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Sommer 1876 17 [1-105]
17 [1] Über das Aesthetische: einiges Derbe. Das Weglassen ein Hauptmittel des Idealismus. Man darf so genau nicht zusehn, man zwingt den Zuschauer in eine große Ferne zurück, damit er von dort aus betrachte (wie bei der Dekorations-Malerei). Wie wichtig ist der Ansatz der Entfernung des Betrachters! Hier darf der schaffende Künstler nicht schwanken. Gerade hier zeigt sich, wie genau er vom stärksten Gefühle seines Zuhörers ausgehen muß. Das Metron legt Flor über die Realität; einiges künstlichere Gerede verdeckt etwas und hebt; das Dumpfe. Die letzten Mittel, womit die Kunst wirkt, recht naiv nachzuempfinden! Ist sehr selten! Es sind ziemlich alberne Sachen, die dabei herauskommen. Ebenso ist es bei der Religion. Der große Werth des unreinen Denkens für die Kunst. Zum Nachahmen gehört Liebe und Verspottung zusammen, wie bei Archilochos. Ist wohl der fruchtbarste Zustand der menschlichen Seele! 17 [2] Zu der unbesiegbaren Nothwendigkeit des menschlichen Daseins gehört das Unlogische: daher kommt vieles Sehr Gute! Es steckt so fest in der Sprache, in der Kunst, in den Affekten, Religion, in allem, was dem Leben Werth verleiht! Naive Leute, welche die Natur des Menschen in eine logische verwandeln wollen! Es giebt wohl Grade der Annäherung, aber was geht da alles verloren! Von Zeit zu Zeit bedarf der Mensch wieder der Natur d. h. seiner unlogischen Urstellung zu den Dingen. Daher rühren seine besten Triebe. 17 [3] Die zwei Welten hinter einander: Siegfrieds Leben, im Hintergrunde das Götterschicksal. Höchst metaphysisch empfunden. 17 [4] Es ist den Deutschen wieder einmal so gegangen, wie nach der Reformation; ebenso haben sie jetzt Schiller und Goethes Reformation, den hohen Geist, aus dem sie wirkten, völlig eingebüßt; alles was jetzt gelobt wird, ist ein volles Gegenstück dazu, und so hat sich bei den Ehrlichen eine Art Verachtung gegen jenen Geist ausgebildet. Es kommt durchaus darauf an, daß der Mensch groß ist; was dazu gehört, ist nicht zu schnell zu taxiren; aber das Nationale, wie es jetzt verstanden ist, fordert als Dogma geradezu die Beschränktheit. Wie fühlen sich die Schächer über Schiller hinaus! 17 [5] Zum Darwinismus. Das Allgemeingefühl mit der Menschheit. Zum Staate. Zur Religion. 17 [6] Herzliches Mitleid mit sich selbst ist die höchste Empfindung, zu der es der Mensch bringen kann. 17 [7] Genug, daß es dadurch zeitweilig zum Einschlafen gebracht wird, und daß der Mensch dann nicht mehr an sein Leiden denkt. Es ist das Beste an der Welt, daß es für ihren Wahn Schlaf und Vergessenheit giebt: alle ethischen Systeme rechnen auf diesen besten Zug an der schlechtesten Welt. 17 [8] Das Leben verlohnt sich nicht mit aller der Mühe. 17 [9] Viele Menschen fürchten nicht den Tod, aber das gar zu lange Sich-Ausspinnen des Sterbens z. B. durch Krankheit und ziehen diesem Zustande das Leben vor. 17 [10] Da sagt jemand: mir soll jener Autor nicht nahe kommen; er sagt den Menschen so viel Schlechtes nach, er muß selber recht schlecht sein. Antwort: aber du selber mußt dann noch schlechter sein, denn du sagst den besten Leuten, die es giebt, den Wahr-Redenden und Sich-selbst-nicht-Schonenden, Schlechtes nach und noch dazu Unwahres! 17 [11] Der kranke Mensch ist oft an seiner Seele gesünder als der gesunde Mensch. 17 [12] Religiöse Betrachtung der Welt ohne Schärfe und Tiefe des Intellekts macht die Religion zur ekelhaftesten Sache der Welt. 17 [13] Es giebt Frauen, welche wo man auch gräbt, kein Inneres haben, sondern reine Masken sind: fast gespenstische Wesen, blutsaugerisch, nie befriedigend. 17 [14] Wir fürchten die feindselige Stimmung des Nächsten, weil wir wissen, daß er durch diese Stimmung hinter unsre Heimlichkeiten kommt und uns zu verachten lernt, wie wir uns selbst verachten. 17 [15] Wie kommt es, daß wir mehr von der Verachtung Anderer als von der eignen leiden? Sie ist uns schädlicher. 17 [16] Der geniale Zustand eines Menschen ist der, wo er zu einer und derselben Sache zugleich im Zustand der Liebe und der Verspottung sich befindet. 17 [17] Der Zweck des Staates soll nie der Staat, sondern immer der Einzelne sein. 17 [18] Wer die Dinge sich für seine Vorstellung verschönern will, muß es machen, wie der Dichter, der einen Gedanken verschönern will: er spannt ihn in das Metron, und legt das Gespinst des Rhythmus über ihn: dazu muß er den Gedanken ein wenig verschlechtern, damit er in den Vers paßt. Das Verschlechtern der Erkenntniß, um dann die Dinge der Kunst zu beugen: ein Geheimniß der Lebenslustigen. 17 [19] Der feinste Kunstgriff des Christenthums war, von Liebe zu reden: wie es auch der Platos war. Es ist etwas so Vieldeutiges Sammelndes Erinnerndes darin und die niedrigste Intelligenz empfindet noch den Schimmer dieses Wortes: das älteste Weib und der vernünftigste Mann danken der Liebe die edelsten uneigennützigsten Augenblicke ihres Lebens. 17 [20] Daß die Juden das schlechteste Volk der Erde sind, stimmt damit gut überein, daß gerade unter Juden die christliche Lehre von der gänzlichen Sündhaftigkeit und Verwerflichkeit des Menschen entstanden istund daß sie dieselbe von sich stießen. 17 [21] Weg zur geistigen Freiheit. Stufen der Erziehung. Eltern. Verwandtschaft Nachbarn. Freunde. öffentliche Schulen Lehrer. Völker-geschichte. Natur. Mathematik. Geographie. Reisen. Das Alterthum. Die Lebensalter, Umgang mit Älteren. Der Staatsdienst. Der Menschendienst. Einordnung in religiöse Bekenntnisse. Ehe. Weiber. Kinder. Einsame. Ehelose. Erwerb. Ehre. Die Güterlosen. Die Ehrlosen. Die Presse. Die Verewigung. Umgang mit Todten. Wohlthat des Todes, Reifsein. Zu frühe Einsicht in die Ziel- und Nutzlosigkeit. 17 [22] Unzeitgemäße Betrachtungen. Ich habe zusammengebunden und gesammelt, was Individuen groß und selbstständig macht, und auch die Gesichtspunkte, auf welche hin sie sich verbünden können. Ich sehe, wir sind im Aufsteigen wir werden der Hort der ganzen Cultur in Kürze sein. Alle anderen Bewegungen sind kulturfeindlich (die socialistische ebenso als die des Großstaates, die der Geldmächte, ja die der Wissenschaften). Ich will den Menschen die Ruhe wiedergeben, ohne welche keine Cultur werden und bestehen kann. Ebenso die Schlichtheit. 17 [23] Mir liegt nur an den Motiven der Menschen: das objektive Bestehen der Erkenntniß ist mir ein Greuel. Die höchste Erkenntniß wird, wenn sich die Menschen verschlechtern, wegewischt. 17 [24] Ich sehe auf Knaben- und Jünglingsjahre mit Leidwesen zurück und fühle von Tag zu Tage mehr die Befreiung. Übergang aus Befangenheit in Unbefangenheit. 17 [25] Spannung der Empfindung beim Entstehn der ersten Unzeitgemäßen Betrachtung. Angst für den Genius und sein Werk und dabei der Anblick der Straußischen Behäbigkeit. Das Gefälschte aller geistigen Lebensmittel! Die Erschlaffung aller Erkennenden! Die wankende Moralität in Recht und Unrecht, und die unbändige Genußsucht im Gemeinen! Die verlogene Art von Glück! 17 [26] Ruhe Einfachheit und Größe! Auch im Styl ein Abbild dieses Strebens, als Resultat der concentrirtesten Kraft meiner Natur. Der Weg zu dir selber. 17 [27] Wie die Erkenntniß den Willen entzünden kann, so kann die halbe Erkenntniß ihn trüben, und ungesund machen: so daß er nicht mehr Hunger und Durst in rechter Weise hat, und nicht einmal erlöst werden kann. Herstellung des Individuums, um dann wirklich zu wissen, was es verlangt! 17 [28] Der Zweck der Kindererzeugung ist, freiere Menschen, als wir sind, in die Welt zu setzen. Kein Nachdenken ist so wichtig, wie das über die Erblichkeit der Eigenschaften. 17 [29] Die Natur weist den Mann auf mehrfache Verheirathung nach einander an: zuerst ein älteres Mädchen. Übergang derselben später ins Mütterliche. Alcestis will sterben für ihren Gatten, spendet ihm mütterliche Liebe: sie will eine zweite Verheirathung zulassen. Sie wird aus dem Hades zurückgeholt. 17 [30] Mich setzen die Menschen in Erstaunen, welche so nach ihrer Jugend zurückseufzen z. B. nach den Studentenjahren: es ist ein Zeichen, daß sie unfreier geworden sind und sich selbst damals besser befanden. Ich empfinde gerade umgekehrt und kenne nichts weniger Wünschbares als Kindheit und Jugend: ich fühle mich jetzt jünger und freier als je. 17 [31] Es geht ein Wandrer durch die Nacht Mit gutem Schritt; Und krummes Thal und lange Höhn Er nimmt sie mit. Die Nacht ist schön Er schreitet zu und steht nicht still, Weiß nicht, wohin sein Weg noch will.
Da singt ein Vogel durch die Nacht. Ach Vogel, was hast du gemacht? Was hemmst du meinen Sinn und Fuß Und gießest süßen Herzverdruß Auf mich, daß ich nun stehen muß Und lauschen muß, Zu deuten deinen Ton und Gruß?
Der gute Vogel schweigt und spricht: Nein Wandrer, nein! Dich grüß ich nicht Mit dem Getön; Ich singe weil die Nacht so schön. Doch du sollst immer weiter gehn Und nimmermehr mein Lied verstehn. Geh nur von dann Und klingt dein Schritt von fern heran Heb ich mein Nachtlied wieder an So gut ich kann. Leb wohl, du armer Wandersmann! 17 [32] Der Künstler hat Untreue des Gedächtnisses nötig, um nicht die Natur abzuschreiben, sondern umzubilden. 17 [33] Über den Dingen. Wer die Präposition über ganz begriffen hat, der hat den Umfang des menschlichen Stolzes und Elends begriffen. Wer über den Dingen ist, ist nicht in den Dingenalso nicht einmal in sich! Das letztere kann sein Stolz sein. 17 [34] Mißerfolg und Verachtetwerden sind gute Mittel, um frei zu werden. Man setzt seine Verachtung dagegen: ihr gebt mir nichts dazu! So bin ich nun, wie ich bin. 17 [35] Der Mensch macht sich, älter werdend, überflüssig. 17 [36] Ich habe mir hier und da in den Unzeitgemäßen Betrachtungen Ausfallspforten noch gelassen. 17 [37] Das Coelibat hat die katholischen Länder fast um die Kinder von Geistlichen gebracht: milde halb sich verneinende Menschen. 17 [38] Der Mensch wirft sich herum bald auf diese bald [auf] jene Seite, groß ist die Pein. 17 [39] Glitzernder Sonnenschein der Erkenntniß fällt durch den Fluß der Dinge auf deren Grund. 17 [40] In den einzelnen Geschlechtern, ebenso in einzelnen Culturperioden, strebt der Wille darnach, matt und gut zu werden und abzusterben. 17 [41] Die Schätzung des contemplativen Lebens hat abgenommen. Deshalb ist meine Betrachtung unzeitgemäß. Ehemals waren der Geistliche und der esprit fort Gegensätze, beide innerhalb des contemplativen Lebens. 17 [42] Wie steht der Freigeist zum activen Leben? Leicht an dasselbe gebunden, kein Sklave desselben. 17 [43] Die activen Menschen verbrauchen nur die von den contemplativen gefundenen Ideen und Hülfsmittel. 17 [44] Für die Zukunft des Menschen lebt der Freigeist so daß er neue Möglichkeiten des Lebens erfindet und die alten abwägt. 17 [45] Epikurs Kanon zu benutzen. 17 [46] Wiederherstellung der Ruhe und Stille für das Reich des Intellektes, Beseitigung des modernen Lärms. Eine Beruhigungssucht und Vertiefung muß über die Menschen kommen, wie es nie eine gab, wenn sie erst einmal der modernen Hatz müde geworden sind. 17 [47] Zu Freigeistern und zu Freunden derselben eignen sich jene entsetzlichen Menschen nicht, welche in Jedermann einen Patron und Vorgesetzten sehen oder eine Brücke zu irgend einem Vortheile und welche sich durchschmeicheln. Viel eher werden die zu Freigeistern, welche in Jedermann, auch in Freunden, Gönnern Lehrern etwas Tyrannisches sehen, welche große Wohlthaten entschieden ablehnen. 17 [48] Auch der Ehrgeizige kann zum Freigeist werden, denn er hat hier ein Mittel sich gründlich zu unterscheiden. 17 [49] Was ist das Ziel aller Sprachwissenschaft, wenn nicht einmal eine Universalsprache finden? Dann wäre der europäische Universalmensch da. Wozu dann noch das fürchterliche Sprachen lernen! 17 [50] Wer sein Geld als Freigeist gut verwenden will, soll Institute gründen nach Art der Klöster, um ein freundschaftliches Zusammenleben in größter Einfachheit für Menschen zu ermöglichen, welche mit der Welt sonst nichts mehr zu thun haben wollen. 17 [51] Die moderne Krankheit ist: ein Übermaaß von Erfahrungen. Deshalb gehe jeder zeitig mit sich heim um nicht an den Erfahrungen sich zu verlieren. 17 [52] Es ist ein böses Symptom, daß man von der Vaterlandsliebe und der Politik ein solches Aufheben macht. Es scheint daß nichts Höheres da ist, was man preisen kann. 17 [53] Die moderne Bewegtheit wird so groß, daß alle großen Ergebnisse der Cultur dabei verschwinden, es fehlt allmählich an dem ihnen gemäßen Sinne. So läuft die Civilisation in eine neue Barbarei aus. Die Menschheit darf aber nicht in diesen einzigen Strom der Thätigen geleitet werden. Ich hoffe auf das Gegengewicht, das beschauliche Element im russischen Bauern und im Asiaten. Dies wird irgend wann einmal in größerem Maaße den Charakter der Menschheit corrigiren. 17 [54] Nach dem Westen zu wird der Wahnsinn der Bewegung immer größer, so daß den Amerikanern schon alle Europäer behaglich und genießend vorkommen. Wo die beiden Ströme zusammentreffen und sich verschmelzen, kommt die Menschheit zu ihrem Ziele: die höchste Erkenntniß über den Werth des Daseins (dort nicht möglich, weil die Aktivität des Denkens zu gering, dort nicht möglich, weil diese Aktivität anders gerichtet ist). 17 [55] Ich imaginire zukünftige Denker, in denen sich die europäisch-amerikanische Rastlosigkeit mit der hundertfach vererbten asiatischen Beschaulichkeit verbindet: eine solche Combination bringt das Welträthsel zur Lösung. Einstweilen haben die betrachtenden Freigeister ihre Mission: sie heben alle die Schranken hinweg, welche einer Verschmelzung der Menschen im Wege stehen: Religionen Staaten monarchische Instinkte Reichthums- und Armutsillusionen, Gesundheits- und Rassenvorurtheileusw. 17 [56] Jeder, der geheimnißvoll von seinen Plänen spricht, kommt uns albern und wichtigthuerisch vor. Es wird so viel nicht sein. Nicht von einer Sache sprechen wollen erscheint als unberechtigtes Selbstgefühl und gilt als pedantisch. 17 [57] Die Seelen-Unruhe, die ich verwünsche, ist vielleicht gerade der Zustand, der mich zur Produktion treibt. Die Frommen, welche völligen Frieden ersehnen, entwurzeln ihre besten Thätigkeiten. 17 [58] Der Freigeist ist götterneidisch auf das dumme Behagen der Menschen. <g:gFF0J4i`< ist der Götterneid. [Vgl. Aristoteles, Nikomachische Ethik, 1198b, 3-4.] 17 [59] Das schlichte Aussehen der Wahrheit. 17 [60] Hemmungen nöthig, um Genius hervorzubringen. 17 [61] Zwischen drei Begabungen die mittlere Linie findenmein Problem. 17 [62] Jede Liebhaberei central zu machen und einzuflechten in die vorhandenen Talente. 17 [63] Die Laster haben vielen Anlaß zur Freigeisterei gegeben. Ebenso die Furcht vor den ewigen Strafen: man schüttelte diese lästigen Gedanken weg und wurde dabei die Religion los. 17 [64] Religiöse Meinungen kann man sich leicht abgewöhnen, wenn man nur zeitig anfängt. 17 [65] Hauptfehler des heutigen Unterrichts ist, daß er stundenweise gegeben wird und alles durcheinander. 17 [66] Es leben die edlen Verräther! 17 [67] Demokratische aufrichtige Staaten haben die höchste Erziehung um jeden Preis Allen zu gewähren. 17 [68] Daß die Kunst das Wahre der Natur darstelle ist die Illusion welche sie erregt, nicht die philosophische Wirklichkeit. 17 [69] Heilige Mißgunst 17 [70] Reinlichkeit zur Reinheit steigern: vielleicht selbst zum Begriff der Schönheit bei den Griechen. 17 [71] Die allgemeinen Ansichten vererbt man durch Angewöhnung, um nun seine ganze Energie seinen persönlichen Vortheilen innerhalb des gegebenen Kreises zuzuwenden. Es schützt vor Vergeudung der persönlichen Kraft. 17 [72] Menschliches und Allzumenschliches. Wege zur Befreiung des Geistes. Die Erleichterung des Lebens. Weib und Kind. Staat und Gesellschaft. 17 [73] Fünf kleine Handlungen der Freiheit wirken mehr als alle Freidenkerei. 17 [74] Wir können wie die leicht lebenden Götter leben wenn wir das lebhafte Entzücken an der Wahrheit haben. 17 [75] - Die gebundenen Geister.
- Die Art der höheren Entwicklung, Nothwendigkeit der Freigeisterei.
- Entstehung des FreigeistesEntwicklung, Nicht-Angewöhnung.
- Theilweise Freigeister.
17 [76] Staaten Ehen usw. beruhen auf dem Glauben, nicht auf dem Wissen. Aber das ist ein pudendum: es war frech vom Christenthum, das Geheimniß zu proklamiren und den Glauben zu fordern und das Wissen abzulehnen. Überall beruht eine Religion auf dem Glauben. Der Staat ist da, also ist sein Princip im Recht. Das monarchische Princip muß wahr sein, denn die Monarchie existirt. 17 [77] Daß Christus die Welt erlöst habe, ist dreist. 17 [78] Es gehört zur Reinheit, daß man im Verlaufe des Lebens immer weniger Zuflucht zum Metaphysischen sucht. 17 [79] Das unreine Denken und der Stil. 17 [80] Die Kunst nach den Wirkungen und nach den Ursachen beurtheilenzwei Aesthetiken! 17 [81] Der Asket schlecht[es] und unregelmäßiges Gehirn. Ekstasis Wollust des Intellekts. 17 [82] Die Muße und der Müssiggang gehen verloren! wieder verleumdet! 17 [83] § Wie Erfolge gemacht werden: v. geistige Freiheit. § Müssiggang. 17 [84] Es liegt vor Aller Augen, daß nach dem letzten Kriege der Deutschen und der Franzosen ungefähr jeder Deutsche um einen Grad mehr unehrlich genußgierig habsüchtig gedankenlos geworden war: die allgemeine Bewunderung vor Strauß war das Denkmal, welches man dem tiefsten Stande des Stromes der deutschen Cultur gesetzt hat: ein freier denkender altgewordener Theologe wurde der Herold des öffentlichen Behagens. 17 [85] Zum Schluß: die Freigeister sind die leichtlebenden Götter. 17 [86] Mit Religion verdirbt man sich den Kopfgar nicht nachdenken. 17 [87] Sie sollten nicht zu sich erziehen sondern über sich hinaus. Kein großer Mann weist auf sich, sondern immer über sich. 17 [88] Da ich noch nicht das Unglück, die Last habe, zu den berühmten Männern gerechnet zu werdenaus meiner bescheidenen Obskurität heraus 17 [89] Die Menschen legen den Ursachen dieselben Prädikate bei wie den Wirkungen. 17 [90] Charakterlosigkeit kann das Zeichen von einem Übergewicht des Geistes sein. 17 [91] Wenn alle zu Freigeistern werden, wird das Fundament schwach: eine solche Cultur fällt endlich ab oder verfliegt wie Thau und Nebel. 17 [92] Daß wir uns beim Anfang aller Laster doch noch sehr in der Nähe der Tugend befinden. 17 [93] Der Freigeist handelt wenig: daher Unsicherheit gegenüber dem Charaktervollen. Er schweift auch im Denken aus: leicht Scepsis. 17 [94] Ein Volk, welches anfängt Politik zu treiben, muß sehr reich sein, um daran nicht zu Grunde zu gehen. 17 [95] Ein urkatholisches Frankreich und ein griechisch-katholisches Rußland gehn nie in einem Jochdeshalb hat der deutsche Staatsmann die deutsche Bewegung gefördert. 17 [96] Mit denselben Mitteln, mit denen man den Kleinstaat zertrümmert hat, zertrümmert man den Großstaat. 17 [97] Freihändler sind Verbrecher Staatsmänner usw. 17 [98] Das gebundene Denken gefordert als Moralität: Katzen tödten ein Verbrechen bei den Aegyptern. Man straft die Handlung, nicht die Gesinnung: nicht um abzuschrecken, sondern das allgemeine Verderben von Seiten eines Gottes abzukaufen. 17 [99] Falsche Analogie der Schweizer Bewegungsie verlangen den Kleinstaat. Ihre Kantone waren keine Kleinstaaten. 17 [100] Auf die reine Erkenntniß der Dinge läßt sich keine Ethik gründen: da muß man sein wie die Natur, weder gut noch böse. 17 [101] Ich möchte die Definition des Schuftes. Der Räuber, der Mörder, der Dieb ist es nicht. 17 [102] In der katholischen Kirche ist ein Ohr (durch die Beichte) geschaffen, in welches man sein Geheimniß, ohne Folgen, hineinsagen kann. Welche Erleichterung! Auch der Gedanke ist gut, ein Unrecht durch eine Gutthat (wenn auch Anderen erwiesen) gut zu machen. Das ist die wahre Strafe. 17 [103] Hat einer seine Bedürfnisse befriedigt, so überkommt ihn die Langeweile; wie kann er diese beseitigen? Nur dadurch, daß er neue Leidenschaften sich Schafft, um dann auch diese zu befriedigen. Man erzeugt ein Bedürfniß, indem man sich eine Noth macht: welche durch Gewohnheit allmählich ihren peinlichen Charakter verliert und zur Lust wird. Man denke an das Tabakrauchen. 17 [104] Freie und gebundene Geister. Weib und Kind. Stände und Beschäftigungen. Erleichterung des Lebens. Menschliches und Allzumenschliches. 17 [105] Die Pflugschar. Eine Anleitung zur geistigen Befreiung. Erstes Hauptstück: Zweites Drittes Viertes Fünftes Sechstes Siebentes | | | | Freie und gebundene Geister. Die Erleichterung des Lebens. Stände und Beschäftigungen. Weib und Kind. Die Gesellschaft. Der Mensch mit sich allein. Die Schule der Erzieher. | |
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