Nietzsches Briefe | 1873This page in English© The Nietzsche Channel

Nietzsches Briefe

1873

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Unzeitgemässe Betrachtungen, I.
David Strauss. Der Bekenner und der Schriftsteller.
Franz Overbeck's copy, inscribed by Nietzsche.1
© Schwabe-Verlag, 2009.
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Basel, 8. August 1873:
Widmung an Franz Overbeck.

Wahlspruch der Freunde: "Das Leben ist kurz; man muss sich untereinander einen Spass zu machen suchen." Goethe.2

1. A copy inscribed by Nietzsche and presented to Franz Overbeck on August 8, 1873. "Wahlspruch der Freunde: / 'Das Leben ist kurz; man muss sich / untereinander einen Spass zu machen suchen.' / Goethe." (Motto of friends: / "Life is short: we must / try to have some fun together." / Goethe.) In: Nietzsche. Handschriften, Erstausgaben und Widmungsexemplare. Die Sammlung Rosenthal-Levy im Nietzsche-Haus in Sils Maria. Basel: Schwabe-Verlag, 2009, 242.
2. Johann Peter Eckermann, Gespräche mit Goethe in den letzten Jahren seines Lebens. Dritte Auflage. Erster Theil. Leipzig: F. A. Brockhaus, 1868, 121 (Entry for December 9, 1824). "Goethe erzählte mir darauf, daß er dem Verfasser des 'Paria' durch Nees von Esenbeck den Komödienzettel nach Bonn geschickt habe, woraus der Dichter sehen möge, daß sein Stück hier gegeben worden. 'Das Leben ist kurz,' fügte er hinzu, 'man muß sich einander einen Spaß zu machen suchen.'" (Goethe then told me that through Nees of Esenbeck he had sent the playbill to the author of "Paria" in Bonn, so that the poet might see his piece had been played here. "Life is short," he added, "we must try to have some fun together.") Goethe refers to: 1. Christian Gottfried Daniel Nees von Esenbeck (1776-1858): German botanist; 2. Casimir Delavigne (1793-1843): French poet and dramatist, and author of, Le Paria. Paris: Barba, 1821.

 


Mahnruf an die Deutschen.1
1873. Page 1.
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Basel, 25. oder 26. Oktober 1873:
Brief an Richard Wagner.

Hier, geliebter Meister, ist mein Entwurf. Eigentlich war es mein Wunsch, Ihnen denselben recht pathetisch vorlesen zu können; aber es scheint mir heute besser, daß er möglichst bald in Ihre Hände kommt. Entspricht er ungefähr seinem Zweck (die Bösen zu erzürnen und die Guten durch diesen Zorn zu sammeln und anzufeuern), so läge mir viel an der schnellen Anfertigung einer französischen, italiänischen und auch wohl englischen Übersetzung, aus ersichtlichen Gründen. Zur Unterschrift geeignet scheint mir weniger ein Patronats-Ausschuß als vielmehr eine von uns auszuwählende kleinere Schaar von Männern aus den verschiedensten Klassen und Ständen (Adel, Beamte, Politiker, Priester, Gelehrte, Geschäftsleute, Künstler). An jeden der ausgewählten wäre ein Exemplar dieses Aufrufs zu versenden, mit der Anfrage, ob er seine Unterschrift hergeben wolle. Ich bringe genug Exemplare mit, um dies zu ermöglichen. Sobald die Antworten zurückgekommen sind, ist dann der definitive Druck so schnell wie möglich vorzunehmen. Ein kurzer geschäftlich-praktischer Nachsatz müßte dem Aufruf, unterhalb des Striches und der Namen beigefügt werden; wie dies Alles am Freitag zu besprechen ist. Ich komme Donnerstag2 Nachmittag.

In Treue und Liebe
Ihr
F. N.

1. Friedrich Nietzsche's Mahnruf an die Deutschen (Exhortation to the Germans) was written at the behest of Richard Wagner, as a fundraising appeal for the construction of his theater in Bayreuth. Although Nietzsche's text was printed (G. A. Bonfantini: Basel, 1873), it was rejected by the patrons of the Wagnerian Society. They replaced it with a text entitled "Bericht und Aufruf" (Report and Appeal), written by Adolf Stern (1835-1907), novelist, librettist, music critic and later a professor of the history of literature at the Polytechnikum of Dresden. He also served on the board of Franz Brendel's Allgemeiner Deutscher Musikverein along with Hans von Bülow and Franz Liszt, and edited the journal Litteraturblatt zum Musikalischen Wochenblatt. Stern's appeal failed to generate much interest — or finances. Nietzsche's "Exhortation" would not have fared any better since it is certainly the nadir of his "published" works.
2. October 30, 1873.

 




Friedrich Nietzsche.
By: Friedrich Hermann Hartmann.
Reproduction from a b/w photo, Basel, 1873.
Colorized and enhanced image ©The Nietzsche Channel.

Basel, 14. November 1873:
Brief1 an Gustav Krug.

Mein lieber Freund, nimm auch heute wieder fürlieb, wenn ich sehr kurz bin, nämlich so kurz als diese Photographie ist; die Dich nur erinnern soll, dass ich heute als an meinem Namenstage Deines Geburtstages von Übermorgen herzlich gedenke. Ich empfehle Dich der Hut des Gottes Amor, der neun Musen, der drei Grazien und allen anmuthigen Teufelchen des Alterthums und der neuen Zeit. Vor Allem aber, geliebter Freund, nimm zu und wachse in Gnade und Wohlgefallen bei Deiner Holländischen Herrin, Königin und Göttin2: während wir Freunde schon zufrieden sein müssen, von den Brosamen zu leben, die von dem reichen Tische der Liebe abfallen.3 Aber die Freundschaft darf auch von sich sagen "sie blähet sich nicht"4 — und so wollen wir, obschon überflügelt durch die Liebe, doch neidlos, unsern Freundeschor anstimmen:

"dass Frohgemüth
Dich führe und leite,
Freunden zum Trost, Feinden jedoch5
[zu ewigem Neide!"]6

Friedrich der Unzeitgemässe7

1. Written on the back of the photograph.
2. Nietzsche is referring to Krug's August 1873 engagement to Therese Brummer (who was born in Amsterdam); they were married on Sept. 10, 1874.
3. Cf. Luke 16:21: "And desiring to be fed with the crumbs which fell from the rich man's table ..."
4. Cf. 1 Corinthians 13:4: "Love is patient, love is kind; it's not envious, it's not puffed up [with pride]."
5. "Freunden zum Trost, Feinden jedoch": an allusion to Richard Wagner's Kaisermarsch chorus ("Feind zum Trutz, / Freund zum Schutz").
6. The last line is the conclusion of the complete poem from Nietzsche's November 13, 1871 letter to Krug.
7. Written on the front of the photograph. A moniker alluding to his Untimely Meditations.

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