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September-November 1879 47 [1-15] 47 [1] Er hat einen starken Willen, sein Intellekt sein Urtheil und Phantasie ist sehr gleich in versch[iedenen] Zeiten, sagt dieselben Dinge oder so nahe und reizvoll es hat nichts mit dem freien Willen zu thun: er ist unabhängig von Anderen, also frei (als abhängig von sich). Der Unfreie Schwache ist von sich nicht genug abhängig, daher sehr von Anderen abhängig. 47 [2] Narren, die wir sind! An solche Dinge zu denken, wo Europa in zwei militärische über und über in Erz starrende Gruppen auseinandertritt (hier und dort) anscheinend, um damit die gesammt-europäischen Kriege zu verhüten, mit dem vermutlichen Erfolge aber, daß 47 [3] Für das Volk ein Maulkorb-Christenthum! So sagen viele Gebildete, die sich nicht zum Volk rechnen, unter sich: denn laut dürfen sie es nicht sagen, die Angst vor dem Volke ist ihr Maulkorb. 47 [4] Wenn ein griechischer K[ünstler] sich seine Zuhörer oder Zuschauer vor die Seele stellte, so dachte er nicht an die Frauen (weder an die Mädchen, wie deutsche Romanschriftsteller, noch an die jungen Frauen, wie alle französischen Romanschriftsteller, noch an die alten, wie die englischen Romanschriftsteller), auch dachte er nicht an das Volk, an die große Masse, welche arbeitend und schwitzend die Straßen und Werkstätten seiner Vaterstadt füllte: ich meine die Sklaven; er vergaß ganz die Bauern ringsumher so wie die Fremden und zeitweilig Angesiedelten seines Heimwesens: sondern allein jene Hunderte oder Tausende von regierenden Männern standen vor ihm, die eigentliche Bürgerschaft seines Ortes, also eine sehr kleine Minderheit der Einwohnerschaft, ausgezeichnet durch eine gleiche Erziehung und ähnliche Ansprüche in allen Dingen. Der Blick auf eine so feste und gleichartige Größe gab allen seinen Schriften eine sichere Culturperspektive: etwas, das heutzutage z. B. allen fehlt, die an den Zeitungen arbeiten. 47 [5] Der große Grund-Fehler Schopenhauers liegt darin, nicht gesehen zu haben, daß das Begehren (der Wille) nur eine Art des Erkennens und gar nichts weiter ist. 47 [6] Der Genuß der Eitelkeit ist der Genuß eines Mittels zu einem Zwecke, den man selber vergessen hat. 47 [7] O über diesen erhabenen halbblödsinnigen Ernst! Giebt es denn kein Fältchen um dein Auge? Kannst du nicht einen Gedanken auf die Fingerspitzen nehmen und ihn emporschnellen? Hat dein Mund nur diesen einen verkniffenen verdrießlichen Zug? Giebt es keine Gelegenheit, die Achseln emporzuwerfen? Ich wollte, du pfiffest einmal und benähmest dich wie in schlechter Gesellschaft, als daß du so achtbar und unausstehlich sittsam mit deinem Autor zusammensitzest. Ein Autor hat immer seinen Worten Bewegung mitzutheilen. Hier ist ein Leser; er merkt nicht, daß ich ihn beobachte. Er ist mir von ehemals her bekanntein gescheuter Kopf: es schadet nicht, von ihm gelesen zu werden. Aber er ist ja ganz verwandelt: bin ich es, der ihn verwandelt hat? Kommata, Frage- und Ausrufezeichen, und der Leser sollte seinen Körper dazu geben und zeigen, daß das Bewegende auch bewegt. Da ist er. Er ist ganz verwandelt. Moral: man soll gutlesen lernen; man soll gutlesen lehren. Die Moral ist: man soll nicht für seine Leser schreiben. Sie meinen, man soll nicht schreiben. Womöglich für sich Beachten Sie wie schnell er liest, wie er die Seiten umschlägtgenau nach der gleichen Sekundenzahl Seite für Seite. Nehmen Sie die Uhr zur Hand. Es sind lauter einzelne wohlüberdenkbare Gedanken schwerere leichtereund er hat für alle Einen Genuß! Er liest sie durch, der Unglückliche, als ob man je Gedanken-Sammlungen durchlesen dürfte! 47 [8] Daß die dramatische Person (auch wenn das Thema der Gegenwart gehört) singt, ist erlaubt, das ist unsere Art Kothurn des Gefühls. 47 [9] In wiefern kann das Gefühl der Überlegenheit oder gar der Herrschaft Freude machen? Nicht an sich und ursprünglich, sondern nur als der Born vieler Güter und das Hinderniß vieler Übelalso als Mittel, das eigentlich nur im Vorgenießen des Zieles selber Freude machen könnte. Aber, um so häufiger, ist die Macht allmählich das Mittel zum Zweck geworden und wird um seiner selber willen begehrt: als etwas Begehrtes macht es Freude, sobald es erlangt wird: namentlich im Hinblick auf die, welche nicht ans gl[eiche] Ziel kamen. 47 [10] Man wird gegen all das Lästige und Langweilige, was die Herrschaft der Demokratie mit sich bringt (und bringen wird), geduldiger und milder gestimmt, wenn man sie als eine jahrhundertelange sehr nothwendige Quarantäne betrachtet, welche die Gesellschaft innerhalb ihres eignen Gebietes um die neue Einschleppung, das neue Um-sich-greifen des Despotischen, Gewaltthätigen, Autokratischen zu verhindern. 47 [11] Gewählte Cultur 47 [12] Blindschleichen. Aber vielleicht thut es euren Augen wohl, daß ihr in euren dunklen Zimmern wohntwer hätte ein Recht, euch drob zu schelten! 47 [13] Richard Wagner sucht die Musik zu den Empfindungen, welche er beim (inneren) Anblick dramatischer Scenen hat. Nach dieser Musik zu schließen, ist er der ideale Zuschauer des Dramas. 47 [14] Ich denke einen langen Schlaf zu thun. [Vgl. Friedrich Schiller, Wallensteins Tod, v. 5.] 47 [15] Schwangerschaft Larochef[oucauld] und Rée Cultur-Ansiedelungen gegen das Nomade[nthum] Wundt Aberglaube in der Wissenschaft halbasiatische Barbaren umnebelter Sumpf Retorte
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