself constantly, he plays the wicked game .....

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Im Verhältnisse zu einem Genie, das heisst zu einem Wesen, welches entweder zeugt oder gebiert, beide Worte in ihrem höchsten Umfange genommen—, hat der Gelehrte, der wissenschaftliche Durchschnittsmensch immer etwas von der alten Jungfer: denn er versteht sich gleich dieser nicht auf die zwei werthvollsten Verrichtungen des Menschen. In der That, man gesteht ihnen Beiden, den Gelehrten und den alten Jungfern, gleichsam zur Entschädigung die Achtbarkeit zu—man unterstreicht in diesen Fällen die Achtbarkeit—und hat noch an dem Zwange dieses Zugeständnisses den gleichen Beisatz von Verdruss. Sehen wir genauer zu: was ist der wissenschaftliche Mensch? Zunächst eine unvornehme Art Mensch, mit den Tugenden einer unvornehmen, das heisst nicht herrschenden, nicht autoritativen und auch nicht selbstgenugsamen Art Mensch: er hat Arbeitsamkeit, geduldige Einordnung in Reih und Glied, Gleichmässigkeit und Maass im Können und Bedürfen, er hat den Instinkt für Seines gleichen und für Das, was Seinesgleichen nöthig hat, zum Beispiel jenes Stück Unabhängigkeit und grüner Weide, ohne welches es keine Ruhe der Arbeit giebt, jenen Anspruch auf Ehre und Anerkennung (die zuerst und zuoberst Erkennung, Erkennbarkeit voraussetzt—), jenen Sonnenschein des guten Namens, jene beständige Besiegelung seines Werthes und seiner Nützlichkeit, mit der das innerliche Misstrauen, der Grund im Herzen aller abhängigen Menschen und Heerdenthiere, immer wieder überwunden werden muss. Der Gelehrte hat, wie billig, auch die Krankheiten und Unarten einer unvornehmen Art: er ist reich am kleinen Neide und hat ein Luchsauge für das Niedrige solcher Naturen, zu deren Höhen er nicht hinauf kann. Er ist zutraulich, doch nur wie Einer, der sich gehen, aber nicht strömen lässt; und gerade vor dem Menschen des grossen Stroms steht er um so kälter und verschlossener da,—sein Auge ist dann wie ein glatter widerwilliger See, in dem sich kein Entzücken, kein Mitgefühl mehr kräuselt. Das Schlimmste und Gefährlichste, dessen ein Gelehrter fähig ist, kommt ihm vom Instinkte der Mittelmässigkeit seiner Art: von jenem Jesuitismus der Mittelmässigkeit, welcher an der Vernichtung des ungewöhnlichen Menschen instinktiv arbeitet und jeden gespannten Bogen zu brechen oder—noch lieber!—abzuspannen sucht. Abspannen nämlich, mit Rücksicht, mit schonender Hand natürlich—, mit zutraulichem Mitleiden abspannen: das ist die eigentliche Kunst des Jesuitismus, der es immer verstanden hat, sich als Religion des Mitleidens einzuführen. —

Compared to a genius—that is, to one who either begets or gives birth, taking both terms in their most elevated sense—the scholar, the scientific average man, always rather resembles an old maid: like her he is not conversant with the two most valuable functions of man. Indeed, one even concedes to both, to the scholars and to old maids, as it were by way of a compensation, that they are respectable—one stresses their respectability—and yet feels annoyed all over at having to make this concession. Let us look more closely: what is the scientific man? To begin with, a type of man that is not noble, with the virtues of a type of man that is not noble, which is to say, a type that does not dominate and is neither authoritative nor self-sufficient: he has industriousness, patient acceptance of his place in rank and file, evenness and moderation in his abilities and needs, and instinct for his equals and for what they need; for example, that bit of independence and green pasture without which there is no quiet work, that claim to honor and appreciation [Anerkennung] (which first of all presupposes literal recognition [Erkennung] and recognizability [Erkennbarkeit]), that sunshine of a good name, that constant attestation of his value and utility which is needed to overcome again and again the internal mistrust which is the sediment in the hearts of all dependent men and herd animals. The scholar also has, as is only fair, the diseases and bad manners of a type that is not noble: he is rich in petty envy and has lynx eyes for what is base in natures to whose heights he cannot attain. He is familiar, but only like those who let themselves go, not flow; and just before those who flow like great currents he freezes and becomes doubly reserved: his eye becomes like a smooth and reluctant lake with not a ripple of delight or sympathy. The worst and most dangerous thing of which scholars are capable comes from their sense of the mediocrity of their own type—from that Jesuitism of mediocrity which instinctively works at the annihilation of the uncommon man and tries to break every bent bow or, preferably, to unbend it. Unbending—considerately, of course, with a solicitous hand—unbending with familiar pity, that is the characteristic art of Jesuitism which has always known how to introduce itself as a religion of pity. —

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Wie dankbar man auch immer dem objektiven Geiste entgegenkommen mag—und wer wäre nicht schon einmal alles Subjektiven und seiner verfluchten Ipsissimosität bis zum Sterben satt gewesen!—zuletzt muss man aber auch gegen seine Dankbarkeit Vorsicht lernen und der Übertreibung Einhalt thun, mit der die Entselbstung und Entpersönlichung des Geistes gleichsam als Ziel an sich, als Erlösung und Verklärung neuerdings gefeiert wird: wie es namentlich innerhalb der Pessimisten-Schule zu geschehn pflegt, die auch gute Gründe hat, dem "interesselosen Erkennen" ihrerseits die höchsten Ehren zu geben. Der objektive Mensch, der nicht mehr flucht und schimpft, gleich dem Pessimisten, der ideale Gelehrte, in dem der wissenschaftliche Instinkt nach tausendfachem Ganz- und Halb-Missrathen einmal zum Auf- und Ausblühen kommt, ist sicherlich eins der kostbarsten Werkzeuge, die es giebt: aber er gehört in die Hand eines Mächtigeren. Er ist nur ein Werkzeug, sagen wir: er ist ein Spiegel,—er ist kein "Selbstzweck." Der objektive Mensch ist in der That ein Spiegel: vor Allem, was erkannt werden will, zur Unterwerfung gewohnt, ohne eine andre Lust, als wie sie das Erkennen, das "Abspiegeln" giebt,—er wartet, bis Etwas kommt, und breitet sich dann zart hin, dass auch leichte Fusstapfen und das Vorüberschlüpfen geisterhafter Wesen nicht auf seiner Fläche und Haut verloren gehen. Was von "Person" an ihm noch übrig ist, dünkt ihm zufällig, oft willkürlich, noch öfter störend: so sehr ist er sich selbst zum Durchgang und Wiederschein fremder Gestalten und Ereignisse geworden. Er besinnt sich auf "Sich" zurück, mit Anstrengung, nicht selten falsch; er verwechselt sich leicht, er vergreift sich in Bezug auf die eignen Nothdürfte und ist hier allein unfein und nachlässig. Vielleicht quält ihn die Gesundheit oder die Kleinlichkeit und Stubenluft von Weib und Freund, oder der Mangel an Gesellen und Gesellschaft,—ja, er zwingt sich, über seine Qual nachzudenken: umsonst! Schon schweift sein Gedanke weg, zum allgemeineren Falle, und morgen weiss er so wenig als er es gestern wusste, wie ihm zu helfen ist. Er hat den Ernst für sich verloren, auch die Zeit: er ist heiter, nicht aus Mangel an Noth, sondern aus Mangel an Fingern und Handhaben für seine Noth. Das gewohnte Entgegenkommen gegen jedes Ding und Erlebniss, die sonnige und unbefangene Gastfreundschaft, mit der er Alles annimmt, was auf ihn stösst, seine Art von rücksichtslosem Wohlwollen, von gefährlicher Unbekümmertheit um Ja und Nein: ach, es giebt genug Fälle, wo er diese seine Tugenden büssen muss!—und als Mensch überhaupt wird er gar zu leicht das caput mortuum dieser Tugenden. Will man Liebe und Hass von ihm, ich meine Liebe und Hass, wie Gott, Weib und Thier sie verstehn—: er wird thun, was er kann, und geben, was er kann. Aber man soll sich nicht wundern, wenn es nicht viel ist,—wenn er da gerade sich unächt, zerbrechlich, fragwürdig und morsch zeigt. Seine Liebe ist gewollt, sein Hass künstlich und mehr un tour de force, eine kleine Eitelkeit und Übertreibung. Er ist eben nur ächt, so weit er objektiv sein darf: allein in seinem heitern Totalismus ist er noch "Natur" und "natürlich." Seine spiegelnde und ewig sich glättende Seele weiss nicht mehr zu bejahen, nicht mehr zu verneinen; er befiehlt nicht; er zerstört auch nicht. "Je ne méprise presque rien"—sagt er mit Leibnitz: man überhöre und unterschätze das presque nicht! Er ist auch kein Mustermensch; er geht Niemandem voran, noch nach; er stellt sich überhaupt zu ferne, als dass er Grund hätte, zwischen Gut und Böse Partei zu ergreifen. Wenn man ihn so lange mit dem Philosophen verwechselt hat, mit dem cäsarischen Züchter und Gewaltmenschen der Cultur: so hat man ihm viel zu hohe Ehren gegeben und das Wesentlichste an ihm übersehen,—er ist ein Werkzeug, ein Stück Sklave, wenn gewiss auch die sublimste Art des Sklaven, an sich aber Nichts,—presque rien! Der objektive Mensch ist ein Werkzeug, ein kostbares, leicht verletzliches und getrübtes Mess-Werkzeug und Spiegel-Kunstwerk, das man schonen und ehren soll; aber er ist kein Ziel, kein Ausgang und Aufgang, kein complementärer Mensch, in dem das übrige Dasein sich rechtfertigt, kein Schluss—und noch weniger ein Anfang, eine Zeugung und erste Ursache, nichts Derbes, Mächtiges, Auf-sich-Gestelltes, das Herr sein will: vielmehr nur ein zarter ausgeblasener feiner beweglicher Formen-Topf, der auf irgend einen Inhalt und Gehalt erst warten muss, um sich nach ihm "zu gestalten,"—für gewöhnlich ein Mensch ohne Gehalt und Inhalt, ein "selbstloser" Mensch. Folglich auch Nichts für Weiber, in parenthesi. —

However gratefully one may go to welcome an objective spirit—and who has not been sick to death of everything subjective and its accursed ipsissimosity [Ipsissimosität: coinage from ipsissima, "very own"]!—in the end one has to learn to be cautious with one's gratitude too and put a stop to the exaggerated way in which the depersonalization of the spirit is today celebrated as redemption and transfiguration, as if it were the end in itself: as is usually the case within the pessimist school, which also has good reason to accord the highest honors to "disinterested knowledge." The objective man who no longer scolds or curses as the pessimist does, the ideal scholar in whom the scientific instinct, after thousandfold total and partial failure, for once comes to full bloom, is certainly one of the most precious instruments there are: but he belongs in the hand of one who is mightier. He is only an instrument, let us say a mirror—he is not an "end in himself." The objective man is in fact a mirror: accustomed to submitting to whatever wants to be known, lacking any other pleasure than that provided by knowledge, by "mirroring" he waits until something comes along and then gently spreads himself out, so that not even the lightest footsteps and the fluttering of ghostly beings shall be lost on his surface and skin. Whatever still remains to him of his "own person" seems to him accidental, often capricious, more often disturbing: so completely has he become a passage and reflection of forms and events not his own. He finds it an effort to think about "himself," and not infrequently he thinks about himself mistakenly; he can easily confuse himself with another, he fails to understand his own needs and is in this respect alone unsubtle and negligent. Perhaps he is troubled by his health or by the pettiness and stuffiness of his wife and friends, or by a lack of companions and company yes, he forces himself to reflect on his troubles: but in vain! Already his thoughts are roaming, off to a more general case, and tomorrow he will know as little how to help himself as he did yesterday. He no longer knows how to take himself seriously, nor does he have the time for it: he is cheerful, not because he has no troubles but because he has no fingers and facility for dealing with his troubles. His habitual going out to welcome everything and every experience, the sunny and ingenuous hospitality with which he accepts all he encounters, his inconsiderate benevolence, his perilous unconcernedness over Yes and No: alas, how often he has to suffer for these his virtues!—and as a human being in general he can all too easily become the caput mortuum [dross] of these virtues. If love and hatred are demanded of him, I mean love and hatred as God, woman and animal understand them—: he will do what he can and give what he can. But one ought not to be surprised if it is not very much—if he proves spurious, brittle, questionable and soft. His love and his hatred are artificial and more of a tour de force, a piece of vanity and exaggeration. For he is genuine only when he can be objective: only in his cheerful totalism can he remain "nature" and "natural." His mirroring soul, forever polishing itself, no longer knows how to affirm or how to deny; he does not command, neither does he destroy. "Je ne méprise presque rien" ["I despise almost nothing"]—he says with Leibniz: one should not overlook or underestimate the presque [almost]. Nor is he an exemplar; he neither leads nor follows; he sets himself altogether too far off to have any reason to take sides between good and evil. When he was for so long confused with the philosopher, with the Caesarian cultivator and Gewaltmensch of culture, he was done much too great honor and what is essential in him was overlooked—he is an instrument, something of a slave, if certainly the sublimest kind of slave, but in himself he is nothing—presque rien! The objective man is an instrument, a precious, easily damaged and tarnished measuring instrument and reflecting apparatus which ought to be respected and taken good care of; but he is not an end, a termination and ascent, a complementary man in whom the rest of existence is justified, a conclusion—and even less a beginning, a begetting and first cause, something solid, powerful and based firmly on itself that wants to be master: but rather only a delicate, empty, elegant, flexible mold which has first to wait for some content and substance so as "to form" itself by it—as a rule a man without substance or content, a "selfless" man. Consequently nothing for women either, in parenthesi. —

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Wenn heute ein Philosoph zu verstehen giebt, er sei kein Skeptiker,—ich hoffe, man hat Das aus der eben gegebenen Abschilderung des objektiven Geistes herausgehört?—so hört alle Welt das ungern; man sieht ihn darauf an, mit einiger Scheu, man möchte so Vieles fragen, fragen ... ja, unter furchtsamen Horchern, wie es deren jetzt in Menge giebt, heisst er von da an gefährlich. Es ist ihnen, als ob sie, bei seiner Ablehnung der Skepsis, von Ferne her irgend ein böses bedrohliches Geräusch hörten, als ob irgendwo ein neuer Sprengstoff versucht werde, ein Dynamit des Geistes, vielleicht ein neuentdecktes Russisches Nihilin, ein Pessimismus bonae voluntatis, der nicht bloss Nein sagt, Nein will, sondern—schrecklich zu denken! Nein thut. Gegen diese Art von "gutem Willen"—einem Willen zur wirklichen thätlichen Verneinung des Lebens—giebt es anerkanntermaassen heute kein besseres Schlaf- und Beruhigungsmittel, als Skepsis, den sanften holden einlullenden Mohn Skepsis; und Hamlet selbst wird heute von den Ärzten der Zeit gegen den "Geist" und sein Rumoren unter dem Boden verordnet. "Hat man denn nicht alle Ohren schon voll von schlimmen Geräuschen?" sagt der Skeptiker, als ein Freund der Ruhe und beinahe als eine Art von Sicherheits-Polizei: "dies unterirdische Nein ist fürchterlich! Stille endlich, ihr pessimistischen Maulwürfe!" Der Skeptiker nämlich, dieses zärtliche Geschöpf, erschrickt allzuleicht; sein Gewissen ist darauf eingeschult, bei jedem Nein, ja schon bei einem entschlossenen harten Ja zu zucken und etwas wie einen Biss zu spüren. Ja! und Nein!—das geht ihm wider die Moral; umgekehrt liebt er es, seiner Tugend mit der edlen Enthaltung ein Fest zu machen, etwa indem er mit Montaigne spricht: "was weiss ich?" Oder mit Sokrates: "ich weiss, dass ich Nichts weiss." Oder: "hier traue ich mir nicht, hier steht mir keine Thür offen." Oder: "gesetzt, sie stünde offen, wozu gleich eintreten!" Oder: "wozu nützen alle vorschnellen Hypothesen? Gar keine Hypothesen machen könnte leicht zum guten Geschmack gehören. Müsst ihr denn durchaus etwas Krummes gleich gerade biegen? Durchaus jedes Loch mit irgend welchem Werge ausstopfen? Hat das nicht Zeit? Hat die Zeit nicht Zeit? Oh ihr Teufelskerle, könnt ihr denn gar nicht warten? Auch das Ungewisse hat seine Reize, auch die Sphinx ist eine Circe, auch die Circe war eine Philosophin."— Also tröstet sich ein Skeptiker; und es ist wahr, dass er einigen Trost nöthig hat. Skepsis nämlich ist der geistigste Ausdruck einer gewissen vielfachen physiologischen Beschaffenheit, welche man in gemeiner Sprache Nervenschwäche und Kränklichkeit nennt; sie entsteht jedes Mal, wenn sich in entscheidender und plötzlicher Weise lang von einander abgetrennte Rassen oder Stände kreuzen. In dem neuen Geschlechte, das gleichsam verschiedene Maasse und Werthe in's Blut vererbt bekommt, ist Alles Unruhe, Störung, Zweifel, Versuch; die besten Kräfte wirken hemmend, die Tugenden selbst lassen einander nicht wachsen und stark werden, in Leib und Seele fehlt Gleichgewicht, Schwergewicht, perpendikuläre Sicherheit. Was aber in solchen Mischlingen am tiefsten krank wird und entartet, das ist der Wille: sie kennen das Unabhängige im Entschlusse, das tapfere Lustgefühl im Wollen gar nicht mehr,—sie zweifeln an der "Freiheit des Willens" auch noch in ihren Träumen. Unser Europa von heute, der Schauplatz eines unsinnig plötzlichen Versuchs von radikaler Stände- und folglich Rassenmischung, ist deshalb skeptisch in allen Höhen und Tiefen, bald mit jener beweglichen Skepsis, welche ungeduldig und lüstern von einem Ast zum andern springt, bald trübe wie eine mit Fragezeichen überladene Wolke,—und seines Willens oft bis zum Sterben satt! Willenslähmung: wo findet man nicht heute diesen Krüppel sitzen! Und oft noch wie geputzt! Wie verführerisch herausgeputzt! Es giebt die schönsten Prunk- und Lügenkleider für diese Krankheit; und dass zum Beispiel das Meiste von dem, was sich heute als "Objektivität," "Wissenschaftlichkeit," "l'art pour l'art," "reines willensfreies Erkennen" in die Schauläden stellt, nur aufgeputzte Skepsis und Willenslähmung ist,—für diese Diagnose der europäischen Krankheit will ich einstehn.— Die Krankheit des Willens ist ungleichmässig über Europa verbreitet: sie zeigt sich dort am grössten und vielfältigsten, wo die Cultur schon am längsten heimisch ist, sie verschwindet im dem Maasse, als "der Barbar" noch—oder wieder—unter dem schlotterichten Gewande von westländischer Bildung sein Recht geltend macht. Im jetzigen Frankreich ist demnach, wie man es ebenso leicht erschliessen als mit Händen greifen kann, der Wille am schlimmsten erkrankt; und Frankreich, welches immer eine meisterhafte Geschicklichkeit gehabt hat, auch die verhängnisvollen Wendungen seines Geistes in's Reizende und Verführerische umzukehren, zeigt heute recht eigentlich als Schule und Schaustellung aller Zauber der Skepsis sein Cultur-Übergewicht über Europa. Die Kraft zu wollen, und zwar einen Willen lang zu wollen, ist etwas stärker schon in Deutschland, und im deutschen Norden wiederum stärker als in der deutschen Mitte; erheblich stärker in England, Spanien und Corsika, dort an das Phlegma, hier an harte Schädel gebunden,—um nicht von Italien zu reden, welches zu jung ist, als dass es schon wüsste, was es wollte, und das erst beweisen muss, ob es wollen kann—, aber am allerstärksten und erstaunlichsten in jenem ungeheuren Zwischenreiche, wo Europa gleichsam nach Asien zurückfliesst, in Russland. Da ist die Kraft zu wollen seit langem zurückgelegt und aufgespeichert, da wartet der Wille—ungewiss, ob als Wille der Verneinung oder der Bejahung—in bedrohlicher Weise darauf, ausgelöst zu werden, um den Physikern von heute ihr Leibwort abzuborgen. Es dürften nicht nur indische Kriege und Verwicklungen in Asien dazu nöthig sein, damit Europa von seiner grössten Gefahr entlastet werde, sondern innere Umstürze, die Zersprengung des Reichs in kleine Körper und vor Allem die Einführung des parlamentarischen Blödsinns, hinzugerechnet die Verpflichtung für Jedermann, zum Frühstück seine Zeitung zu lesen. Ich sage dies nicht als Wünschender: mir würde das Entgegengesetzte eher nach dem Herzen sein,—ich meine eine solche Zunahme der Bedrohlichkeit Russlands, dass Europa sich entschliessen müsste, gleichermaassen bedrohlich zu werden, nämlich Einen Willen zu bekommen, durch das Mittel einer neuen über Europa herrschenden Kaste, einen langen furchtbaren eigenen Willen, der sich über Jahrtausende hin Ziele setzen könnte:—damit endlich die langgesponnene Komödie seiner Kleinstaaterei und ebenso seine dynastische wie demokratische Vielwollerei zu einem Abschluss käme. Die Zeit für kleine Politik ist vorbei: schon das nächste Jahrhundert bringt den Kampf um die Erd-Herrschaft,—den Zwang zur grossen Politik.

When a philosopher today gives us to understand that he is not a skeptic—I hope the foregoing account of the objective spirit has brought this out?—all the world is offended to hear it; thereafter he is regarded with a certain dread, there is so much one would like to ask him ... indeed, among timid listeners, of whom there are nowadays a very great number, he is henceforth considered dangerous. It is as if, in his rejection of skepticism, they seemed to hear some evil, menacing sound from afar, as if some new explosive were being tested somewhere, a dynamite of the spirit, perhaps a newly discovered Russian nihiline [Nihilin, a play on Anilin (aniline, a posionous chemical)], a pessimism bonae voluntatis [of good will] which does not merely say No, will No, but—dreadful thought! does No. Against this kind of "good will"—a will to the actual active denial of life—there is today confessedly no better sedative and soporific than skepticism, the gentle, gracious, lulling poppy skepticism; and even Hamlet is prescribed by the doctors of our time against the "spirit" and its noises under the ground. "Are our ears not already filled with nasty sounds?" says the skeptic as a friend of sleep and almost as a kind of security police: "this subterranean No is terrible! Be quiet, you pessimistic moles!" For the skeptic, that delicate creature, is all too easily frightened; his conscience is schooled to wince at every No, indeed even at a hard decisive Yes, and to sense something like a sting. Yes! and No!—that is to him contrary to morality; on the other hand, he likes his virtue to enjoy a noble continence, perhaps by saying after Montaigne "What do I know?" ["Que sais-je?": the motto of the Essays (1580) of Michel de Montaigne (1533-92)] Or after Socrates: "I know that I know nothing." Or: "Here I do not trust myself, here no door stands open to me." Or: "If it did stand open, why go straight in?" Or: "What is the point of hasty hypotheses? To make no hypothesis at all could well be a part of good taste. Do you absolutely have to go straightening out what is crooked? Absolutely have to stop up every hole with oakum? Is there not plenty of time? Does time not have time? Oh you rogues, are you unable to wait? Uncertainty too has its charms, the sphinx too is a Circe, Circe too was a philosopher."— Thus does a skeptic console himself; and it is true he stands in need of some consolation. For skepticism is the most spiritual expression of a certain complex physiological condition called in ordinary language nervous debility and sickliness; it arises whenever races or classes long separated from one another are decisively and suddenly crossed. In the new generation, which has as it were inherited varying standards and values in its blood, all is unrest, disorder, doubt, experiment; the most vital forces have a retarding effect, the virtues themselves will not let one another grow and become strong, equilibrium, center of balance, upright certainty are lacking in body and soul. But that which becomes most profoundly sick and degenerates in such hybrids is the will: they no longer have any conception of independence of decision, of the valiant feeling of pleasure in willing—even in their dreams they doubt the "freedom of the will." Our Europe of today, the scene of a senselessly sudden attempt at radical class—and consequently race-mixture, is as a result skeptical from top to bottom, now with that agile skepticism which springs impatiently and greedily from branch to branch, now gloomily like a cloud overcharged with question marks and often sick to death of its will! Paralysis of will: where does one not find this cripple sitting today! And frequently so dressed up! How seductively dressed up! There is the loveliest false finery available for this disease; and that most of that which appears in the shop windows today as "objectivity," "scientificality," "l'art pour l'art," "pure will-less knowledge" is merely skepticism and will-paralysis dressed up—for this diagnosis of the European sickness I am willing to go bail. Sickness of will is distributed over Europe unequally: it appears most virulently and abundantly where culture has been longest, indigenous it declines according to the extent to which "the barbarian" still—or again—asserts his rights under the loose-fitting garment of Western culture. In present-day France, consequently, as one can as easily deduce as actually see, the will is sickest; and France, which has always possessed a masterly adroitness in transforming even the most fateful crises of its spirit into something charming and seductive, today really demonstrates its cultural ascendancy over Europe as the school and showcase for all the fascinations of skepticism. The strength to will, and to will one thing for a long time, is somewhat stronger already in Germany, and stronger again in the north of Germany than in the center of Germany; considerably stronger in England, Spain and Corsica, there in association with dullness, here with hardness of head—not to speak of Italy, which is too young to know what it wants and first has to prove whether it is capable of willing—but strongest of all and most astonishing in that huge empire-in-between, where Europe as it were flows back into Asia, in Russia. There the strength to will has for long been stored up and kept in reserve, there the will is waiting menacingly—uncertain whether it is a will to deny or a will to affirm—in readiness to discharge itself, to borrow one of the physicists' favorite words. It may need not only wars in India and Asian involvements to relieve Europe of the greatest danger facing it, but also internal eruptions, the explosion of the empire into small fragments, and above all the introduction of the parliamentary imbecility, including the obligation upon everyone to read his newspaper at breakfast. I do not say this, because I desire it: the reverse would be more after my heart I mean such an increase in the Russian threat that Europe would have to resolve to become equally threatening, namely to acquire a single will by means of a new caste dominating all Europe, a protracted terrible will of its own which could set its objectives thousands of years ahead—so that the long-drawn-out comedy of its petty states and the divided will of its dynasties and democracies should finally come to an end. The time for petty politics is past: the very next century will bring with it the struggle for mastery over the whole earth—the compulsion to grand politics.

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Inwiefern das neue kriegerische Zeitalter, in welches wir Europäer ersichtlich eingetreten sind, vielleicht auch der Entwicklung einer anderen und stärkeren Art von Skepsis günstig sein mag, darüber möchte ich mich vorläufig nur durch ein Gleichniss ausdrücken, welches die Freunde der deutschen Geschichte schon verstehen werden. Jener unbedenkliche Enthusiast für schöne grossgewachsene Grenadiere, welcher, als König von Preussen, einem militärischen und skeptischen Genie—und damit im Grunde jenem neuen, jetzt eben siegreich heraufgekommenen Typus des Deutschen—das Dasein gab, der fragwürdige tolle Vater Friedrichs des Grossen, hatte in Einem Punkte selbst den Griff und die Glücks-Kralle des Genies: er wusste, woran es damals in Deutschland fehlte, und welcher Mangel hundert Mal ängstlicher und dringender war, als etwa der Mangel an Bildung und gesellschaftlicher Form,—sein Widerwille gegen den jungen Friedrich kam aus der Angst eines tiefen Instinktes. Männer fehlten; und er argwöhnte zu seinem bittersten Verdrusse, dass sein eigner Sohn nicht Manns genug sei. Darin betrog er sich: aber wer hätte an seiner Stelle sich nicht betrogen? Er sah seinen Sohn dem Atheismus, dem esprit, der genüsslichen Leichtlebigkeit geistreicher Franzosen verfallen:—er sah im Hintergrunde die grosse Blutaussaugerin, die Spinne Skepsis, er argwöhnte das unheilbare Elend eines Herzens, das zum Bösen wie zum Guten nicht mehr hart genug ist, eines zerbrochnen Willens, der nicht mehr befiehlt, nicht mehr befehlen kann. Aber inzwischen wuchs in seinem Sohne jene gefährlichere und härtere neue Art der Skepsis empor—wer weiss, wie sehr gerade durch den Hass des Vaters und durch die eisige Melancholie eines einsam gemachten Willens begünstigt?—die Skepsis der verwegenen Männlichkeit, welche dem Genie zum Kriege und zur Eroberung nächst verwandt ist und in der Gestalt des grossen Friedrich ihren ersten Einzug in Deutschland hielt. Diese Skepsis verachtet und reisst trotzdem an sich; sie untergräbt und nimmt in Besitz; sie glaubt nicht, aber sie verliert sich nicht dabei; sie giebt dem Geiste gefährliche Freiheit, aber sie hält das Herz streng; es ist die deutsche Form der Skepsis, welche, als ein fortgesetzter und in's Geistigste gesteigerter Fridericianismus, Europa eine gute Zeit unter die Botmässigkeit des deutschen Geistes und seines kritischen und historischen Misstrauens gebracht hat. Dank dem unbezwinglich starken und zähen Manns-Charakter der grossen deutschen Philologen und Geschichts-Kritiker (welche, richtig angesehn, allesammt auch Artisten der Zerstörung und Zersetzung waren) stellte sich allmählich und trotz aller Romantik in Musik und Philosophie ein neuer Begriff vom deutschen Geiste fest, in dem der Zug zur männlichen Skepsis entscheidend hervortrat: sei es zum Beispiel als Unerschrockenheit des Blicks, als Tapferkeit und Härte der zerlegenden Hand, als zäher Wille zu gefährlichen Entdeckungsreisen, zu vergeistigten Nordpol-Expeditionen unter öden und gefährlichen Himmeln. Es mag seine guten Gründe haben, wenn sich warmblütige und oberflächliche Menschlichkeits-Menschen gerade vor diesem Geiste bekreuzigen: cet esprit fataliste, ironique, méphistophélique nennt ihn, nicht ohne Schauder, Michelet. Aber will man nachfühlen, wie auszeichnend diese Furcht vor dem "Mann" im deutschen Geiste ist, durch den Europa aus seinem "dogmatischen Schlummer" geweckt wurde, so möge man sich des ehemaligen Begriffs erinnern, der mit ihm überwunden werden musste,—und wie es noch nicht zu lange her ist, dass ein vermännlichtes Weib es in zügelloser Anmaassung wagen durfte, die Deutschen als sanfte herzensgute willensschwache und dichterische Tölpel der Theilnahme Europa's zu empfehlen. Man verstehe doch endlich das Erstaunen Napoleon's tief genug, als er Goethen zu sehen bekam: es verräth, was man sich Jahrhunderte lang unter dem "deutschen Geiste" gedacht hatte. "Voilà un homme!"—das wollte sagen: "Das ist ja ein Mann! Und ich hatte nur einen Deutschen erwartet!" — [Goethe: Unterredung mit Napoleon, 1808, Skizze (2. Oktober 1808) "Nachdem er mich aufmerksam angeblickt, sagte er: 'Vous êtes un homme.' Ich verbeuge mich." Annalen oder Tag und Jahres-Hefte von 1749 bis Ende 1822.]

To what extent the new warlike age upon which we Europeans have obviously entered may perhaps also be favorable to the evolution of a new and stronger species of skepticism: on that question I should like for the moment to speak only in a parable which amateurs of German history will easily understand. That unscrupulous enthusiast for tall handsome grenadiers who, as King of Prussia [Frederick William I (1688-1740): reigned 1713-40], brought into existence a military and skeptical genius—and therewith at bottom that new type of German which has just triumphantly emerged—the questionable mad father of Frederick the Great, himself had on one point the grasp and lucky clutch of genius: he knew what was then lacking in Germany and which deficiency was a hundred times more alarming and pressing than any deficiency in culture or social polish—his antipathy for the youthful Frederick was the product of a deep instinctual fear. Men were lacking; and he suspected, with the bitterest vexation, that his own son was not enough of a man. In that he was deceived: but who would not have been deceived in his place? He saw his son lapse into the atheism, the esprit, the pleasure-seeking frivolity of ingenious Frenchmen—he saw in the background the great blood-sucker, the spider skepticism, he suspected the incurable wretchedness of a heart which is no longer hard enough for evil or for good, of a broken will which no longer commands, can no longer command. But in the meantime there grew up in his son that more dangerous and harder new species of skepticism—who knows to what extent favored by precisely the father's hatred and the icy melancholy of a will sent into solitude?—the skepticism of audacious manliness, which is related most closely to genius for war and conquest and which first entered Germany in the person of the great Frederick. This skepticism despises and yet grasps to itself; it undermines and takes into possession; it does not believe but retains itself; it gives perilous liberty to the spirit but it keeps firm hold on the heart; it is the German form of skepticism which, as a continuation of Frederick-ism intensified into the most spiritual domain, for a long time brought Europe under the dominion of the German spirit and its critical and historical mistrust. Thanks to the indomitably strong and tough masculinity of the great German philologists and critical historians (who, seen aright, were also one and all artists in destruction and disintegration), there became established, gradually and in spite of all the romanticism in music and philosophy, a new conception of the German spirit in which the trait of manly skepticism decisively predominated: whether as intrepidity of eye, as bravery and sternness of dissecting hand, or as tenacious will for perilous voyages of discovery, for North Pole expeditions of the spirit beneath desolate and dangerous skies. There may be good reason for warm-blooded and superficial humanitarians to cross themselves before precisely this spirit: cet esprit fataliste, ironique, méphistophélique [that fatalistic, ironic, Mephistophelian spirit] Michelet calls it, not without a shudder. But if one wishes to appreciate what a mark of distinction is this fear of the "man" in the German spirit through which Europe was awoken from its "dogmatic slumber," [Immanuel Kant's statement that reading David Hume had awakened him from his dogmatic slumber] one might like to recall the earlier conception which it had to overcome—and how it is not very long since a masculinized woman could, with unbridled presumption, venture to commend the Germans to Europe's sympathy as gentle, good-hearted, weak-willed and poetic dolts [an allusion to the French novelist Germaine Necker, Madame de Staël (1766-1817), whose De l'Allemagne (On Germany) appeared in 1813]. One should at last have a sufficiently profound comprehension of Napoleon's astonishment when he caught sight of Goethe: it betrays what had for centuries been thought was meant by the "German spirit." "Voilà un homme! [This is a man!]"—which is to say: "But that is a man! And I had expected only a German!" — [Goethe, Unterredung mit Napoleon (Conversation with Napoleon) 1808, Skizze (2. Oktober 1808): "Nachdem er mich aufmerksam angeblickt, sagte er: 'Vous êtes un homme.' Ich verbeuge mich." (After looking at me attentively, he said: "Vous êtes un homme." I bow.) Annalen oder Tag und Jahres-Hefte von 1749 bis Ende 1822.]

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Gesetzt also, dass im Bilde der Philosophen der Zukunft irgend ein Zug zu rathen giebt, ob sie nicht vielleicht, in dem zuletzt angedeuteten Sinne, Skeptiker sein müssen, so wäre damit doch nur ein Etwas an ihnen bezeichnet—und nicht sie selbst. Mit dem gleichen Rechte dürften sie sich Kritiker nennen lassen; und sicherlich werden es Menschen der Experimente sein. Durch den Namen, auf welchen ich sie zu taufen wagte, habe ich das Versuchen und die Lust am Versuchen schon ausdrücklich unterstrichen: geschah dies deshalb, weil sie, als Kritiker an Leib und Seele, sich des Experiments in einem neuen, vielleicht weiteren, vielleicht gefährlicheren Sinne zu bedienen lieben? Müssen sie, in ihrer Leidenschaft der Erkenntniss, mit verwegenen und schmerzhaften Versuchen weiter gehn, als es der weichmüthige und verzärtelte Geschmack eines demokratischen Jahrhunderts gut heissen kann?— Es ist kein Zweifel: diese Kommenden werden am wenigsten jener ernsten und nicht unbedenklichen Eigenschaften entrathen dürfen, welche den Kritiker vom Skeptiker abheben, ich meine die Sicherheit der Werthmaasse, die bewusste Handhabung einer Einheit von Methode, den gewitzten Muth, das Alleinstehn und Sich-verantworten-können; ja, sie gestehen bei sich eine Lust am Neinsagen und Zergliedern und eine gewisse besonnene Grausamkeit zu, welche das Messer sicher und fein zu führen weiss, auch noch, wenn das Herz blutet. Sie werden härter sein (und vielleicht nicht immer nur gegen sich), als humane Menschen wünschen mögen, sie werden sich nicht mit der "Wahrheit" einlassen, damit sie ihnen "gefalle" oder sie "erhebe" und "begeistere":—ihr Glaube wird vielmehr gering sein, dass gerade die Wahrheit solche Lustbarkeiten für das Gefühl mit sich bringe. Sie werden lächeln, diese strengen Geister, wenn Einer vor ihnen sagte "jener Gedanke erhebt mich: wie sollte er nicht wahr sein?" Oder: "jenes Werk entzückt mich: wie sollte es nicht schön sein?" Oder: "jener Künstler vergrössert mich: wie sollte er nicht gross sein?"—sie haben vielleicht nicht nur ein Lächeln, sondern einen ächten Ekel vor allem derartig Schwärmerischen, Idealistischen, Femininischen, Hermaphroditischen bereit, und wer ihnen bis in ihre geheimen Herzenskammern zu folgen wüsste, würde schwerlich dort die Absicht vorfinden, "christliche Gefühle" mit dem "antiken Geschmacke" und etwa gar noch mit dem "modernen Parlamentarismus" zu versöhnen (wie dergleichen Versöhnlichkeit in unserm sehr unsicheren, folglich sehr versöhnlichen Jahrhundert sogar bei Philosophen vorkommen soll). Kritische Zucht und jede Gewöhnung, welche zur Reinlichkeit und Strenge in Dingen des Geistes führt, werden diese Philosophen der Zukunft nicht nur von sich verlangen: sie dürften sie wie ihre Art Schmuck selbst zur Schau tragen,—trotzdem wollen sie deshalb noch nicht Kritiker heissen. Es scheint ihnen keine kleine Schmach, die der Philosophie angethan wird, wenn man dekretirt, wie es heute so gern geschieht: "Philosophie selbst ist Kritik und kritische Wissenschaft—und gar nichts ausserdem!" Mag diese Werthschätzung der Philosophie sich des Beifalls aller Positivisten Frankreichs und Deutschlands erfreuen (—und es wäre möglich, dass sie sogar dem Herzen und Geschmacke Kant's geschmeichelt hätte: man erinnere sich der Titel seiner Hauptwerke—): unsre neuen Philosophen werden trotzdem sagen: Kritiker sind Werkzeuge des Philosophen und eben darum, als Werkzeuge, noch lange nicht selbst Philosophen! Auch der grosse Chinese von Königsberg war nur ein grosser Kritiker. —

Supposing, then, that in the image of the philosophers of the future some trait provokes the question whether they will not have to be skeptics in the sense last suggested, this would still designate only something about them—and not them themselves. They might with equal justification let themselves be called critics; and they will certainly be experimenters. Through the name with which I have ventured to baptize them I have already expressly emphasized experiment and the delight in experiment: was this because, as critics body and soul, they like to employ experiment in, a new, perhaps wider, perhaps more dangerous sense? Will they, in their passion for knowledge, have to go further with audacious and painful experiments than the tender and pampered taste of a democratic century can approve of?— There can be no doubt that these coming men will want to dispense least with those serious and not indubious qualities which distinguish the critic from the skeptic: I mean certainty in standards of value, conscious employment of a unity of method, instructed courage, independence and ability to justify oneself; indeed, they confess to taking a pleasure in negating and dissecting and to a certain self-possessed cruelty which knows how to wield the knife with certainty and deftness even when the heart bleeds. They will be harder (and perhaps not always only against themselves) than humane men might wish, they will not consort with "truth" so as to be "pleased" by it or "elevated" and "inspired"—they will rather be little disposed to believe that truth of all things should be attended by such pleasures. They will smile, these stern spirits, if someone should say in their presence: "This thought elevates me: how should it not be true?" Or: "This work delights me: how should it not be beautiful?" Or: "This artist enlarges me: how should he not be great?"—perhaps they will have not only a smile but a feeling of genuine disgust for all such fawning enthusiasm, idealism, feminism, hermaphroditism, and he who could penetrate into the secret chambers of their hearts would hardly discover there the intention of reconciling "Christian feelings" with "classical taste" and perhaps even with "modern parliamentarianism" (as such a conciliatory spirit is said to exist even among philosophers in our very uncertain and consequently conciliatory century). Critical discipline and every habit conducive to cleanliness and severity in things of the spirit will be demanded by these philosophers not only of themselves: they could even display them as their kind of decoration—none the less they still do not want to be called critics on that account. It seems to them no small insult to philosophy when it is decreed, as is so happily done today: "Philosophy itself is criticism and critical science—and nothing whatever besides!" This evaluation of philosophy may enjoy the applause of every positivist in France and Germany (and it might possibly have flattered the heart and taste of Kant: one should recall the titles of his principal works): our new philosophers will still say: critics are the philosophers' instruments and for that reason very far from being philosophers themselves! Even the great Chinaman of Königsberg [Immanuel Kant] was only a great critic. —

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Ich bestehe darauf, dass man endlich aufhöre, die philosophischen Arbeiter und überhaupt die wissenschaftlichen Menschen mit den Philosophen zu verwechseln,—dass man gerade hier mit Strenge "Jedem das Seine" und Jenen nicht zu Viel, Diesen nicht viel zu Wenig gebe. Es mag zur Erziehung des wirklichen Philosophen nöthig sein, dass er selbst auch auf allen diesen Stufen einmal gestanden hat, auf welchen seine Diener, die wissenschaftlichen Arbeiter der Philosophie, stehen bleiben,—stehen bleiben müssen; er muss selbst vielleicht Kritiker und Skeptiker und Dogmatiker und Historiker und überdies Dichter und Sammler und Reisender und Räthselrather und Moralist und Seher und "freier Geist" und beinahe Alles gewesen sein, um den Umkreis menschlicher Werthe und Werth-Gefühle zu durchlaufen und mit vielerlei Augen und Gewissen, von der Höhe in jede Ferne, von der Tiefe in jede Höhe, von der Ecke in jede Weite, blicken zu können. Aber dies Alles sind nur Vorbedingungen seiner Aufgabe: diese Aufgabe selbst will etwas Anderes,—sie verlangt, dass er Werthe schaffe. Jene philosophischen Arbeiter nach dem edlen Muster Kant's und Hegel's haben irgend einen grossen Thatbestand von Werthschätzungen—das heisst ehemaliger Werthsetzungen, Werthschöpfungen, welche herrschend geworden sind und eine Zeit lang "Wahrheiten" genannt werden—festzustellen und in Formeln zu drängen, sei es im Reiche des Logischen oder des Politischen (Moralischen) oder des Künstlerischen. Diesen Forschern liegt es ob, alles bisher Geschehene und Geschätzte übersichtlich, überdenkbar, fasslich, handlich zu machen, alles Lange, ja "die Zeit" selbst, abzukürzen und die ganze Vergangenheit zu überwältigen: eine ungeheure und wundervolle Aufgabe, in deren Dienst sich sicherlich jeder feine Stolz, jeder zähe Wille befriedigen kann. Die eigentlichen Philosophen aber sind Befehlende und Gesetzgeber: sie sagen "so soll es sein!", sie bestimmen erst das Wohin? und Wozu? des Menschen und verfügen dabei über die Vorarbeit aller philosophischen Arbeiter, aller Überwältiger der Vergangenheit,—sie greifen mit schöpferischer Hand nach der Zukunft, und Alles, was ist und war, wird ihnen dabei zum Mittel, zum Werkzeug, zum Hammer. Ihr "Erkennen" ist Schaffen, ihr Schaffen ist eine Gesetzgebung, ihr Wille zur Wahrheit ist—Wille zur Macht.— Giebt es heute solche Philosophen? Gab es schon solche Philosophen? Muss es nicht solche Philosophen geben? ....

I insist that philosophical laborers and men of science in general should once and for all cease to be confused with philosophers—that on precisely this point "to each his own" should be strictly applied, and not much too much given to the former, much too little to the latter. It may be required for the education of a philosopher that he himself has also once stood on all those steps on which his servants, the scientific laborers of philosophy, remain standing—must remain standing; he himself must perhaps have been critic and skeptic and dogmatist and historian and, in addition, poet and collector and traveler and reader of riddles and moralist and seer and "free spirit" and practically everything, so as to traverse the whole range of human values and value-feelings and be able to gaze from the heights into every distance, from the depths into every height, from the nook-and-comer into every broad expanse with manifold eyes and a manifold conscience. But all these are only preconditions of his task: this task itself demands something different—it demands that he create values. Those philosophical laborers after the noble exemplar of Kant and Hegel have to take some great fact of evaluation—that is to say, former assessments of value, creations of value which have become dominant and are for a while called "truths"—and identify them and reduce them to formulas, whether in the realm of logic or of politics (morals) or of art. It is the duty of these scholars to take everything that has hitherto happened and been valued, and make it clear, distinct, intelligible and manageable, to abbreviate everything long, even "time" itself, and to subdue the entire past: a tremendous and wonderful task in the service of which every subtle pride, every tenacious will can certainly find satisfaction. Actual philosophers, however, are commanders and law givers: they say "thus it shall be!," it is they who determine the Wherefore and Whither of mankind, and they possess for this task the preliminary work of all the philosophical laborers, of all those who have subdued the past—they reach for the future with creative hand, and everything that is or has been becomes for them a means, an instrument, a hammer. Their "knowing" is creating, their creating is a law-giving, their will to truth is—will to power.— Are there such philosophers today? Have there been such philosophers? Must there not be such philosophers? ....

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Es will mir immer mehr so scheinen, dass der Philosoph als ein nothwendiger Mensch des Morgens und Übermorgens sich jederzeit mit seinem Heute in Widerspruch befunden hat und befinden musste: sein Feind war jedes Mal das Ideal von Heute. Bisher haben alle diese ausserordentlichen Förderer des Menschen, welche man Philosophen nennt, und die sich selbst selten als Freunde der Weisheit, sondern eher als unangenehme Narren und gefährliche Fragezeichen fühlten—, ihre Aufgabe, ihre harte, ungewollte, unabweisliche Aufgabe, endlich aber die Grösse ihrer Aufgabe darin gefunden, das böse Gewissen ihrer Zeit zu sein. Indem sie gerade den Tugenden der Zeit das Messer vivisektorisch auf die Brust setzten, verriethen sie, was ihr eignes Geheimniss war: um eine neue Grösse des Menschen zu wissen, um einen neuen ungegangenen Weg zu seiner Vergrösserung. Jedes Mal deckten sie auf, wie viel Heuchelei, Bequemlichkeit, Sich-gehen-lassen und Sich-fallen lassen, wie viel Lüge unter dem bestgeehrten Typus ihrer zeitgenössischen Moralität versteckt, wie viel Tugend überlebt sei; jedes Mal sagten sie: "wir müssen dorthin, dorthinaus, wo ihr heute am wenigsten zu Hause seid." Angesichts einer Welt der "modernen Ideen," welche Jedermann in eine Ecke und "Spezialität" bannen möchte, würde ein Philosoph, falls es heute Philosophen geben könnte, gezwungen sein, die Grösse des Menschen, den Begriff "Grösse" gerade in seine Umfänglichkeit und Vielfältigkeit, in seine Ganzheit im Vielen zu setzen: er würde sogar den Werth und Rang darnach bestimmen, wie viel und vielerlei Einer tragen und auf sich nehmen, wie weit Einer seine Verantwortlichkeit spannen könnte. Heute schwächt und verdünnt der Zeitgeschmack und die Zeittugend den Willen, Nichts ist so sehr zeitgemäss als Willensschwäche: also muss, im Ideale des Philosophen, gerade Stärke des Willens, Härte und Fähigkeit zu langen Entschliessungen in den Begriff "Grösse" hineingehören; mit so gutem Rechte als die umgekehrte Lehre und das Ideal einer blöden entsagenden demüthigen selbstlosen Menschlichkeit einem umgekehrten Zeitalter angemessen war, einem solchen, das gleich dem sechszehnten Jahrhundert an seiner aufgestauten Energie des Willens und den wildesten Wässern und Sturmfluthen der Selbstsucht litt. Zur Zeit des Sokrates, unter lauter Menschen des ermüdeten Instinktes, unter conservativen Altathenern, welche sich gehen liessen—"zum Glück," wie sie sagten, zum Vergnügen, wie sie thaten—und die dabei immer noch die alten prunkvollen Worte in den Mund nahmen, auf die ihnen ihr Leben längst kein Recht mehr gab, war vielleicht Ironie zur Grösse der Seele nöthig, jene sokratische boshafte Sicherheit des alten Arztes und Pöbelmanns, welcher schonungslos in's eigne Fleisch schnitt, wie in's Fleisch und Herz des "Vornehmen," mit einem Blick, welcher verständlich genug sprach: "verstellt euch vor mir nicht! Hier—sind wir gleich!" Heute umgekehrt, wo in Europa das Heerdenthier allein zu Ehren kommt und Ehren vertheilt, wo die "Gleichheit der Rechte" allzuleicht sich in die Gleichheit im Unrechte umwandeln könnte: ich will sagen in gemeinsame Bekriegung alles Seltenen, Fremden, Bevorrechtigten, des höheren Menschen, der höheren Seele, der höheren Pflicht, der höheren Verantwortlichkeit, der schöpferischen Machtfülle und Herrschaftlichkeit—heute gehört das Vornehm-sein, das Für-sich-sein-wollen, das Anders-sein-können, das Allein-stehn und auf-eigne-Faust-leben-müssen zum Begriff "Grösse"; und der Philosoph wird Etwas von seinem eignen Ideal verrathen, wenn er aufstellt: "der soll der Grösste sein, der der Einsamste sein kann, der Verborgenste, der Abweichendste, der Mensch jenseits von Gut und Böse, er Herr seiner Tugenden, der überreiche des Willens; dies eben soll Grösse heissen: ebenso vielfach als ganz, ebenso weit als voll sein können." Und nochmals gefragt: ist heute—Grösse möglich?

More and more it seems to me that the philosopher, being of necessity a man of tomorrow and the day after tomorrow, has always found himself, and had to find himself, in contradiction to today: his enemy was ever the ideal of today. So far all these extraordinary furtherers of man whom one calls philosophers, though they themselves have rarely felt like friends of wisdom but rather like disagreeable fools and dangerous question marks, have found their task, their hard, unwanted, inescapable task, but eventually also the greatness of their task, in being the bad conscience of their time. By applying the knife vivisectionally to the chest of the very virtues of their time, they betrayed what was their own secret: to know of a new greatness of man, of a new untrodden way to his enhancement. Every time they exposed how much hypocrisy, comfortableness, letting oneself go and letting oneself drop [Sich-gehen-lassen und Sich-fallen lassen], how many lies lay hidden under the best honored type of their contemporary morality, how much virtue was outlived. Every time they said: "We must get there, that way, where you today are least at home." Facing a world of "modern ideas" that would banish everybody into a corner and "specialty," a philosopher—if today there could be philosophers—would be compelled to find the greatness of man, the concept of "greatness," precisely in his range and multiplicity, in his wholeness in manifoldness. He would even determine value and rank in accordance with how much and how many things one could bear and take upon himself, how far one could extend his responsibility. Today the taste of the time and the virtue of the time weakens and thins down the will; nothing is as timely as weakness of the will. In the philosopher's ideal, therefore, precisely strength of the will, hardness, and the capacity for long-range decisions must belong to the concept of "greatness"—with as much justification as the opposite doctrine and the ideal of a dumb, renunciatory, humble, selfless humanity was suitable for an opposite age, one that suffered, like the sixteenth century, from its accumulated energy of will and from the most savage floods and tidal waves of selfishness. In the age of Socrates, among men of fatigued instincts, among the conservatives of ancient Athens who let themselves go—"toward happiness," as they said; toward pleasure, as they acted—and who all the while still mouthed the ancient pompous words to which their lives no longer gave them any right, irony may have been required for greatness of soul, that Socratic sarcastic assurance of the old physician and plebeian who cut ruthlessly into his own flesh, as he did into the flesh and heart of the "noble," with a look that said clearly enough: "Don't dissemble in front of me! Here—we are equal." Today, conversely, when only the herd animal receives and dispenses honors in Europe, when "equality of rights" could all too easily be changed into equality in violating rights—I mean, into a common war on all that is rare, strange, privileged, the higher man, the higher soul, the higher duty, the higher responsibility, and the abundance of creative power and masterfulness—today the concept of greatness entails being noble, wanting to be by oneself, being able to be different, standing alone and having to live independently. And the philosopher will betray something of his own ideal when he posits: "He shall be greatest who can be loneliest, the most concealed, the most deviant, the human being beyond good and evil, the master of his virtues, he that is overrich in will. Precisely this should be called greatness: being capable of being as manifold as whole, as ample as full." And to ask it once more: today—is greatness possible?

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Was ein Philosoph ist, das ist deshalb schlecht zu lernen, weil es nicht zu lehren ist: man muss es "wissen," aus Erfahrung,—oder man soll den Stolz haben, es nicht zu wissen. Dass aber heutzutage alle Welt von Dingen redet, in Bezug auf welche sie keine Erfahrung haben kann, gilt am meisten und schlimmsten vom Philosophen und den philosophischen Zuständen:—die Wenigsten kennen sie, dürfen sie kennen, und alle populären Meinungen über sie sind falsch. So ist zum Beispiel jenes ächt philosophische Beieinander einer kühnen ausgelassenen Geistigkeit, welche presto läuft, und einer dialektischen Strenge und Nothwendigkeit, die keinen Fehltritt thut, den meisten Denkern und Gelehrten von ihrer Erfahrung her unbekannt und darum, falls jemand davon vor ihnen reden wollte, un glaubwürdig. Sie stellen sich jede Nothwendigkeit als Noth, als peinliches Folgen-müssen und Gezwungen-werden vor; und das Denken selbst gilt ihnen als etwas Langsames, Zögerndes, beinahe als eine Mühsal und oft genug als "des Schweisses der Edlen werth"—aber ganz und gar nicht als etwas Leichtes, Göttliches und dem Tanze, dem Übermuthe, Nächst-Verwandtes! "Denken" und eine Sache "ernst nehmen," "schwer nehmen"—das gehört bei ihnen zu einander: so allein haben sie es "erlebt"—. Die Künstler mögen hier schon eine feinere Witterung haben: sie, die nur zu gut wissen, dass gerade dann, wo sie Nichts mehr "willkürlich" und Alles nothwendig machen, ihr Gefühl von Freiheit, Feinheit, Vollmacht, von schöpferischem Setzen, Verfügen, Gestalten auf seine Höhe kommt,—kurz, dass Nothwendigkeit und "Freiheit des Willens" dann bei ihnen Eins sind. Es giebt zuletzt eine Rangordnung seelischer Zustände, welcher die Rangordnung der Probleme gemäss ist; und die höchsten Probleme stossen ohne Gnade Jeden zurück, der ihnen zu nahen wagt, ohne durch Höhe und Macht seiner Geistigkeit zu ihrer Lösung vorherbestimmt zu sein. Was hilft es, wenn gelenkige Allerwelts-Köpfe oder ungelenke brave Mechaniker und Empiriker sich, wie es heute so vielfach geschieht, mit ihrem Plebejer-Ehrgeize in ihre Nähe und gleichsam an diesen "Hof der Höfe" drängen! Aber auf solche Teppiche dürfen grobe Füsse nimmermehr treten: dafür ist im Urgesetz der Dinge schon gesorgt; die Thüren bleiben diesen Zudringlichen geschlossen, mögen sie sich auch die Köpfe daran stossen und zerstossen! Für jede hohe Welt muss man geboren sein; deutlicher gesagt, man muss für sie gezüchtet sein: ein Recht auf Philosophie—das Wort im grossen Sinne genommen—hat man nur Dank seiner Abkunft, die Vorfahren, das "Geblüt" entscheidet auch hier. Viele Geschlechter müssen der Entstehung des Philosophen vorgearbeitet haben; jede seiner Tugenden muss einzeln erworben, gepflegt, fortgeerbt, einverleibt worden sein, und nicht nur der kühne leichte zarte Gang und Lauf seiner Gedanken, sondern vor Allem die Bereitwilligkeit zu grossen Verantwortungen, die Hoheit herrschender Blicke und Niederblicke, das Sich-Abgetrennt-Fühlen von der Menge und ihren Pflichten und Tugenden, das leutselige Beschützen und Vertheidigen dessen, was missverstanden und verleumdet wird, sei es Gott, sei es Teufel, die Lust und Übung in der grossen Gerechtigkeit, die Kunst des Befehlens, die Weite des Willens, das langsame Auge, welches selten bewundert, selten hinauf blickt, selten liebt ....

What a philosopher is, is hard to learn, because it cannot be taught: one has to "know" it from experience—or one ought to be sufficiently proud not to know it. But that nowadays all the world talks of things of which it cannot have experience is most and worst evident in respect of philosophers and the philosophical states of mind—very few know them or are permitted to know them, and all popular conceptions of them are false. Thus, for example, that genuinely philosophical combination of a bold exuberant spirituality which runs presto and a dialectical severity and necessity which never takes a false step is to most thinkers and scholars unknown from experience and consequently, if someone should speak of it in their presence, incredible. They imagine every necessity as a state of distress, as a painful compelled conformity and constraint; and thought itself they regard as something slow, hesitant, almost as toil and often as "worthy of the sweat of the noble"—and not at all as something easy, divine, and a closest relation of high spirits and the dance! "Thinking" and "taking something seriously," giving it "weighty consideration"—to them these things go together: that is the only way they have "experienced" it. Artists may here have a more subtle scent: they know only too well that it is precisely when they cease to act "voluntarily" and do everything of necessity that their feeling of freedom, subtlety, fullness of power, creative placing, disposing, shaping reaches its height—in short, that necessity and "freedom of will" are then one in them. In the last resort there exists an order of rank of states of soul with which the order of rank of problems accords; and the supreme problems repel without mercy everyone who ventures near them without being, through the elevation and power of his spirituality, predestined to their solution. Of what avail is it if nimble commonplace minds or worthy clumsy mechanicals and empiricists crowd up to them, as they so often do today, and with their plebeian ambition approach as it were this "court of courts"! But coarse feet may never tread such carpets: that has been seen to in the primal law of things; the doors remain shut against such importunates, though they may batter and shatter their heads against them! For every elevated world one has to be born or, expressed more clearly, bred for it: one has a right to philosophy—taking the word in the grand sense—only by virtue of one's origin; one's ancestors, one's "blood" are the decisive thing here too. Many generations must have worked to prepare for the philosopher; each of his virtues must have been individually acquired, tended, inherited, incorporated, and not only the bold, easy, delicate course and cadence of his thoughts but above all the readiness for great responsibilities, the lofty glance that rules and looks down, the feeling of being segregated from the mob and its duties and virtues, the genial protection and defense of that which is misunderstood and calumniated, be it god or devil, the pleasure in and exercise of grand justice, the art of commanding, the breadth of will, the slow eye which seldom admires, seldom looks upward, seldom loves ....

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