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The Will to Power
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November 1882—Februar 1883 4 [131-280]

4 [131]

Wir dichten da nicht: wir rechnen. Aber damit wir rechnen können, hatten wir zuerst gedichtet.



Ich erlebe nichts mehr: ich bin auch über Erlebnisse erhaben.



Ihr Kalten und Nüchternen, ihr kennt die Entzückungen der Kälte nicht!



Ich löse dich von der Kette: stirb!— und man sah das Weib lächeln indem es starb.



Als Zarathustra diese Worte des Weibes gehört hatte, verhüllte er sein Haupt und stützte sich.



Ist nicht dies Mitleiden eine Hölle? Ist nicht diese Inbrunst eine Flamme?



sagten die Richter mit Einer Stimme: dieser Mensch ist des Wahnsinns: er gehe, wohin ihm beliebt: und daß er nicht bleibe. Da beschloß Zarathustra bei sich die Heimkehr zur Höhle und zu seinen Thieren.

4 [132]

“Wiederkunft” gelehrt—“ich vergaß das Elend.” Sein Mitleiden nimmt zu. Er sieht, daß die Lehre nicht zu ertragen ist.

Höhepunkt: der heilige Mord. Er erfindet die Lehre vom Übermenschen.

Heimkehr: Einkehr beim Einsiedler “was lehrst du nicht die Härte? Und den Haß gegen das Kleine?”

Zarathustra: das lehre du! Ich bin das nicht mehr! So war ich, als ich zu den Menschen kam. Ich bin zu arm dazu geworden,—ich gab Alles fort, auch meine Härte.— So denken die Einsiedler: Ich beschwöre dich bei der zuckenden Lippe und der Furche der Qual auf der Stirn, bei dem Lächeln der Sterbenden—er weint. (So lebe Gott) Gott ist todt: und es ist an der Zeit, daß der Übermensch lebt.

4 [133]

Den Begriff der Gerechtigkeit erheben umbilden—oder beweisen, daß das menschliche Handeln nothwendig ungerecht ist.



man kann sich außerhalb einer bestimmten Werthschätzung stellen, aber nicht außerhalb aller Werthschätzung.



die Moral abschätzen—wonach?

4 [134]

Es ist schon möglich, sich selber auszuhalten: aber wie hält man seinen Nächsten aus? er leidet zu viel.



ich wußte nicht, wie arm sie sind—ich wußte nicht, daß Nehmen schöner ist als Geben.—



Ist nicht Mitleid die Hölle Gottes? Und starb er vielleicht an dieser Inbrunst?

4 [135]

Bei der Blutrache: Grundgefühl wie alle die den Staat repräsentiren: Ehrfurcht vor einem tiefen Leiden eines Geschlechtes und Concession an dies Gefühl.



wenn wir das Schädliche mit Grauen oder Ekel verbinden, entsteht das Gefühl bös, schlecht.



Es giebt immer Menschen, welche die gefährlichen Posten lieben: und ohne hier die Beweggründe für diese Liebe zu untersuchen, oder gar ohne Weiteres zu loben—der Freigeist — —

4 [136]

Mit der Moral über uns ist das Leben gar nicht auszuhalten—wenn man kein Pharisäer ist und einen freien Blick hat—deshalb habe ich sie vernichtet.



Ein Haufen Affekte, ein primum mobile, aber in seiner Bewegung verschoben und zerdrückt durch alles, was sich bewegt.



um mich zu bejahen, vernichtete ich die Moral: ich zeigte, daß überall es den Schöpfer gab und Tyrannen zugleich. Aber das Zugleich ist nicht nöthig, weil die Heerde — — —

4 [137]

Alle Ziele sind vernichtet. Die Menschen müssen sich eins geben. Es war ein Irrthum, daß sie eins hätten: sie haben sie sich Alle gegeben. Aber die Voraussetzungen für alle früheren Ziele sind vernichtet.

Die Wissenschaft zeigt den Fluß, aber nicht das Ziel: sie giebt aber Voraussetzungen, denen das neue Ziel entsprechen muß.

4 [138]

Jeder Mensch ist eine schöpferische Ursache des Geschehens, ein primum mobile mit einer originalen Bewegung.

4 [139]

Als Gott sich selber begriff, schuf er sich selber und seinen Gegensatz.

Wie habt ihr den Weg vom Wurm zum Menschen gemacht! und Vieles in euch ist noch Wurm und ein Gedächtniß eures Weges.

4 [140]

Eisumschläge.— Mein Ekel an den Menschen war zu groß geworden. Ebenso der Gegen-Ekel an der moralischen Arroganz meines Idealismus. Ich näherte mich dem Verachteten, ich suchte in mir alles das, was ich verachtete: ich wollte meine Gluth dämpfen. Ich nahm die Partei gegen alle die Ankläger der Menschheit—ich entriß ihnen und mir das Recht zu hohen Worten.

Der kritische Trieb wollte das Leben

Heroismus, darin, von der geringsten Kost zu leben: Wüste.

Heroismus, sich den intellektuellen Trieb selber zu erniedrigen, als Affekt auszudenken.

Ich verunglimpfte die Affekte um nachher zu sagen: ich hatte einen Affekt, nichts mehr!

Das Leben unter der Moral gar nicht auszuhalten. (Bedeutung Wagners schon früher)

4 [141]

W[agner] der übrig bleiben wird als ein M[ensch] der im Ungeschmack der Anmaaßung am weitesten gegangen ist.

4 [142]

Ich leugne moralische Triebe, aber alle Affekte und Triebe sind durch unsere Werthschätzungen gefärbt; in uns concurriren ganz verschiedene Schätzungen. Consequenz: die Vielheit der Moralen zu begreifen.

Ein beständiges Loben und Tadeln.

unsere Affekte moralisch redend

unsere Gemeingefühle moralisch redend

unsere intellektuellen Freuden [moralisch redend]

unsere Krankheiten treten als moralisches Phänomen auf

alles am Menschen ein Verbrechen, was uns gefällt oder mißfällt

aller Nutzen

Landschaft

Bett

eine Art von Krankheit moralis

andere moralische Affekte im Vordergrund bei schlechten Tagen

4 [143]

Alles was wir nicht so empfinden, geht uns wenig an. Wir vergessen es fortwährend.



Das Loben und Tadeln unserer Affekte, das Wertabschätzen also, nenne ich “Moral.”



Mit der Erklärung der Töne ist noch nicht die Musik erklärt—oder gar widerlegt.



Es giebt Zeiten empörender Gleichgültigkeit gegen ein Menschenleben. Der Gegensatz dazu ist die Blutrache.



Erleichtern: so hält man sich selber erst aus—und wird aus Mitleiden wahnsinnig.

4 [144]

Mit festen Schultern steht er gestemmt gegen das Nichts: und wo Raum ist, da ist Sein.

4 [145]

Ganz Meer, ganz Mittag, ganz Zeit ohne Ziel

Ein Kind, ein Spielzeug

Und plötzlich werden Eins zu Zwei

Und Zarathustra gieng an mir vorbei.

4 [146]

ich gehe als Richter und Henker an mir zu Grunde.

4 [147]

“Gut zu etwas,” “schlimm für etwas”: ursprünglich sind alle moralischen Urtheile Urtheile über Mittel zu Zwecken. Aber man vergaß allmählich die Zwecke, und “gut” “schlecht” blieb übrig—als ob es an sich etwas Gutes geben könnte. Man lobte und tadelte immer in Hinsicht auf einen Zweck: endlich aber leugnete man den Zweck, um ganz voll loben und tadeln zu können, als nämlich Gefühle wie Verehrung Liebe oder Ekel sofort bei diesen Mitteln empfunden wurden.

Der Affekt also ist es, der das “Gute an sich” geschaffen hat und “das Böse an sich.”



Wie es nun auch stehen möge mit diesen einverleibten “moralischen Gefühlen”—aus der Geschichte der moralischen Gefühle ergiebt sich, daß keine Gütertafel, kein letzter Zweck stehen geblieben ist—alles ist widerlegt. Wir haben eine ungeheure Kraft moralischer Gefühle

In uns, aber keinen Zweck für Alle. Unter sich sind sie im Widerspruch—sie stammen aus verschiedenen Gütertafeln, — — —

Es giebt eine ungeheure moralische Kraft, aber es giebt kein Ziel mehr, in dem alle Kraft verwendet werden könnte.

4 [148]

Was können Alle? Loben und tadeln. Dies ist der Wahnsinn des Menschen, des wahnsinnigen Thiers.



Ich sage daß der Flaum zum Apfel gehört, ich sage daß die Lüge zum Leben gehört.



Man thut viel Unrecht—und nicht nur wenn man wehe thut sondern durch Loben Wohlthat Mitleid—man vergilt nicht, wo es nöthig wäre!

4 [149]

Es giebt nur Eine Vernunft. Und es giebt nur Ein Gemüth? Eine vollkommen menschliche Ausdeutung des Weltprozesses muß zugleich—oder: für jede Phase des menschlichen Gemüths ist eine tröstliche Ausdeutung des Weltverlaufs möglich gewesen.

4 [150]

Es ist fürchterlich, zu sehen, wie ungerecht die Dinge sind. Aber da ist der Trost, daß wir die Schöpfer der Gerechtigkeit sind und daß wir an uns selber leiden.

4 [151]

Moralität—der Inbegriff aller uns einverleibten Werthschätzungen: was soll aus dieser ungeheuren Summe von Kraft werden? Nur insofern interessirt mich die Frage, wie diese Schätzungen entstanden sind.

4 [152]

Was wißt ihr davon, wie ein Wahnsinniger die Vernunft liebt?

4 [153]

(Cap[itel]) Rede an die Geistigsten.
(Cap[itel]) das verhüllte Leben.

4 [154]

Sie haben nie den Augenblick erlebt, der ihnen sagt “wir sind erbärmlich”



dieser alte Gottmensch konnte nicht lachen.



Ein Ebräer Namens Jesus war bisher der beste Liebende.

4 [155]

Nicht diesen M[enschen] den ich bisher verehrte verwarf ich: sondern das, um dessentwillen ich ihn bisher verehrte.

4 [156]

Schluß des Abschnittes. Und auch dieses Leiden der Wahrhaftigkeit wählte ich mir.

4 [157]

Du hast ihre Ideale gesehen—nun zerbrich sie selber und sei hart! Mitleid.

4 [158]

Form: dieser M[ensch] ist auf dem Kasten angekommen, der keinen Boden und keine Wände hat.

4 [159]

Wie! Ihr wollt diese dürftigen Menschen verewigen? In Ketten aneinander schließen? Laßt sie doch zu Grunde gehen! Socialisten was sind uns Reiche und Arme!

4 [160]

Wenn dies ohne Zeit in die Welt blickt, wird alles Krumme gerade



Wenn du blau siehst was nützt es dir dich selber zu überreden und zu sagen: es ist grau!



verachten

4 [161]

Es ist schwer, über das Weib etwas Falsches zu sagen: bei den Weibern ist kein Ding unmöglich—antwortete Zarathustra.

4 [162]

Der letzte Mensch—er hüstelt und genießt sein Glück.

4 [163]

Der Mensch bestimmt stehen zu bleiben, als der Überaffe, Bild des letzten Menschen, der der ewige ist.

4 [164]

Es giebt genug: die wissen nichts Besseres auf Erden als mit einem Weibe zusammen zu liegen.

4 [165]

Der M[ensch] ist eine Sache, die überwunden werden soll: was hast du dazu gethan? Was gehen mich eure guten bösen M[enschen] an?

4 [166]

Was nützt es den Geist frei zu machen, wenn er dann keine Flügel hat, um davonzufliegen?

4 [167]

Letztes Gespräch mit dem Einsiedler.

— ich lobe dich daß du nicht mein Schüler wurdest.

Einsiedler. Ich verachte die Menschen zu sehr, ich liebe sie zu sehr—ich halte sie nicht aus—ich muß mich zu sehr in Beidem verstellen.

Ich bringe ihnen eine neue Liebe und eine neue Verachtung—den Übermenschen und den letzten Menschen.

Ich verstehe dich nicht—das was du ihnen bringst, sie nehmen es nicht an. Laß sie erst betteln um ein Almosen!

Zarathustra: — — —

Aber sie brauchen nur Almosen, sie sind nicht reich genug, um deine Schätze brauchen zu können.

Ich mache Lieder und singe sie, ich lache und weine, wenn ich meine Lieder mache.

Diesen Mann habe ich nichts mehr zu lehren.

4 [168]

Diese wollen Würfel spielen und jene wollen rechnen und zählen und jene wieder wollen immer Wellen und Tänze der Wellen sehen—sie nennen’s Wissenschaft und schwitzen dabei.

Aber es sind Kinder die ihr Spiel wollen. Und wahrlich, es ist eine schöne Kinderei, und etwas Lachen würde dem Spiele nicht Schaden

4 [169]

Zweck des Ascetismus: seinen Durst voll werden lassen, das eigene Schaffen muß sich stauen.

4 [170]

Es giebt viel an der Welt zu rechnen: aber die Welt auszurechnen—das ist lästig.

4 [171]

Der Gegensatz des Übermenschen ist der letzte Mensch: ich schuf ihn zugleich mit jenem.



Alles Übermenschliche erscheint am Menschen als Krankheit und Wahnsinn.



Man muß schon ein Meer sein, um einen schmutzigen Strom in sich aufzunehmen ohne schmutzig zu werden.

4 [172]

Als ich den Zweck dachte, dachte ich auch den Zufall.

Es muß möglich sein die Welt nach Zwecken und die Welt durch Zufall zu erklären: ebenso als Denken, ebenso als Wollen, ebenso als Bewegung, ebenso als Ruhe: ebenso als Gott und ebenso als Teufel. Denn das Alles ist das Ich.

Es sind nicht unsere Perspektiven, in denen wir die Dinge sehen; aber es sind Perspektiven eines Wesens nach unserer Art, eines größeren: in dessen Bilder wir hineinblicken.

4 [173]

Um das zu lernen, beschloß ich die zu hassen die ich liebte, das zu tadeln was ich bisher lobte und zu sehen, was an den Bösen erst Gutes und an den Guten Böses sei. Gerechtigkeit nannte ich’s.

Endlich fand ich das Schwerste: nicht zu lieben und nicht zu hassen, nicht zu loben und nicht zu tade[ln] und zu sagen: es giebt nichts Gutes und nichts Böses.

Als ich das gefunden hatte, gieng ich in die Wüste.

4 [174]

Die Welt steht fertig da, eine goldene Schale des Guten—aber der schaffende Geist will auch das Geschaffene noch schaffen—der erfand die Zeit, und nun rollt die Welt auseinander und rollt wieder in großen Ringen in sich zusammen—als ein Werden des Guten durch das Böse.

4 [175]

Ihr seid mir zu grob: ihr könnt nicht an kleinen Erlebnissen zu Grunde gehen.

4 [176]

“Und doch redet Alles anders zu mir als zu euch.”



An dem Punkte wo eure Redlichkeit aufhört, hinzusehen, sieht euer Auge nicht mehr hin.

4 [177]

Geschichte = Entwicklung der Zwecke in der Zeit: so daß immer höhere aus den niedrigen wachsen. Zu erklären, warum immer höhere Formen des Lebens entstehen müssen. Darüber sind ja die Teleologen und die Darwinisten eins, daß es geschieht. Aber das Ganze ist eine Hypothese, auf Grund der Wertschätzungen—und zwar neuerer Werthschätzungen. Das Umgekehrte, daß Alles bis zu uns herab Verfall ist, ist ebenso beweisbar. Der Mensch und gerade der Weiseste als die höchste Verirrung der Natur und Selbstwiderspruch (das leidendste Wesen): bis hieher sinkt die Natur. Das Organische als Entartung.

4 [178]

In meinem Horste und Forste. Zarathustra 4.

4 [179]

Werthe ansetzen das heißt ebenso Unwerthe ansetzen. Um die Glückseligkeit der Werthschätzungen zu haben—muß man alles Böse mitnehmen und alle Unlust der Verachtung.



Dieser sagt: alle Welt ist Gedanke—Wille—Krieg—Liebe—Haß: meine B[rüder] ich sage euch: alles dies einzeln ist falsch, alles dies zusammen ist wahr.

4 [180]

Die Menschheit muß ihr Ziel über sich hinaus legen—aber nicht in eine falsche X-Welt, sondern in ihre eigene Fortsetzung.



Die Frage: wie etwas wird hat für mich immer dann Sinn wegen der Frage, was werden soll.

4 [181]

Was der Affe für uns ist, der Gegenstand einer schmerzlichen Scham das sollen wir für den Übermenschen sein.

4 [182]

Wie müßte man zu Euch reden, damit ihr verstündet! Man müßte euch krank machen!

4 [183]

Sobald der Wille auftritt hat das Gefühl den Eindruck der Befreiung. Das nennt man Freiheit des Willens. Das Gefühl ist nämlich leidend gedrückt—und sobald der Wille auftritt pausirt es und leidet nicht

4 [184]

Kaum seid ihr geboren, so fangt ihr auch schon an zu sterben.

4 [185]

Mitleid und Liebe Gegensatz der Moral. Darin keine Gerechtigkeit! Kein Gehorsam, keine Pflicht! Keine Wahrheitsliebe und Redlichkeit! Dazu Verlassen des eigenen Wegs—Charakter der Leidenschaft—und ihre Unvernunft.

4 [186]

Habe ich nicht einen neuen Geruch und eine neue Farbe erfunden?— Also sprach Zarathustra.



Das Meer trug dich: — — —

Wer von euch hat die umfänglichste Seele

Seiltänzer auf die niedrigste Stufe setzen.

4 [187]

Und wohin ich auch steige, überallhin folgt mir mein Hund, der heißt “Ich.”

4 [188]

Das Ich erst in der Heerde. Gegensatz dazu: im Übermenschen ist das Du vieler Iche von Jahrtausenden zu Eins geworden. (also die Individuen sind jetzt zu Eins geworden

4 [189]

Das Ich enthält auch eine Mehrzahl von Wesen (wie in der Heerde) kein Widerspruch. Ebenso als Mehrheit von Kräften. Mitunter pausirend—unsichtbar, wie der Strom der Elektricität.

Strebt sich zu verdichten, ist am stärksten als Diamant, am schöpferischsten? Wirklich? Als Volk noch mehr?

4 [190]

Sie gehen zu den Kohlenbrennern und reden ihnen von der ewigen Qual.

4 [191]

Rede mit einem Könige (Cap[itel]).

4 [192]

Die Geschichte der großen Augenblicke—dahin gehört auch die Lehre vor den Kohlenbrennern.

4 [193]

Und wenn ihr das Kleine nicht zertreten könnt, wenn ihr nicht Fliegenwedel sein wollt: so geht in die [Einsamkeit.]

4 [194]

unser Auge sieht Falsch, es verkürzt und zieht zusammen: ist das ein Grund, das Sehen zu verwerfen und zu sagen: es ist nichts werth?

4 [195]

Aber glaubt ihr daß Zarathustra fand, was er suchte? Glaubt ihr daß ein Blinder gerade Wege geht?— Und so geschah es, daß Zarathustra diesmal nicht untergieng.

4 [196]

Die Krankheit ist ein plumper Versuch zum Zwecke der Gesundheit. Kürzt diesen Versuch ab!

4 [197]

das Machtgefühl, Wetteifer aller Ich’s, den Gedanken zu finden der über der Menschheit stehen bleibt, als ihr Stern—das Ich ein primum mobile.

4 [198]

Ziel: auf einen Augenblick den Übermenschen zu erreichen. Dafür leide ich alles! Jene Dreiheit!

Das ruhigste äußere Leben, weil sich so viel ereignet!

4 [199]

Ist es nicht gleichgültig, daß möglichst Viele M[enschen] möglichst lange leben?

Ist das Glück dieser Vielen nicht eine verächtliche Sache und keine Rechtfertigung des Daseins?

Der Sinn deines Lebens sei, das Dasein zu rechtfertigen—und dazu mußt du nicht nur des Teufels Anwalt, sondern sogar der Fürsprecher Gottes vor dem Teufel sein.

4 [200]

Er liebte die Menschen weil Gott sie liebt. Er wollte sie erlösen, um Gott zu erlösen.

Liebe zu den Menschen war das Kreuz, an welches er geschlagen wurde; er wollte Gott aus seiner Hölle erlösen: welche ist die Liebe Gottes zu den Menschen.

4 [201]

Denn die Menschen hören schwer: und wer klug ist, zerschlägt ihnen die Ohren, daß sie anfangen mit den Augen zu hören.



lachten sie nicht mehr sondern sahen Zarathustra an.



und überall Oberfläche, — — —

4 [202]

Rede an den Felsen—ich liebe es, daß er nicht spricht. Seine Schweigsamkeit ist würdig (Alles moralisch)

4 [203]

Das Ich weiß nichts von sich in der Pflanze: es zerspaltet sich bei der Zeugung; es ist in Vielen eins (Heerde) es erlischt hier—was liegt daran? Der Zufall des Ichs (bei verschiedenen Wesen) gleichgültig.

4 [204]

(das verhüllte Leben)
ein bleicher Jüngling
Manchen wirst du nie entdecken
Pinie



(der letzte Mensch: eine Art Chinese)



So oft ihn sein Geist trieb, gieng Zarathustra auf einen Berg und schrieb unterwegs seine Sprüche auf. Und einmal, als er mit sich allein war, rühmte er sich und sprach

Ihr sollt sein wie Bäume die über dem Meere hängen und sich biegen von — — —



Allein geht er; denn seine Gestalten umringen ihn, die er nur sieht. Und trifft er seines Gleichen, so umarmen sich ihre Geister, und mit 4 Augen sehen sie dieselben Gestalten.



das Gerechte ist, daß ich alledem ein Recht zu Schaffen suchte, was mir im Grunde zuwider war



ein Baum: die Blätter losmachen und ihnen eine kleine Bewegung geben und ebenso die Wurzel und die Zweige u.s.w.



Der Einsiedler sah ihn lange an — — —

Zarathustra, sagte der Einsiedler, du bist arm geworden—und wenn ich ein Almosen von dir wollte, würdest du mir es wohl geben?

4 [205]

Bei aller Moral handelt es sich, höhere Zustände des Leibes zu erfinden oder zu suchen, wo bisher getrennte Fähigkeiten zusammen möglich sind.

4 [206]

Horcht nicht darauf, was gut und böse ist—geht den Weg zu eurem Guten, und schafft euer Böses und Gutes. Es giebt 1000 noch nicht begangene Wege!

4 [207]

Im Menschen hausen viele Geister wie Thiere des Meeres—die kämpfen mit einander um den Geist “Ich”: sie lieben es, sie wollen, daß es sich ihnen auf den Rücken setze, sie hassen sich einander um dieser Liebe willen.



— das Ich, das bewegliche Kätzchen mit dem silbernen Thieresfrohsinn.



Wann litt je ein Ertrinkender an Durst!



und wieder quiekt das Kätzchen Ich und wieder ist Einer glücklich und wieder sind alle neidisch.



Ein schöner Trost für solche, die jung genug dazu sind, sagte das alte Weibchen.



Bin ich gemacht, Bußprediger zu sein? Bin ich gemacht zu rasseln gleich einem Priester und einer Pauke?

4 [208]

Ich lehre euch den Übermenschen: die große Verachtung müßt ihr euch selber lehren.

4 [209]

(Cap[itel]) Die Bruderschaft der Rechtfertiger.

4 [210]

Sie haben im Guten und Bösen nicht die Scham des Geistes: und loben und tadeln als ob

und im Geiste haben sie nicht die Scham des Guten und Bösen:

Sie werfen die Bilder um und sagen: es giebt nichts Hohes und Anbetungswürdiges—weil sie selber kein Bild und keinen Gott schaffen können.

Hört doch die Verachtung aus ihrer Wuth gegen die Bilder—die große Verachtung gen sich selber!



Ich liebe die verschwenderischen Seelen: sie geben nicht zurück und wollen keinen Dank denn sie schenken immer.



da gehn sie für sich fort

4 [211]

Ich erkläre auch eure Tugenden aus dem Zukünftigen.

Nicht eure Tugenden verwerfe ich, sondern eure Tugendhaften.



Der Freund als der beste Verächter und Feind.

Wie wenige sind würdig!

Das Gewissen des Freundes sein. Jede Erniedrigung bemerken. Gewissen nicht nur moralisch zu nehmen: auch Geschmack, auch als Verbleiben in seinen Grenzen.

Der Freund als Dämon und Engel. Sie haben für einander das Schloß zur Kette. In ihrer Nähe fällt eine Kette ab. Sie erheben sich einander. Und als ein Ich von Zweien nähern sie sich dem Übermenschen und jauchzen über den Besitz des Freundes, weil er ihnen den zweiten Flügel giebt, ohne den der eine nichts nützt.

4 [212]

Es ist kühl, die Wiese liegt im Schatten, die Sonne gieng.

Ist es nicht ungereimt zu leben? Müßten wir nicht mehr Vernunft haben, um aus dem Leben eine Vernunft zu machen?

Meine Brüder, verzeiht der Seele Zarathustras daß es Abend ist.

4 [213]

Das Erfinden von Zuständen

Es ist an der Zeit, daß der Mensch sich ein Ziel stecke. Noch ist er zum höchsten Ziele reich und wild genug. Ich sage euch: ihr habt noch Chaos und Anprall der Gestirne in euch, um einen Sternentanz gebären zu können.



Einst aber wird der Mensch zu arm geworden sein, einst wird er selbst zur Wuth der Verachtung nicht genug Rad und Schwung sein.

4 [214]

Unsere Verachtung des M[enschen] trieb uns hinter die Sterne. Religion, Metaphysik, als Symptom einer Begierde, den Übermenschen zu schaffen.

4 [215]

Schwanger geht die Menschheit, wunderlich sind die Schwangern!

4 [216]

(Cap[itel]) Beweise dich mir! Welches ist deine Pflicht?

4 [217]

1.Die Hervorhebung von Zuständen und das Streben nach ihnen. Bedeutung für den Leib.
2.Diejenige Auffassung des Ich von sich selber entsteht, bei der der Heerden-Typus erhalten bleibt.
3.Übelbefinden und das Böse.
 Das Ausbrechen ganzer moralischer Strömungen als Correcturen des Leibes.
 Was bedeutet Ascetismus?
 Buddhismus und Mönchthum als Herstellung gesunder Leiber (gegen die vernichtenden und schwächenden Affekte).
 Moral als eine Gleichnißsprache über eine unbekannte Region der leiblichen Zustände.— Hier [ist] noch ganz von Wille und Zweck die Rede und von gar nichts Anderem.
  
1.Die Anpassung der leiblichen Begierden an einander.
2.Die Anpassung des Leibes an ein Klima bringt Moralen zum Ausdruck.
3.Der Leib der herrschenden Kaste bringt eine Moral.
4.Der Leib für die nöthige Arbeit und Vielheit der Arbeit.
5.Die Erhaltung des Typus bringt eine Moral hervor. Das Zu-Grunde-Gehende des Typus und die Unmoralität.
also scheinbar ohne chemische Mittel den Leib verändern— —in Wahrheit handelt es sich bei der Moral (darum,) die chemische Beschaffenheit des Leibes zu verändern.
Ungeheurer Umweg. In wiefern es möglich ist, direkter zu gehen?
“Gesundheits-Begriff und Ideal abhängig vom Ziele des Menschen”—? aber das Ziel selber ist ein Ausdruck einer bestimmten Beschaffenheit des Leibes und deren Bedingungen.
Der Leib und die Moral.

4 [218]

Und er wußte seine Tugend nicht zu überwinden.

Der Löwe in ihm zerriß das Kind in ihm: und endlich fraß der Löwe sich selber.

Grausam war dieser Held und wild — — —

Seht, ich lehre euch die Liebe zum Übermenschen.

— — — lud er auf sich und zerbrach unter der Last.

4 [219]

Leidenschaften = Zustände unserer Organe und deren Rückwirkung auf das Gehirn—mit einem Suchen nach Auslösung.

4 [220]

Man nannte ihn einen Weisen, aber er war es nicht.

4 [221]

Die Stellung der Religion zur Natur war ehemals die umgekehrte: die Religion entsprach der populären Auffassung der Natur.

Jetzt ist die populäre Auffassung die materialistische. Folglich muß das von der Religion, was jetzt da ist, so zum Volke reden: materialistisch.

4 [222]

rechtwinklig am Leibe, mit starkem Nacken

den Bändiger des Löwen durch den Löwen umbringen

4 [223]

Ihr sollt nicht viele Tugenden haben wollen—ihr seid nicht reich genug dazu. Eine Tugend ist schon viel Tugend: damit sie lebe, müßt ihr schon zu Grunde gehen.

4 [224]

Ich lebe, damit ich erkenne: ich will erkennen, damit der Übermensch lebe.

Wir experimentiren für ihn!

4 [225]

Der durchgängig schöpferische Charakter alles Geschehens — — —

Die Freiheit des Willens ist viel besser bewiesen als Ursache und Wirkung (eigentlich ist Ursache Wirkung nur eine populäre Folgerung)

4 [226]

Wir sind zu geduldig gegen schlechte Luft: und du selber bist Anderen schlechte Luft.



Drei oder 2.



Wer uns nicht fruchtbar macht

4 [227]

Ein Aufsuchen desjenigen an der Wahrheit was mir wehethut, und Alles opfern, eine ungeheure Spannung

nichts im Kopfe als eine persönliche Moral: und mir ein Recht dazu zu Schaffen ist der Sinn aller meiner historischen Fragen über Moral. (Es ist nämlich schrecklich schwer, dies Recht sich zu schaffen!)

4 [228]

Ich liebe die Menschen welche ihre Tugend zu Grunde richtet.

seht, ich zeige euch die Brücke zum Übermenschen!

[Ich liebe die,] welche ihre Seele verschwenden, die nicht danken und nie zurückgeben, weil sie immer schenken.

4 [229]

Der die Zukünftigen rechtfertigt und die Vergangenen erlöst.



Und wer mitleidig ist, soll aus seinem Mitleiden sich Pflicht und Verhängniß Schaffen, und wer treu ist, dem soll Treue seine Pflicht und sein Verhängniß werden—und du kannst nicht Geist genug für deine Tugend haben.



Dein Leben sei ein Versuch—dein Mißlingen und Gelingen sei ein Beweis: aber sorge dafür, daß man wisse, was du versucht und bewiesen hast.



sie sagten: laßt uns der Welt absterben, sie suchten ihr Heil hinter den Sternen—sie fanden das Wort nicht vom Übermenschen. Sie verleumdeten ihre Gesundheit, — — —

Vieles macht mir Ekel an euren Guten und wahrlich nicht ihr Böses.

Ich wollte, sie hätten einen Wahnsinn, an dem sie zu Grunde giengen, wie der bleiche Verbrecher an seinem Wahnsinn,

Ich wollte, ihr Wahnsinn hieße Mitleid oder Treue oder Gerechtigkeit.

Aber sie haben ihre Tugend, um lange zu leben, — — —

damals war der Zweifel, das Suchen nach Gerechtigkeit, das Mitleid mit dem Freunde — — —

4 [230]

Und sein Gelehrter soll ein Büßer des Geistes sein.



Und seine Rede mißfiel Allen, doch Einem gefiel sie.



Umgang.



Der Gelehrte.



Ruf zum Alleinstehen und Sich-lossagen!

4 [231]

Das Recht zu meinen eigenen Werthen—woher nahm ich das? Aus den Rechten aller alten Werthe und den Grenzen dieser Werthe.

4 [232]

Sinn der Ehe: ein Kind, das einen höheren Typus darstellt als die Eltern.



NB. sie müssen dich verachten, wenn du über sie hinweg gehst—sie verstehen nicht das Über-Sich.



Du sehnst dich nach Liebe—aber nein, du mußt Verachtung tragen lernen.



An’s Geld hängt ihr euer Herz und verliert für euch selber euer Herz. Eisenbahn und Staat ist der Nutzen Vieler und das Verhängniß.



Denen, die nicht zu den Vielen gehören.

Ihr verliert eure Vorsicht, eure Luchsaugen und eure Bärentatzen.

4 [233]

Die Worte des Werthes sind Fahnen dort aufgepflanzt, wo eine neue Seligkeit erfunden wurde—ein neues Gefühl.

4 [234]

Zuweilen will ich von dir: daß du klug seist von Grund aus und daß du stolz seist von Grund aus: dann wird dein Stolz immer deiner Klugheit zur Seite gehen. Du wirst die Pfade der Thorheit gehen: aber ich beschwöre auch deine Thorheit, daß sie den Stolz zu ihrem Geleit immer nehme. Willst du aber thöricht sein — — —

Rathe ich euch die Nächstenliebe? Lieber noch rathe ich Nächstenfurcht und Fernstenliebe.



Ich entdeckte ein neues Land im Menschen

wo die Seele überwallt



ihr zeigt mir den Pinsel und den Farbento[p]f und sagt: wir haben das Bild widerlegt.



Die Gesellschaft verdirbt.



die träumende Zukunft



Ihr flieht euch selber: und immer gerathet ihr aus dem Regen der Selbstverachtung unter die Traufe der Nächstenliebe.



Auch noch die Katzen und die Wölfe sollen mir Vorbild sein: sie halten ihr Selbst fester.



(Fliegenwedel) gegen den täglichen kleinen Ärger.

4 [235]

Ein Gott, der sich schlecht beweist, ist so gut als ein Gott, der sich gar nicht beweist.



Das ist ein Gott, der sich gar nicht oder schlecht beweist.



Wenn 100 beieinander stehen, verliert ein Jeder seinen Verstand und bekommt einen anderen.



Oh diese armseligen Freundschaften! Soviel sie ihren Freunden leisten, soviel verspreche ich noch meinen Feinden zu leisten—und will nicht ärmer geworden sein.

4 [236]

Und wie ein Kind mit dem kleinen Fuße eine Scherbe vor sich hin treibt, so thöricht stößt uns das Leben vorwärts.

4 [237]

Ja, mit Schwerem beladen, eilte ich in meine Wüste: da aber fand ich erst mein Allerschwerstes.

seiner eigenen Tugend Schmied und Ambos, seines eigenen Werthes Richter und Prüfstein zu sein.

Vieles Schwere giebt es und als ich jung war, forschte ich viel nach dem Schwersten.

Ja, ich lief in die Wüste—und erst dort in der einsamsten Wüste, fand ich mein Allerschwerstes.

Dieses Schwerste—das wurde das Liebste mir, einem Gotte gleich lehrte ich mein Schwerstes ehren.

seufzte tief und sprach nicht mehr.

4 [238]

Und wenn einer euch ein großes Unrecht thut, so sorgt nur dafür, daß ihr dem, der es that, auch ein kleines thut, so ist es menschlich.

4 [239]

Und du glaubst, daß die Gerechtigkeit dir schon nachhinken werde?

4 [240]

Es ist mehr Vernunft in deinem Leibe als in deiner Vernunft. Und auch das, was du deine Weisheit nennst,—wer weiß wozu dein Leib gerade diese Weisheit nöthig hat.

4 [241]

Ich erkannte, daß Hirten und Heerdenzüchter diese Tafeln schufen: also gründeten sie Leben und Dauer ihrer Heerden.

4 [242]

Ja, alle diese Last trug ich! Ich kniete nieder und lud alle diese Last auf mich, einem Kameele gleich beugte ich das Haupt und eilte fort in die Wüste.

Wo sind die Wahrheiten welche leiden machen? rief ich.

Der erste war der Drache und sprach: “Unwerth ist aller Dinge Werth,” “Widerspruch ist im Herzen aller Werthe”

Da erkannte ich den Ursprung von Gut und Böse: und daß das Ziel der Menschheit fehle.

Mir das Recht zu geben, die Dinge mit neuen Namen und Werthen zu nennen, war das Schwerste.

Alle Pflanzen neidete ich—ich neidete auch alle Gespenster.

Mit den höheren Werthen die Gütertafeln zerbrechen

die eigenen Tafeln stellte ich neben die anderen—welcher Muth und Schrecken war das!

4 [243]

ihr seid die Verächter des Leibes

4 [243a]

Nenne ich sie die schwarze Lüge? Wahrlich, nichts Verlogeneres giebt es auf Erden als diese Thierwerdung Gottes.

4 [244]

Ich sah mir das Auge dieser Größten an und kroch in ihre Seele. Ach!!!— Schilderung der Genies und Heiligen. Bei der Frage ob es schon gegeben habe!— Gab es welche, so wußte die Erde nichts darum.

4 [245]

Am meisten verehrt werden die Prediger des langsamen Todes.

4 [246]

(Cap[itel]) Was wurde Zarathustra am schwersten? Sich von der alten Moral zu lösen.

4 [247]

Cap[itel]. Wollt ihr Lohn? Es ist mir das Maaß eurer Tugend, was ihr als Lohn wollt!

4 [248]

Eine neue Farbe gab ich [der] Erde—den Schleier einer neuen Hoffnung breitete ich um die Erde.

4 [249]

Blut gründet Kirchen: was hat Blut mit Wahrheit zu schaffen!

Und wollt ihr Recht vor mir haben, so beweist mir mit Gründen und nicht mit Blute.

4 [250]

(Cap[itel]) Die Kleinen. Geht fort in die Einsamkeit, ihr könnt den kleinen Tropfenfall nicht aushalten.

4 [251]

und plötzlich schlägt es die Augen auf, die Augen des Kindes und der Blüthe. Was ist geschehen? Die Hand eines Schaffenden berührte es. Die Sonne eines Schaffenden errieth den verborgenen Gott.

4 [252]

Zur Erde hernieder und in ihre Hütten führte ich die Verflogenen: in der Höhe lehrte ich tief sein.

4 [253]

Sagt, wo sind sie hin, diese lieben Weisen? Fallen ihnen nicht die Augen zu?— Hier und da giebt es noch Solche um dich: die predigen mit sanfter Stimme vom Guten und Bösen.

Selig sind diese Schläfrigen.

4 [254]

Gab es schon Übermenschen? Werth unserer Cultur.

4 [255]

sie spinnen am Rande des Irdischen und ihre feinen Augen werden blind in dieser Dämmerung.

4 [256]

Tausend Arten zu leben erfinden—nicht mehr bloß für Heerden!

4 [257]

Kost und Küche verräth sie—das ist das Gemeine! Wir müssen lernen, das Gemeine zu adeln.

4 [258]

sich sehnen und fragen und nur Tränen vergießen u.s.w.— Gegen die Religiösen.

es ist nicht mehr redlich. Zum Glauben reicht es nicht!

Folglich: Entsagung nach dieser Seite!

4 [259]

Euren herrschenden Gedanken will ich hören und nicht nur daß ihr einem Irrsinn entronnen seid.

Seid ihr solche, die einem Irrsinn entrinnen dürfen? Oder warft ihr euren letzten Werth fort, als ihr eure Dienstbarkeit wegwarft ...

Frei, wovon?—was schert es noch Zarathustra, wenn euer Auge scheel blickt bei der Frage: frei wozu?

Euren herrschenden Gedanken will ich hören, daß er euch vor mir freispreche!—oder ich werde euch meine Gedanken wie Geißeln um eure Ohren schlagen.

4 [260]

Eine Sonne, um die sich die Schlange der Erkenntniß ringelt.

4 [261]

“das Irdische”—ihr müßt lernen, es anders empfinden.

Die falschen Werthmaaße beseitigen, die aus einer unbekannten Welt genommen sind

Der Mensch steht hoch — — viell[eicht] gelingt plötzlich ein höheres Wesen!

4 [262]

(Cap[itel]) Die angebliche Liebe Gottes und “alles für unser Bestes”

4 [263]

Das Gute es will sich durch das Alte erhalten

4 [264]

Sie möchten gerne entlaufen: sie können aber zu anderen Sternen keine Wege finden, so glauben sie, es gäbe unterirdische Wege—ganz andere Arten und gleichsam Schleichwege.— Die seltenen Zustände wurden als überirdisch empfunden. Wonne und Krampf zusammen.

Ihr seid mir an Liebe nicht reich genug, für die Liebe zum All!



Unsere Gefühle—das ist die ganze menschliche Vergangenheit bis zu dir und mir: die geschaffenen Werthe.

Unsere höheren Gefühle—wir müßten sie ausrotten, wenn wir nicht ein neues Ziel ihnen geben!



Ohne diese trübe Wolke am Himmel hättest du auch die trübe Erkenntniß nicht!

4 [265]

Meine Richtung der Kunst: nicht dort weiter dichten, wo die Grenzen sind! sondern die Zukunft des Menschen! Viele Bilder müssen da sein, nach denen gelebt werden kann!

4 [266]

Gegen die Hinterweltler.



Dein Leben ein Versuch und Denkmal deines Versuchs.



Künstler wirkten dazu, daß das Leben nicht verbessert wurde. Der Künstler selber meistens das Opfer seiner Werke.



Büßer des Geistes

der Schaffende

4 [267]

Es ist ein Opfer darin, diese Hinter-Welt aufzugeben. Männlichkeit!

Das Irdische genügt uns nicht—folglich das Himmlische—Fehlschluß.



Die Natur verbietet, euch dies Eindringen!



Im Anfang eine runzlige Knolle, und eine böse Wurzel mit mehreren Giften getröpfelt—jedes Gefühl.

4 [268]

ein Schaffender ist, der neue Werthe schafft. Aber der Künstler nicht!

4 [269]

die Zusammenkunft der Einzelnen (Fest)

4 [270]

Einen Bogen habe ich, Götter! Welch ein Bogen—gegen Götter selbst ein guter Bogen!

4 [271]

Die große Probe: bist du bereit, das Leben zu rechtfertigen? Oder das Sterben für dich?

Auf der niedrigsten Stufe es noch aushalten.

Manchem führte Krankheit diesen zweiten Weg.

Entsagung.

Die große Mitte.— Die Entscheidung über Leben- und Sterben-wollen.

4 [272]

Staat und Kirche und alles, was sich auf Lügen gründet, dient den Predigern des Todes.

4 [273]

Ihr meint, im Dunklen müsse die Lösung eures Räthsels sein! Aber seht das Schicksal eines Wurmes an. In eurem Ziele und eurer Hoffnung liegt die Lösung: euer Wille ists!



Kein Gott mischte je sich ein! Aber ihr unterwarft euch zu viel dem Herkömmlichen, auch der Natur.



Aber der Wissende sieht, wie jede Liebe und Sonne sich den häßlichen Unkräutern neigte.

4 [274]

In den kleinsten Sand steckte mancher Vogel Strauß seinen Kopf.

4 [275]

Wenn du von einer niederen Tugend zu einer höheren schreitest — — —

Eure Würde will ich euch erst geben: ihr sollt die Büßer des Geistes sein!



Ruinen soll man nicht zerstören: Gras und Rosen und winzige Kräuter und was sie immer schmückt von Lebendigem, das Alles zerstört auch das Todte.



Dieses Ich ist noch am besten bewiesen, dieses Ich, das sich selber widerspricht.

Wahrlich die Welt ist gut verborgen vor den M[enschen]. Der Bauch des Seins wird nie zu den M[enschen] reden!



Wozu sagte ich euch das? So wurde der Lügner zum Wegweiser des Übermenschen

Scheidung

4 [276]

Der Entschluß. Unzählige Opfer muß es geben. Ein Versuch.

4 [277]

Das süßeste Weib ist noch bitter von Geschmack.

4 [278]

Wenn der Nutzen Vieler unser Nutzen ist, so sollen wir’s nicht Tugend nennen, wenn wir Vielen nutzen. Zur Nächstenliebe.

4 [279]

Entschlagt euch doch dieser falschen Sternguckerei!

Der Bauch des Seins wird nie zu euch reden.

4 [280]

3 Verwandl[ungen]
Schlaf und Tugend
1001 Ziel
die Verächter des Leibes.
Hinterwelt.
die eigne Tugend.
Vom bleichen Verbrecher
der Baum am Berge
Lesen und Schreiben.
Prediger des Todes.
Der neue Götze.
Einsamkeit Z[arathustra's] 1.
Freund.
Soldaten.
Nächstenliebe.
Keuschheit.
Weg des Schaffenden.
Weiber.
Natterbiß.
Ehe.
Tod.
von der heiligen Selbstsucht.

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