COPYRIGHT
NOTICE: The content of this website,
including text and images, is the
property of The Nietzsche Channel.
Reproduction in any form is strictly
prohibited. © The Nietzsche Channel.
Frühjahr 1882 19 [1-14] 19 [1] Zwei kategorische Imperative. Gewiß! Man muß ein Knochengerüst habensonst hat das liebe Fleisch keinen Halt! Aber ihr Herrn ohne Fleisch, ihr Knochengerippe der Stoa, eure Predigt sollte lauten: man muß auch Fleisch an den Knochen haben! 19 [2] Dies habe ich zu hoch geschätzt und zu theuer bezahltwie so Vieles! ich wähnte zu bezahlen und ich beschenkte. Ich bin arm geworden, weil ich an einige Dinge geglaubt habe, als seien sie überaus schätzenswerthach, und so wie ich bin, werde ich immer noch ärmer werden! 19 [3] Omnia naturalia affirmanti sunt indifferentia, neganti vero vel abstinenti aut mala aut bona. 19 [4] Seine Gesellschaft zu finden wissen. Mit Witzbolden ist gut zu witzeln: Wer kitzeln will ist leicht zu kitzeln. 19 [5] Aus der Tonne des Diogenes. Nothdurft ist wohlfeil, Glück ist ohne Preis: Drum sitz ich statt auf Gold auf meinem Steiß. [Vgl. Michel Eyquem de Montaigne, Versuche, nebst des Verfassers Leben. Nach der neuesten Ausgabe des Herrn Peter Coste ins Deutsche übersetzt [von Johann Daniel Titius]. Th. 3. Leipzig: F. Lankischens Erben, 1754.] 19 [6] Timon spricht: Nicht zu freigebig: nur Hunde scheißen zu jeder Stunde! 19 [7] Schlußreim. Eine ernste Kunst ist Lachen Soll ichs morgen besser machen, Sagt mir: macht ichs heute gut? Kam der Funke stets vom Herzen? Wenig taugt der Kopf zum Scherzen, Glüht im Herzen nicht die Gluth.
Wagts mit meiner Kost, ihr Esser! Morgen schmeckt sie euch schon besser, Und schon übermorgengut! Wollt ihr dann noch mehr, so machen Meine alten sieben Sachen Mir zu sieben neuen Muth. 19 [8] Lebensregeln. Das Leben gern zu leben Mußt du darüber stehn! Drum lerne dich erheben! Drum lerneabwärts sehn!
Den edelsten der Triebe Veredle mit Bedachtung: Zu jedem Kilo Liebe Nimm Ein Gran Selbstverachtung!
Bleib nicht auf ebnem Feld, Steig nicht zu hoch hinaus! Am schönsten sieht die Welt Von halber Höhe aus. 19 [9] Desperat. Fürchterlich sind meinem Sinn Spuckende Gesellen! Lauf ich schon, wo lauf ich hin? Spring ich in die Wellen?
Alle Münder stets gespitzt, Gurgelnd alle Kehlen, Wand und Boden stets bespritzt Fluch auf Speichelseelen!
Lieber lebt ich schlecht und schlicht Vogelfrei auf Dächern, Lieber unter Diebsgezücht, Eid- und Ehebrechern!
Fluch der Bildung, wenn sie speit! Fluch dem Tugendbunde! Auch die reinste Heiligkeit Trägt nicht Gold im Munde. 19 [10] Nausikaa-Lieder. Gestern, Mädchen, ward ich weise, Gestern ward ich siebzehn Jahr. Und dem gräulichsten der Greise Gleich ich nundoch nicht aufs Haar!
Gestern kam mir ein Gedanke Ein Gedanke? Spott und Hohn! Kam euch jemals ein Gedanke? Ein Gefühlchen eher schon!
Selten, daß ein Weib zu denken Wagt, denn alte Weisheit spricht: Folgen soll das Weib, nicht lenken; Denkt sie, nun, dann folgt sie nicht.
Was sie noch sagt, glaubt ich nimmer; Wie ein Floh, so springts, so stichts! Selten denkt das Frauenzimmer, Denkt es aber, taugt es nichts!
Alter hergebrachter Weisheit Meine schönste Reverenz! Hört jetzt meiner neuen Weisheit Allerneuste Quintessenz!
Gestern sprachs in mir, wies nimmer In mir sprachnun hört mich an: Schöner ist das Frauenzimmer, Interessanter istder Mann! 19 [11] Sanctus Januarius Weib Gott und Sünde Kunst und Schrift Sinnsprüche 19 [12] Die fröhliche Wissenschaft. - Sanctus Januarius.
- über Künstler und Frauen.
- Gedanken eines Gottlosen.
- Aus dem moralischen Tagebuche.
- Scherz List und Rache. Sinnsprüche.
19 [13] Lieder und Sinnsprüche. Takt als Anfang, Reim als Endung, Und als Seele stets Musik: Solch ein göttliches Gequiek Nennt man Lied. Mit kürzrer Wendung, Lied heißt: Worte als Musik.
Sinnspruch hat ein neu Gebiet: Er kann spotten, schwärmen, springen, Niemals kann der Sinnspruch singen; Sinnspruch heißt: Sinn ohne Lied.
Darf ich euch von Beidem bringen? 19 [14] Sanctus Januarius. Von Friedrich Nietzsche Meinen Freunden als Gruss und Geschenk.
|